Maschinen sagen Unkraut den Kampf an

Statt Chemie ist Mechanik angesagt: Riesiges Interesse bei Vorstellung von Alternativen zu Glyphosat & Co. im Kirschenhardthof

Riesiges Interesse gestern im Kirschenhardthof bei der Maschinenvorführung zum Thema „maschinelle Unkrautentfernung im Obstbau“. Über 150 Obstbauern aus der Region waren der Einladung von Landwirtschaftsamt, Maschinenring, Erwerbsobstbauring und Erzeugergemeinschaft gefolgt.

Jochen Adelhelm stellt das Kombigerät „Rollhacke und Fingerhacke“ im Kirschenhardthof vor. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Jochen Adelhelm stellt das Kombigerät „Rollhacke und Fingerhacke“ im Kirschenhardthof vor. Foto: A. Becher

Von Ute Gruber

BURGSTETTEN. Das Interesse ist riesig: Über 150 Obstbauern aus der Region waren der Einladung gefolgt und drängeln sich heute um die gezeigten Maschinen in Kirschenhardthof. Seit das beliebte Unkrautbekämpfungsmittel Round-up mit dem Wirkstoff Glyphosat zunehmend in der öffentlichen Kritik steht, beschäftigt man sich vorausschauend und gezwungenermaßen mit möglichen Alternativen, um den Bewuchs unter dem Bäumen einzudämmen.

Star der Präsentation vor der Maschinenhalle der Firma Bäuerle ist der sogenannte GrassKiller der Firma Caffini aus Norditalien. Statt mit Metallhacken oder rotierenden Schnüren fräst das neue Wundergerät mit Wasser aus Hochdruckdüsen von oben den Bewuchs nieder. Trick bei der Maschine: Durch die Bodenwirkung soll der Wiederaufwuchs verzögert werden. „Frau Caffini versicherte mir, dass langfristig dann zwei Durchgänge im Jahr reichen“, berichtet Rainer Buchmann von der ZG Raiffeisen, der mit dem Vorführgerät vom Bodensee angereist ist. Dies werde derzeit beim Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee in Bavendorf (KOB) in der Praxis getestet. Pro Hektar werden maximal 2000 Liter Wasser benötigt, außerdem eine 750er Zapfwelle am Schlepper für die Pumpe. Ernüchterung greift um sich, als die Technikfreaks den Preis hören: 25000 Euro soll die Wunderwaffe kosten. „Diese Maschine rechnet sich nur im Bioobstbau“, gibt der Verkaufsberater zu, „aber sie ist absolut interessant für den kommunalen Bedarf“.

Man wendet sich lieber wieder dem Bewährten zu. Klaus Krauter führt seine kampferprobte Lipco-Kreiselhacke vor, die wie eine Kreiselegge mit Flachscharen funktioniert und den Boden aufreißt. Mit einem Druckknopf könne er das Gerät zwischen die Bäume schwenken. „Da braucht man schon ein bissle Gefühl, sonst reißt man die Wurzeln an oder häckselt den ganzen Jungbaum durch.“ Die Steuerung sei elektrohydraulisch und fünf- bis sechsmal im Jahr müsse man durch die Kultur fahren. Wie man an den Gebrauchsspuren sehe, stellt Obstbauberaterin Ursula Coppola fest: „Das Gerät ist praxistauglich.“ Für das Nachfolgemodell, das der heutige Gastgeber Bernd Bollinger im Einsatz hat, muss man rund 10000 Euro anlegen.

Die meisten konventionellen Betriebe setzen seither auf eine Kombination aus Mulchen in den Fahrgassen zwischen den Baumreihen und Herbizid-Behandlung des schmalen Streifens, wo die Bäume stehen: Schnell, gut und günstig. Keine der gezeigten Alternativen kann öko-nomisch und arbeitswirtschaftlich auch nur annähernd mit diesem Verfahren konkurrieren. „Völlig unverständlich diese Hysterie, wo es bisher noch keinen wissenschaftlich fundierten Nachweis für die Human-Bedenklichkeit von Glyphosat gibt“, meint eine junge Landwirtin.

Martin Körner bewirtschaftet seit 30 Jahren einen Obstbaubetrieb in Backnang-Strümpfelbach. „Ich hab’ mich seinerzeit explizit für Baumkultur entschieden, gerade damit ich meine schwierigen Böden nicht so viel bewegen muss.“ Hacke ist für ihn keine Lösung, denn „ist der Boden nass, wickelt es ihn mitsamt dem Gras um die Schare“, erklärt er das Dilemma seines tonigen Keuperbodens, „ist er trocken, wird er steinhart. Dann geht das Gerät gar nicht mehr rein.“

Man müsse auch die andere Seite der Ökobilanz sehen: „Wie viel Sprit und Zeit wird da verbraucht!? Nicht zu vergessen der Eingriff in das Bodengefüge.“ Durch die Bodenbearbeitung würde nicht nur Humus abgebaut und Bodenerosion gefördert, „da werden ja auch die Regenwürmer geschreddert.“

Im Kirschenhardthof hat sich derweil der Regen verzogen und man schreitet zur Praxisdemonstration der vorgestellten Geräte in der Obstanlage von Bernd Bollinger. Der 45-Jährige hat sich vor 20 Jahren für biologische Wirtschaftsweise entschieden und hat damit eine lange Erfahrung mit herbizidfreiem Anbau. Doch selbst auf dem mit pflegeleichtem Lößboden gesegneten Naturland-Betrieb funktionieren die Hackgeräte heute nicht: Der Boden ist noch zu nass.

Tatsächlich setzt der Biobauer das Hackgerät auch nur einmal im Jahr ein: „Nur im Frühjahr, wenn die Bäume einen hohen Nährstoffbedarf haben. Da brauchen die den mobilisierten Stickstoff aus dem Humus.“ Danach aber kommt nur noch sein Hauptgerät zum Einsatz: Vier- bis fünfmal wird über den Sommer mit dem beidseitigen Fadengerät – man muss schon sagen: durchgeheizt. Die Walze, die mit stabilen Kunststofffäden bestückt ist wie bei einem Freischneider, erlaubt eine Fahrgeschwindigkeit, die dreimal so hoch ist wie bei den anderen Geräten. „Der putzt was weg!“, stellt Friedrich Müller vom Maschinenring begeistert fest, „da ist eine Flächenleistung da“. Und das sogar bei Regenwetter: „Da packt der das Gras sogar noch besser“, erklärt Bollinger, „und die nützlichen Ohrenwusler werden geschont. Nur wenn’s trocken ist, staubt’s.“

Der Preis von 7000 Euro bei einseitigem Gerät sei akzeptabel, allerdings seien die Anforderungen an die Ausstattung des Zugfahrzeugs hoch. „Also das ist etwas, was ich mir auch vorstellen könnte“, meint anerkennend Martin Körner und spricht damit vielen aus der Seele.

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Erstellt:
14. Juni 2018, 06:00 Uhr

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