Mmh, Lillifee-Suppe und Gemüsepizza
Workshop auf dem Wacholderhof: Wie sich gesunde Ernährung mit Bioprodukten in Kitas und Schulen im Alltag umsetzen lässt
„Gesunde Ernährung mit Bioprodukten – Tipps für Kopf und Bauch“ hieß es bei einem Workshop auf dem Wacholderhof nahe Murrhardt-Steinberg. Andreas Greiner von der Beratungsfirma Ökonsult vermittelte 20 Teilnehmern im Auftrag der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft Theorie und Praxis für die Verpflegung mit Bioprodukten in Kitas und Schulen. Immer mehr Kommunen folgen dem Trend.

© Jörg Fiedler
Die Teilnehmerinnen und der Teilnehmer (rechtes Bild) sind den Ernährungsworkshop richtig gut gelaunt angegangen. Auf dem Wacholderhof konnten sie sich auch in der Praxis üben. Fotos: J. Fiedler
Von Ute Gruber
MURRHARDT. Gleich zu Anfang stellt ein Quiz die Vorkenntnisse der Teilnehmer auf die Probe: Was sagen die Biolabel aus, die es im Handel gibt? Enthalten Bioprodukte im Schnitt weniger Nitrat und Pestizidrückstände? Wie oft wird so ein Biobetrieb kontrolliert? Wie viele Zusatzstoffe sind in Biolebensmitteln erlaubt? Welcher Anteil der in einer Schulmensa zubereiteten Lebensmittel landet im Müll? Wie kann man Kosten sparen? In Zweiergrüppchen wird überlegt, diskutiert, angekreuzt.
Dann wird aufgeklärt: Das grüne Biosechseck mit dem Häkchen und auch das Blatt aus zwölf Sternchen kennzeichnen Produkte, die nach EU-Standards geprüft sind. „Das kann auch im Ausland sein“, wie Andreas Greiner erläutert, „dabei muss die Nummer der Kontrollstelle vermerkt sein, das ist wichtig.“
Strenger noch als diese Standards sind die Anforderungen der heimischen Pioniere des ökologischen Anbaus: Anbauverbände wie Demeter, Bioland oder Naturland. „Bei uns gibt es zum Beispiel keine teilweise Umstellung“, erklärt Gastgeber David Burkhardt, der in zweiter Generation den Bioland-Betrieb Wacholderhof bewirtschaftet. „Entweder ganz oder gar nicht. Und bei der Verarbeitung sind weniger Zusatzstoffe erlaubt. Nitrit in der Wurst geht zum Beispiel gar nicht.“ Jedes Jahr werde der Betrieb gründlichst kontrolliert: Zukäufe, Verkäufe, jedes Tier, jede Fläche, jeder Arzneimitteleinsatz et cetera. Wenn etwas nicht ganz koscher ist, gibt es eine Nachbesserungsfrist: „Beispielsweise kann sein, dass bei einer Ware der Zusatz ‚aus deutscher Erzeugung‘ nicht genau so unter dem Label steht. Die finden immer was“, erläutert Burkhardt.
Dass die Produkte weniger Schadstoffe und dafür mehr wertgebende Inhaltsstoffe enthalten, ist für die Anwesenden klar. Und dass diese gerade den Kindern im Wachstum zugutekommen, wenn man die unbehandelten Äpfel und Kartoffeln nicht zu schälen braucht, leuchtet ein: „Zieh mir gekocht die Schale runter, die Vitamine sitzen drunter“ reimte schon der Großvater.
Das gemeinsame Essen in der Kita als Teil des Genusses
Als es um die Umsetzung in der Küche ihrer Betreuungseinrichtung geht, werden die überwiegend weiblichen Seminarteilnehmer munter: Fast jede arbeitet in einer Tagesstätte, die Mittagessen für Kinder oder Schüler anbietet. „Sie leisten hier eine wichtige erzieherische Aufgabe. Sie vermitteln den Umgang mit Lebensmitteln“, lobt Andreas Greiner. Diana Hettich-Condic etwa kocht seit fünf Jahren für bis zu zehn Kleinkinder in der Kita am Schlossgarten in Oppenweiler. „Davor hat jedes sein Essen mitgebracht. Wir haben das dann nacheinander in der Mikrowelle warm gemacht.“ Das sei ein furchtbares Durcheinander gewesen. „Jetzt essen wir gemeinsam in Ruhe, alle dasselbe, und die Kinder freuen sich richtig darauf.“ Sie möchte sich über Bioanbau informieren und Anregungen fürs Kochen holen.
Die bekommt sie unter anderem von Elisabeth Kuveke, die vor sieben Jahren ein sogenanntes Kindernest gegründet hat, wo sie mit zwei Kolleginnen in einer gemieteten Wohnung neun Kleinkinder betreut und auch bekocht: „Als Landkind war für mich immer klar, dass ich das selbst frisch und möglichst in Bioqualität machen will.“ Auch den Einheitsgeschmack von fertiger Gemüsebrühe lehnt sie ab. Die Zutaten bekommt sie frei Haus von einem Biolieferanten und bereitet sie stressfrei im Dampfgarer zu: „Seit wir den haben, ist uns nie wieder etwas angebrannt.“ Nur das Fleisch, das es ohnehin nur einmal die Woche gibt, wird angebraten – des besseren Geschmacks wegen. Zu einer täglich wechselnden Sättigungsbeilage (montags Polenta, dienstags Reis, mittwochs Kartoffeln...) gibt es Gemüse der Saison und Soße. „Nur Kohlarten mögen die Kleinen nicht gern.“
Mit dem vegetarisch betonten Speiseplan und saisonalen Einkauf hat die Erzieherin schon zwei wichtige Einsparmöglichkeiten bei den teureren Bioprodukten genutzt, wie Andreas Greiner erklärt. Vor allem bei Schulmensen käme dazu noch das Problem des Abfalls: „Unglaubliche 25 Prozent werden da im Schnitt weggeworfen: zu viel zubereitet oder verschmäht.“ Er findet dies ethisch und auch ökonomisch unverantwortlich: „Beim Einkauf feilscht man um jeden Cent und dann wirft man jeden vierten Euro weg!“ Auch wenn der Blick in den sogenannten Schweineeimer nicht gerade ästhetisch ist, findet sich dort also wahres Gold. Nach so viel Theorie wird das Schreibzeug weggeräumt und für die Praxis Platz gemacht. Mit Zutaten vom Biohof wird geschnippelt, geknetet, gerührt. Es entstehen Gemüsesticks, Pizzen aus dem Steinbackofen und ein Frischkäsedip mit Kürbiskernöl, farbenfroh dekoriert mit Blüten von Borretsch, Kapuzinerkresse und Ringelblume. Fast zu schade zum Essen.
Zum Abschluss bietet der Hausherr noch eine Betriebsführung an
Mansour Zouari – der heutige Quotenmann – ist Tunesier, lebte längere Zeit in Murrhardt und kocht jetzt in der Mensa der Freien Waldorfschule Backnang. Als er gekonnt den Pizzateig durch die Luft wirbelt und mit flinken Fingern eine köstliche Kreation nach der anderen zaubert, kann man kaum glauben, was ihn zum Seminarbesuch bewegt hat: „Die Schüler lassen so oft das Gemüse zurückgehen.“ Greiner hat für die viel geschmähte Rote Bete schon mal einen Tipp: Fein püriert und mit Sahne verfeinert, könne diese als rosa „Lillifee-Suppe“ zumindest bei weiblichen Grundschülern Begeisterung auslösen.
Zum Abschluss bietet der Hausherr noch eine Betriebsführung an. Die interessiert vor allem Sybille Mohr, die in ihrer Kita in Murrhardt-Alm seit Kurzem mit den Kindern zusammen Obst und Gemüse im eigenen Nutzgarten kultiviert: „Umgraben, pflanzen, gießen, ausgrasen, die Kinder waren überrascht, wie viel Mühe das macht.“ Tja: Vor die Ernte hat der Herrgott den Schweiß gesetzt...
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bietet Informationen, Rezepte, Praxisbeispiele, auch für Kommunen, Caterer und Privatpersonen, im Internet unter der Homepage www.biokannjeder.de.

© Jörg Fiedler