Manfred Lucha spricht in der Aspacher Gemeindehalle
Politiker haben das Ehrenamt im Fokus. Der Minister für Soziales, Gesundheit und Integration von Baden-Württemberg Manfred Lucha folgt einer Einladung des Diakonievereins und der Gemeinde Großaspach zur Diskussionsveranstaltung.
Von Carmen Warstat
ASPACH. Überdeutlich wurde die Anerkennung bürgerschaftlichen Engagements durch den Minister sowie durch Aspachs Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff, die im Gespräch mit ehrenamtlich Tätigen nach der temperamentvollen Begrüßung durch den Chor sowie der Eröffnung durch Jürgen Wuthe, den Vorsitzenden des Diakonievereins der evangelischen Kirchengemeinde Großaspach, zu Wort kamen.
Jürgen Wuthe als Initiator der Veranstaltung nannte Schwerpunkte der Diakoniearbeit: Die Bürgerfahrdienste, der „Treffpunkt Mittagstisch“ und der Gesprächskreis für pflegende Angehörige, das Angebot zur Schulung älterer Bürger in Sachen Digitalisierung sowie die materielle Förderung der Diakoniestation Mittleres Murrtal – all diese Initiativen seien ohne bürgerschaftliches Engagement undenkbar und die Zuwendung zu den Bedürfnissen jüngerer Generationen respektive Nachwuchsarbeit stünden auf der Agenda.
Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff eröffnete ihre Ausführungen humorvoll, indem sie Wilhelm Busch zitierte: „Willst du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt dir geben!“ Franz Müntefering hingegen habe das Ehrenamt einmal mit Aspirin verglichen und die moderne Glücksforschung gebe ihm recht.
Ohne Ehrenamt wäre die Gesellschaft ein armer Haufen
Die Soziologin Sarah Wist, welche die Podiumsdiskussion moderierte, kündigte an: „Zwei Stühle werden frei bleiben“, und zwar für das Publikum, das sich spontan einbringen möge. Dann stellte sie das Podium vor. Platz genommen hatten inzwischen Florian Titze von der Freiwilligen Feuerwehr Aspach, Minister Manfred Lucha, Natascha Hosseini als Sprecherin der Initiative Awia (Asylsuchende willkommen in Aspach), die Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff und Martin Kaschler, Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Großaspach. Die fünf wurden zu ihren Gedanken über bürgerschaftliches Engagement befragt und sprachen über Motive dafür. „Ohne Ehrenamt wären wir ein armer Haufen“ (Martin Kaschler) und „Das Ehrenamt ist eine Grundvoraussetzung für unser gesellschaftliches Zusammenleben“ (Manfred Lucha) oder „Das Ehrenamt bildet das Rückgrat der Gesellschaft“ (Welte-Hauff) – so hieß es da. „Es erschließt den Reichtum einer Gesellschaft“, formulierte Kaschler unter spontanem Applaus, vom Kampf gegen den demografischen Wandel, sprich Nachwuchssorgen, berichtete Florian Titze, und Natascha Hosseini hatte einen offenen Brief an den Minister mitgebracht, in dem es um Probleme und Verwerfungen in der Hilfsarbeit für Geflüchtete geht. Als Gast im Podium erschien beispielsweise Helmut Deckert unter anderem mit einem „Werbeblock“ für das (selbstverständlich ehrenamtlich organisierte) Männervesper am 29. September um 19.30 Uhr im Gasthof Traube, bei dem ein Seelsorger der Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim, der selbst schon inhaftiert war, sprechen wird.
Minister Manfred Lucha reagiertmit Verständnis und Zustimmung
Auswüchse der Bürokratie, die die Arbeit im Ehrenamt behindern, wurden kritisiert und an den Minister herangetragen. Er reagierte mit Verständnis und Zustimmung – „Wir applaudieren alle, auch ich“ – und zeigte Augenmaß, indem er die Kritik relativierte: „Überregulierung“ sei „der Versuch, Fehler zu vermeiden“. Man müsse sich stärker auf Ziele verständigen als auf Wege, eine „Vertrauenskultur“ werde gebraucht, man dürfe natürlich „nicht mehr alles kleinteilig regeln!“ – die Zeit sei reif dafür. Eine Volksnähe, die ohne Populismus oder Anbiederung auskam, sowie sein Humor kennzeichneten den Auftritt Manfred Luchas, der gelegentlich mit Applaus bedacht wurde.
Nach der Diskussionsschlussrunde, welche etwa noch einmal die allgemeine Wertschätzung für das Ehrenamt und seine Gestaltungsspielräume thematisierte, wartete der Chor erneut mit einer äußerst vitalen Einlage auf. Die Bürgermeisterin bezeichnete diese als „tolles Signal“ und dankte allen Helfern, darunter den Landfrauen, die das anschließende Beisammensein bewirteten. Welte-Hauff schloss den Kreis zu ihrer Eröffnungsrede, indem sie an Wilhelm Buschs skeptischen Reim erinnerte: „Wäre er heute hier gewesen, er hätte das sicher umgeschrieben.“