Lohnt sich Sparen überhaupt noch?
Alles wird teurer (2) Lohnt sich Geld sparen überhaupt noch? Was sagen junge Leute dazu? Um diesen Themenkomplex geht es in dieser Folge. Wir sprachen mit jungen Menschen und Experten aus dem Bankenwesen.
Von Ingrid Knack
Rems-Murr. Wie halten es junge Menschen mit dem Sparen? In Zeiten, in denen die Inflationsrate wie vor Kurzem ein Rekordhoch seit der Wiedervereinigung 1990 erreicht hat – mittlerweile ist sie wieder etwas gesunken – stellen sich Fragen wie: Bleibt überhaupt noch Geld übrig, das auf die hohe Kante gelegt werden könnte? Wenn ja, was bringt es, zu sparen? Sind junge Menschen angesichts des Geldwertverlustes überhaupt motiviert, zu sparen?
Über Geld spricht man nicht. Dieses Wort bewahrheitet sich bei unserer Recherche über das Sparverhalten junger Menschen. Keiner der Befragten möchte seinen Namen in diesem Zusammenhang in der Zeitung lesen – was wir auch respektieren. Die Antworten unserer Gesprächspartner, die aus Backnanger Nachbargemeinden kommen, unterscheiden sich stark. Jeder hält es anders mit dem Sparen.
Nehmen wir den 30-Jährigen, der im Bereich Marketing arbeitet. Im Alter von 27 Jahren hat er ein Mehrfamilienhaus gekauft, die Wohnungen vermietet er. Er wohnt zur Miete. Ein weiteres Haus für sich selbst kann er sich bei den aktuell steigenden Zinsen nicht mehr leisten. Er hat mehrere Bausparverträge laufen. „Ich parke mein Geld nicht auf der Bank, das bringt ja nichts, man bekommt ja keine Zinsen. Ich investiere es halt“, erklärt er.
Später einmal möchte er seine Rente durch Mieteinnahmen aufbessern. Altersvorsorge ist für ihn also ein großes Thema: „Die Rente reicht ja, wenn man nicht privat vorsorgt, eh nicht aus.“ Der 30-Jährige zahlt außerdem in eine private Rentenvorsorge ein. Mit Aktien hat er sich noch nicht auseinandergesetzt, „könnte man aber mal“, fügt er an. In Kryptowährungen hat er aber investiert. Das Risiko dabei ist ihm bewusst. „Da kann ja von heute auf morgen alles weg sein im blödesten Fall.“ Mit ungefähr 25 Jahren hat er damit begonnen, sich mit dem Thema Geld intensiver zu beschäftigen. Ein Antrieb war auch: „Ich habe keine Lust, mit 67 noch im Bürostuhl rumzuhocken.“
Ein 21-Jähriger denkt noch nicht über das Sparen nach
Komplett gegenteilig ist der Ansatz eines 21-jährigen Studenten. Er versichert, sein Studium sei dank eines Stipendiums abgesichert. „Meine Überlegungen reichen noch nicht über das Studium hinaus, da ich als Christ auf Gottes Versorgung vertraue. Er wird mein Leben lenken und für alles Nötige, auch die finanziellen Mittel, sorgen. Damit habe ich bis jetzt immer gute Erfahrungen gemacht, zum Beispiel indem ich auf überraschende Weise einen Job fand oder für ein Stipendium angenommen wurde.“
Wieder ganz anders geht eine 17-Jährige, die eine Ausbildung als Erzieherin absolviert, mit dem Thema Sparen um. Von ihrem Verdienst legt sie zwar etwas beiseite, aber ohne festen Plan. „Ich habe beschlossen, dass ich jetzt nicht zwingend alles spare. Ich kaufe das, was ich möchte und bei dem ich denke, es macht mich glücklich, wenn ich es habe. Ich würde aber nicht sagen, dass ich mein komplettes Geld ausgebe, aber auch nicht, dass ich alles spare. Das ist eher so ein Mittelding.“
Weil sie noch bei ihren Eltern wohnt und größere Anschaffungen derzeit nicht anstehen („ein Auto brauche ich ja noch nicht“), lasse sich schon etwas beiseitelegen. Und zwar aufs Sparbuch. Dass es dort mit Zinsen mau aussieht, nimmt sie in Kauf. „Ich finde es besser für mich, das Geld von der Bank abholen zu können, als erst etwas verkaufen zu müssen, zum Beispiel Gold, wenn ich eine bestimmte Summe brauche.“ Und wofür spart sie? „Ich will irgendwann ein tolles Auto haben.“ An Wohneigentum hat sie auch schon gedacht. Die Altersvorsorge dagegen ist für sie gedanklich meilenweit weg.
Die hohe Inflationsrate erschwert das Sparen
Jürgen Beerkircher, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Backnang, weiß: In Zeiten von Nullzinsen oder sogar Negativzinsen, die die Volksbank bei ihren Privatkunden weitgehend vermeiden konnte, hätten die jungen Menschen oftmals damit begonnen, nicht mehr auf traditionelle Sparpläne zu setzen, sondern anders zu sparen. „Eine Inflationsrate von aktuell zwischen sieben und acht Prozent erschwert natürlich das Sparen.“ Selbst wenn man eine Anlage finde, die im zwei- oder dreijährigen Bereich schon bei über drei Prozent liege, mache das bei einer Inflation mit 7,9 Prozent wie aktuell keinen Spaß. „In den letzten Jahren haben wir dann auch gesehen, dass man im Wertpapiersparen, also bei Fondssparplänen, ganz andere Ziele erreichen kann. Auch geringe Beträge sind dabei möglich, mit 20 Euro im Monat kann man hier schon was tun. Kleine monatliche Beträge sind sehr beliebt.“
Bei den Fondssparplänen gehe es darum, Anteile an einem Wertpapierfond, an einem Aktienfond zu erwerben. Je länger der Anlagehorizont, desto eher gleichen sich die Schwankungen an den Kapitalmärkten wieder aus. Beerkircher: „In den letzten zig Jahren hat man ja gesehen, dass nichts an einer Aktienanlage vorbeigeht. Das kann mal schwierig sein, wenn die Kurse zurückgehen, die werden aber irgendwann auch wieder steigen. Und man hat langfristig mit Aktien Renditen realisieren können, die über der heutigen Inflationsrate liegen.“ Gut für die jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren sei, dass Banken wie die Volksbank Backnang oft keine Depotgebühren und keine Girokontogebühren verlangten. „Wir bieten auch die ganze Palette mit Unionsparplänen, mit ETFs an, das sind die Themen, die bei den jungen Leuten heute so beliebt sind.“
Denjenigen, die regelmäßig größere Beträge anlegen könnten, rät Beerkircher, sich breit aufzustellen. In diesem Zusammenhang nennt er unter anderem Aktien, die zu den Sachwerten gezählt werden, und Immobilien. „Auch wenn die Immobilienpreise gerade etwas zurückgehen, werden sie langfristig stabil bleiben.“ Weil zu wenig neu gebaut werde. Ferner nennt Beerkircher Immobilienfonds, aber auch Edelmetalle. Aber: „Ich würde niemandem empfehlen, eine Kryptoanlage zu zeichnen. Das ist Spielgeld, nichts anderes, das wird nicht reglementiert, nicht staatlich überwacht, da muss man vorsichtig sein.“ Und Beerkircher kündigt an: „Wir werden künftig auch Jugendberater einsetzen, die sich speziell um junge Menschen kümmern.“
Junge Menschen wünschen intensive Beratung
Die Kreissparkasse Waiblingen befasst sich nach den Worten von Vorstandsmitglied Vincenzo Giuliano aktuell mit einem Beratungsangebot für junge Erwachsene. Denn junge Menschen wünschten gewöhnlich eine Begleitung mit einer hohen Kontaktintensität. Und sie kommunizierten über Medien wie WhatsApp oder Skype.
Zu ihrem Konsum- und Sparverhalten in der Vergangenheit macht Giuliano auf diesen Aspekt aufmerksam: „In den letzten Jahren haben wir erlebt, dass es eigentlich gar nicht so sexy war, zu sparen.“ Das Ratenmodell „kaufe jetzt, zahle später“ sei in der Niedrigzinsphase gang und gäbe gewesen. „Das hat auch funktioniert.“ Das Geschäftsmodell werde aber in Zeiten steigender Zinsen, niedrigerer Ausgaben für Konsum und drohender aus dem Ruder laufender Verschuldung kritischer betrachtet.
Auch bei Hausfinanzierungen haben sich die Vorzeichen verändert. „Wenn Sie einen Jungakademiker nehmen, der ein paar Jahre gearbeitet und eine Wohnung gekauft hat, konnte er früher die monatliche Belastung in der Regel gut tragen, selbst wenn er wenig oder kaum Eigenkapital mitgebracht hat.“ Bei steigenden Zinsen kann sich diese Zielgruppe die Finanzierung gar nicht mehr leisten. „Für uns Banker ist die heutige Zinssituation die normale Welt. Was wir in den letzten Jahren hatten, war nicht normal. Das bedeutet, dass wir mit den jungen Leuen darüber reden müssen, die Finanzierung gut vorzubereiten und Eigenkapital anzusparen, damit sie dann auch noch genügend Luft zum Leben haben.“ Gerade Bausparverträge gewinnen in der jetzigen Zinslandschaft wieder an Bedeutung. „Wir hatten im letzten Jahr, wie viele andere auch, unser bestes Bauspargeschäft der letzten Jahre gemacht.“
Die Sparziele sind entscheidend
Über die richtige Sparmethode entscheiden auch die Sparziele. Wer in drei Jahren ein Auto kaufen möchte, für den sind andere Modelle (zum Beispiel Sparverträge) angesagter als für jemanden, der über einen längeren Zeitraum für eine größere Investition sparen kann – „hier macht Wertpapiersparen absolut Sinn“, so Giuliano. Vor allem jüngere Kunden fragten auch Produkte nach, bei denen es um saubere Energie und nachhaltiges Wirtschaften geht. „Schön zu sehen, dass die jungen Leute ihr Geld auch sehr verantwortungsvoll anlegen.“
Besonders wichtig ist Giuliano das Thema Altersvorsorge. „Das Thema Rente und steigende Inflation ist keine gute Mischung. Die Inflation reißt die Rentenlücke stark auf. Junge Leute müssen sich schon früh Gedanken machen, wie sie damit umgehen. Nicht dass sie im Alter nicht wissen, von was sie leben sollen.“
Serie Die Inflation in Deutschland ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In der Serie „Alles wird teurer“ beleuchten wir die Folgen des Preisanstiegs aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Symbolfoto: Pixabay/luxstorm