Lieblingsmusik über Kopfhörer
Das Interview: Raphael Auchter spricht über Silent-Partys und die Vorbereitungen für das Backnanger Event am Samstag
Eine Silent-Party gibt es am Samstag ab 16 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz in Backnang. Die Musik zum Tanzen kommt aus Kopfhörern, die man gegen eine Leihgebühr von 4 Euro und einem Pfand wie etwa einem amtlichen Dokument oder auch 30 Euro im „Wohnzimmer“ abholen kann. Wir sprachen mit Raphael Auchter von der Tanzschule Bayerle-Auchter über das Event.

Je nach Musikwahl leuchten die Kopfhörer blau, rot oder grün. Foto: privat
Von Ingrid Knack
2012 fand im Keller-Club die erste Kopfhörerparty in Stuttgart statt. Von welchem der Veranstalter in Backnang, der Tanzschule Bayerle-Auchter, dem „Wohnzimmer“ und meinBacknang.de, stammt die Idee, so etwas im öffentlichen Raum auch hier zu machen?
Wir haben in der Tanzschule 2013 erstmals mit Funkkopfhörern gearbeitet. Ich stand damals schon mit Jan Pfirrmann, Geschäftsführer der Firma aeroCosmos, die die Kopfhörer vermietet, in Kontakt. Zu der Zeit war auch für ihn alles noch sehr sehr frisch. Im kompletten Umkreis Stuttgart macht er alle Silent-Veranstaltungen. Auch Hochzeiten. Weil viele meiner Tanzschüler sich gerne Lieder wünschen – die einen wollen öfter einen Cha-Cha-Cha tanzen, die anderen einen Wiener Walzer – bin ich auf die Idee gekommen, die Kopfhörer einzusetzen, weil wir da drei Kanäle haben. Spaßeshalber habe ich einfach mal eine Silent-Party gemacht. Das kam so gut an, dass es das bei uns jedes Jahr ein- bis zweimal für die Jugendlichen gibt. Nun wollten wir das Ganze nicht nur rein für meine Paartanz-Kunden machen, sondern etwas breiter, offener gestalten.
Gewählt werden kann am Samstag zwischen drei Kanälen: Standard- und Lateintanz, Disco-/Partymusik und Elektro-/Kuschelmusik. Leuchten dann auch in Backnang die Kopfhörer je nach Musikwahl in unterschiedlichen Farben?
Kanal eins ist grün, Kanal zwei rot und Kanal drei blau. Auf einem Plakat steht, auf welchem Kanal was ist, dann kann man sich ein bisschen durchhören.
Der Lichteffekt kommt aber erst bei Dämmerung oder in der Nacht richtig zur Geltung. Warum fängt die Party schon um 16 Uhr an?
Wir starten einfach auch aus dem Grund um 16 Uhr, weil man da – hoffentlich – noch die Sonne ein bisschen genießen kann, der Willy-Brandt-Platz ist ja auch mittags so wunderschön. Wir dekorieren da ja auch. Wir haben selber gebastelt und uns die Finger wundgeschraubt. Mit vielen frischen Blumen, wollen wir ein schönes Flair mit einbringen. Man kann sich an die Mauer oder in die Chill-out-Lounges setzen, dann geht’s so langsam und gemütlich in den Abend hinein, und dann in die Partystimmung, in die Tanzstimmung. Oder die Paartänzer können sich schon mittags beim Tanzen entfalten, wenn vielleicht noch ein bisschen mehr Platz ist.
Treten durch die Kopfhörer Kommunikationsprobleme auf?
Überhaupt nicht. Wenn Sie kommunizieren wollen, kriegen Sie es hin. Was ganz oft bei uns gemacht wird: Die Kopfhörer werden auf volle Lautstärke gedreht und um den Hals gelegt. Dann hören die Tänzer die Musik und können miteinander reden. Ein witziger Nebeneffekt kann sein, wenn manche vergessen, die Kopfhörer abzusetzen und versuchen, miteinander zu reden. Man steht dabei und schaut sich an, wie sich die Leute „anschreien“.
Vermisst man da nicht die wummernden Bässe, die man bei Musik aus den Lautsprechern oder Livemusik in der Magengegend spürt?
Die Kopfhörer sind qualitativ so hoch, dass man einen schönen, klaren Sound hat. Ich wundere mich jedes Mal, wenn ich sie auf dem Kopf habe. Wenn man allerdings die harten Bässe ganz stark braucht, dann ist das schwierig. Aber da reden wir von ganz anderen Partys.
Wie viele Kopfhörer liegen bereit?
Wir haben knapp 350 Kopfhörer für einen Durchlauf. Benutzte, die abgegeben werden, müssen wir erst wieder reinigen. Es wäre schön, wenn auch alle Kopfhörer in Gebrauch sind. Ich glaube, dass wir für die erste Silent-Party gut gewappnet sind.
Wo nahmen die Silent-Partys ihren Ursprung?
Ich habe mal gehört, dass sie in Indien ihren Ursprung haben, in Goa, und dass es einen finnischen Science-Fiction-Film gibt, in dem erstmals eine Silent-Disco gezeigt worden sei. Vieles ist darüber schon gesagt worden. Auch, dass in den 1990er-Jahren amerikanische Naturfreunde draußen Musik hören, aber die Tiere nicht verschrecken wollten. Ich denke, dass der Trend gerade wegen Lautstärkeproblemen unterschiedlicher Art seinen Lauf nahm. Wir kommen jetzt auch dazu und hoffen, dass es den Leuten auch hier gefällt. So wie es den Leuten in Stuttgart gefällt. Da ist es schon sehr populär.
Vielleicht ist das nur der Beginn...
Es ist eine große Premiere. Wir hoffen natürlich, dass die Sonne uns ein bisschen begrüßt, dass das Wetter standhält. Wenn es nicht ganz so sonnig sein sollte, Pulli drüberziehen und vorbeikommen. Und beim Tanzen wird es einem eh warm. Wir finden es so unglaublich schön, dass wir auf dem Willy-Brandt-Platz eine kleine Veranstaltung machen können. Wir sind drei sehr motivierte Veranstalter, drei eingeborene Backnanger, die einfach Lust haben, etwas zu machen. Wir hoffen, dass wir mit unserer ersten Kooperation ein bisschen Schwung nach Backnang hineinbekommen. Wir freuen uns tierisch darauf.

Raphael Auchter