Max Schäfer ist seit 100 Tagen Bürgermeister in Spiegelberg

Es ist ein reibungsloser Übergang und er zeigt sich „sehr zufrieden“ mit seiner Anfangsphase: Max Schäfer ist seit 100 Tagen Bürgermeister in Spiegelberg. Der 34-Jährige fühlt sich angekommen und angenommen in seiner neuen Funktion. Die Stellungnahme zur Windkraft und der Haushalt sind erste Zeichen, die seine Handschrift tragen.

Seit dem Amtsantritt sind Schäfers Arbeitstage deutlich länger geworden. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Seit dem Amtsantritt sind Schäfers Arbeitstage deutlich länger geworden. Foto: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Spiegelberg. „Mein größter Feind ist die Zeit, da trete ich in die Fußstapfen meines Vorgängers.“ Max Schäfer bemängelt mit diesen Worten augenzwinkernd, dass ihm keiner zum Einstand ein paar zusätzliche Stunden pro Tag geschenkt habe. Dabei wären die durchaus nötig: Seit seiner Amtseinsetzung am 3. November hat der 34-Jährige als neuer Bürgermeister und ehemaliger Hauptamtsleiter von Spiegelberg eine Doppelfunktion. Im ohnehin kleinen Rathausteam „merkt man deutlich, dass der Hauptamtsleiter fehlt. Wobei mir das Team im Rathaus viel abnimmt, da haben sich meine Erwartungen erfüllt.“ Das trägt dazu bei, dass der neue Rathauschef seinen Wechsel an die Verwaltungsspitze als „komplett reibungslosen Übergang“ charakterisiert. Dennoch, Schäfers Arbeitstage sind „deutlich länger“ geworden. „Die Aufgaben als Bürgermeister sind sehr vereinnahmend.“ Mehr Abende, mehr Wochenenden und auch Urlaube gehören nicht mehr der Freizeit. „Das war absehbar“, betrachtet es Schäfer nüchtern.

Dementsprechend war seine erste Amtshandlung als Bürgermeister, die Stelle des Hauptamtsleiters auszuschreiben – was er gleich zweimal getan hat, weil bei der ersten Ausschreibung nur zwei Bewerbungen eingingen. Nun ist die Stelle aber ab März besetzt mit einer Hochschulabgängerin und im Herbst soll ein neuer Auszubildender beginnen, sodass das Rathausteam „bald wieder gut aufgestellt“ sein wird. Schäfer hätte sich für seinen Start als Bürgermeister mehr „eigene Performance“ gewünscht, mehr Themen, die er vorantreibt. „Aber viele Themen haben mich eingeholt. Viele Aufgaben konnte ich mir nicht aussuchen.“

Große Sorge um die Nahversorgungslage im Ort

Das sind zum Beispiel der Abschluss der Breitbandprojekte, die anstehenden Wahlen, die Fortschreibung des Flächennutzungsplans wegen der Vorranggebiete für die Windkraft, das Aufstellen des Haushalts für das laufende Jahr. Was viele Spiegelberger Bürger umtreibe, sei die Sorge, dass die Nahversorgungslage sich verschlechtert, wenn Ferdinand Rathgeber seinen Dorfladen schließt. Die Gemeinde könne zwar nicht in den privaten Handel eingreifen, aber sie könne mithelfen, eine Lösung zu finden, und gegebenenfalls finanziell unterstützen. Schäfer zeigt sich zuversichtlich: „Ich sehe nicht schwarz, mit Ferdinand Rathgeber kann man sprechen.“ Es öffne sich dann schließlich eine Lücke, die sich füllen lasse.

Doch auch bei den nicht selbst gewählten Themen ist Schäfers Handschrift bereits erkennbar: An seiner 14-seitigen Stellungnahme zur Fortschreibung des Flächennutzungsplans in Sachen Vorranggebiete für Windkraftanlagen, die er jüngst im Gemeinderat abgab, ist abzulesen, dass er viel Mühe investierte, sich für Spiegelbergs Belange einzusetzen. „Wir fühlen uns überfahren, die haben hier alles abgeladen“, schimpft Schäfer in Richtung Verband Region Stuttgart angesichts der drohenden Ausweisung von weit überdurchschnittlichen fünf Prozent der Gemeindefläche als Vorranggebiete. Auch die Digitalisierung der Verwaltung hat er in seinen ersten 100 Amtstagen angepackt. Im Haushalt, der noch nicht verabschiedet ist, sind dafür 50000 Euro vorgesehen. „Diese Wunschliste wurde im Haushalt untergebracht“, freut sich Schäfer, der sich outet, alle Unterlagen „krankhaft einzuscannen“. Sprich: Er arbeitet nahezu ausschließlich digital. „Es ist viel wert und erleichtert den Workflow.“ Außerdem sei die Digitalisierung die einzige Möglichkeit, das Arbeitsaufkommen zu bewältigen. Für die Zukunft sieht Schäfer vor, dass der Server im Rathaus abgeschafft und die Verwaltung auf Cloud-Arbeitsplätze umgestellt wird.

Weitere Themen

Eine weitere Weiche, die er für die Zukunft gestellt hat, sind geänderte Öffnungszeiten des Rathauses, das nun freitags für den Publikumsverkehr geschlossen, dafür an zwei Nachmittagen geöffnet hat. So gibt es die Option, dass eine Viertagewoche theoretisch möglich wäre. „Sollten im Tarifvertrag Öffentlicher Dienst Arbeitsstunden reduziert werden, wären wir vorbereitet.“

Die bürgernahe Verwaltung liegt Max Schäfer am Herzen

Vom Grundsatz her ist Schäfers Haltung, dass er sich mit seinen eigenen Ideen eher zurückhalten will. „Mir ist wichtig, was aus der Bürgerschaft kommt.“ Bereits im Wahlkampf betonte Schäfer, die bürgernahe Verwaltung „liegt mir arg am Herzen“. Umso mehr ließ da der aus Großhöchberg kommende Vorwurf der mangelnden Transparenz aufhorchen, der zu Jahresbeginn im Zusammenhang mit dem geplanten Bau eines 50 Meter hohen Betonmasts für den vorwiegenden Einsatz im Bereich der kritischen Infrastruktur im 450-Megahertz-Netz geäußert wurde. Schäfer: „Rechtlich war das einwandfrei.“ Er räumt aber ein, dass bei dem Vorhaben, das bereits im Dezember 2021 erstmals nicht öffentlich im Gemeinderat besprochen wurde, die „Transparenz hätte besser sein können“. Einem Grundsatz, den Schäfer bei seiner Vereidigung am 3. November aufgestellt hat, kommt er daher nun nach: „Ich möchte Diskussionen niemals meiden“, sagte er damals vor 100 Tagen. Also lädt er die Großhöchberger Bürger, die sich zu einer Bürgerinitiative zusammengetan haben, in der kommenden Woche zu einem Gespräch in dem Spiegelberger Teilort ein. Transparenz sei ihm wichtig, sei aber nicht gleichzusetzen oder gleichbedeutend mit Mitbestimmung.

Ein weiteres Statement von Schäfer bei seiner Vereidigung: Die Spiegelberger Bürgerschaft verstehe die Gemeindeverwaltung als Freund und Helfer, was ermögliche, dass die meisten Fragen und Probleme durch direkte Gespräche zu lösen seien. „Ich möchte auf die Menschen zugehen“, so Schäfers Anliegen. Und so zeichnet sich auch in Dauernberg, wo ein Streit um Verkehrsflächen und Grundstücksgrenzen für Unruhe im Dorf sorgt, „eine Lösung zur Befriedung ab“, informiert Schäfer. Nicht nur in Dauernberg, auch in den anderen Orten der Gemeinde sei er von der Bürgerschaft „sehr, sehr positiv aufgenommen worden“.

Schäfer schaut auf die Uhr, ein Anschlusstermin steht an. Oben auf der Verbindungsstraße zwischen Jux und Nassach ist ein Stück der Fahrbahn weggesackt. Klar, das ist unvorhergesehen passiert. Unklar ist dagegen, wie und in welchem Umfang sich die Sanierung finanzieren lassen wird – was wiederum in einer Gemeinde wie Spiegelberg, die nicht aus dem Vollen schöpfen kann, klar ist. Schäfer ist in „unruhigen, spannenden, herausfordernden Zeiten“ ins Amt gestartet. „Da braucht es Kreativität.“

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Erstellt:
1. Februar 2024, 11:30 Uhr

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