Messdaten von Schwäbischer Alb bestätigen Insektenschwund
dpa/lsw München. Über den dramatischen Insektenschwund und seine Ursachen wird seit einiger Zeit viel diskutiert. Doch belastbare Daten sind rar. Eine Studie zu drei Naturregionen Deutschlands liefert wertvolle neue Zahlen.

Eine Biene zieht Nektar aus einer gelben Wiesenblume. Foto: Fabian Sommer/dpa/Archivbild
Auf Wiesen und in Wäldern in Deutschland sind deutlich weniger Insekten und andere Gliederfüßer unterwegs als noch vor einem Jahrzehnt. Das belegen neue Daten aus drei Regionen Deutschlands, darunter auch die Schwäbische Alb. Die Daten haben Forscher unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) ausgewertet. Zumindest in den Graslandschaften stehe der Artenschwund vermutlich im Zusammenhang mit der Landwirtschaft, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“.
Bisher gibt es in Deutschland nur vereinzelt größere Datensammlungen zur Entwicklung der Insektenzahlen in den vergangenen Jahrzehnten. Das Team um Sebastian Seibold vom Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie der TUM hatte zwischen 2008 und 2017 regelmäßig Insekten und andere Gliederfüßer wie Spinnentiere und Tausendfüßer an 290 Standorten in drei Regionen Deutschlands gesammelt - im Raum Münsingen (Landkreis Reutlingen) auf der Schwäbischen Alb sowie im Hainich - einem bewaldeten Höhenrücken in Thüringen - und in der brandenburgischen Schorfheide.
Die Wissenschaftler analysierten Daten von mehr als einer Million Gliederfüßer, die zu mehr als 2700 Arten gehörten. Sowohl auf Wiesen als auch in Wäldern ging die Zahl der Arten, also die Vielfalt, im Untersuchungszeitraum um etwa ein Drittel zurück. Auch die Gesamtmasse an Gliederfüßern nahm ab, besonders ausgeprägt in den Graslandschaften - um 67 Prozent. In den Wäldern schrumpfte sie um etwa 40 Prozent. Den Einfluss schwankender Wetterbedingungen berücksichtigten die Forscher bei der Auswertung.
„Dass solch ein Rückgang über nur ein Jahrzehnt festgestellt werden kann, haben wir nicht erwartet - das ist erschreckend, passt aber in das Bild, das immer mehr Studien zeichnen“, sagte Wolfgang Weisser von der TUM, einer der Initiatoren des Projekts.
Die genaue Ursache für den Artenschwund konnten die Forscher nicht ausmachen, sie vermuten aber in der intensiven Landwirtschaft einen bedeutsamen Faktor. So stellten sie fest, dass der Schwund von Insekten und anderen Gliederfüßern auf jenen Grasflächen besonders ausgeprägt war, die von landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen umgeben waren. Die Experten betonen: „Um den Rückgang aufzuhalten, benötigen wir ausgehend von unseren Ergebnissen eine stärkere Abstimmung und Koordination auf regionaler und nationaler Ebene.“