Die Mühlenromantik in Kirchenkirnberg ist kein Geheimtipp mehr
Stockbrotbacken und Fackellauf: Die Mühlenweihnacht in Murrhardt-Kirchenkirnberg hat alleine am Samstag rund 2.500 Besucherinnen und Besucher angelockt.
Von Heidrun Gehrke
Murrhardt. 1.000 Lichter, damit haben die Veranstalter garantiert nicht zu viel versprochen. „Es sind sogar deutlich mehr geworden“, sagt Manfred Krautter augenzwinkernd. Lichter funkeln und blinken entlang des Gehwegs und rund um die Mühle. Und auf jede dieser mehr als 1.000 Lichtquellen kommen nach Schätzungen der Veranstalter zwei Besucher. Aus allen Richtungen sind sie gekommen, um das romantische Ambiente der Mühlenweihnacht mitten im Wald zu genießen.
Mit den kalten Hände um eine Glühweintasse greifen, an den heißen Tassenwänden festhalten, behutsam daran nippen – und schon kommt wohlige Wärme in den Körper. Warm ist es auch Mühlenbesitzer Timo Hübner, doch seine geröteten Backen kommen nicht vom feinen regionalen Heißgetränk. Er schafft sich warm: Gerade bahnt er sich mit zwei vollen Getränkekisten einen Weg durch die Menschenmenge, als Nächstes holt er Holz, damit die Feuerschalen weiter in der Dunkelheit glimmen und sich die Besucher an Feuertonnen wärmen können. „Jetzt fällt die Anspannung ab, wenn man sieht, dass alle kommen und glücklich sind und sich unser Aufwand gelohnt hat“, beschreibt er seine Stimmung kurz nach Anbruch der Dunkelheit.
Bezaubernde Stimmung trotz großer Menschenscharen
Um ihn herum Menschenscharen. Ein Geheimtipp ist die Mühlenweihnacht nicht mehr. Dennoch hat sie nichts von ihrer bezaubernden Stimmung eingebüßt, auch wenn mancher Gast unter romantisch etwas anderes zu verstehen scheint: „Mir ist’s jetzt sogar hier fast schon zu voll“, meint ein Mann in der Schlange am Glühweinstand. Prompt entgegnet die Frau, die vor ihm steht: „Aber es ist trotzdem schön gemütlich, mich entschleunigt es.“
Was meinen die Veranstalter zum Run auf die Mühlenromantik? „Aus dem Ruder läuft noch nichts. Aber wir haben die steigenden Besucherzahlen natürlich auf dem Schirm“, sagt Walter Hieber. Das Urige zieht die Menschen an, viele möchten das etwas andere Marktangebot erleben, von Jahr zu Jahr werden es mehr. Hieber bilanziert einen „superguten Besuch“. Rund 2.500 Besucherinnen und Besucher dürften es alleine am Samstag gewesen sein – gemäß der vor Jahren selbst kreierten „Wursthochrechnung“, wonach auf eine verkaufte Wurst rund vier Marktbesucher kommen. Der Veranstalter erklärt’s: „Von zwei Besuchern isst im Schnitt einer was, von zwei Besuchern, die was essen, isst einer eine Wurst.“ Dass die Mühlenweihnacht so beliebt ist, freut Hieber. „Wir geben ja alles“, sagt er. Mit „wir“ sind jene gemeint, die im Hintergrund unermüdlich und die meisten von ihnen seit Wochenanfang wuseln, braten, kochen, spülen, ausschenken, basteln und vieles mehr. Die Mühe wird belohnt: „Die Zeit und Liebe, die in jede unbedeutendste Kleinigkeit investiert wird, wird von den Besuchern gesehen und honoriert“, stellt Hieber fest. Timo Hübner sagt, er wisse von vielen, die dieses Mal extra früh gekommen sind. „Sie konnten letztes Jahr die vielen Angebote gar nicht nutzen, weil die Zeit nicht ausgereicht hat oder es für die Kinderspiele zu dunkel war.“
Der Markt macht bis auf die Naturwerkstatt von Anja Hübner und Nadja Voß kein großes Angebot zum Shoppen. Stattdessen wird bewusst der unkommerzielle „Gabentisch“ reich bestückt: Mit Spielen und Mitmachaktionen gleicht das Mühlengelände einer einzigen, nicht enden wollenden Freiluftspielecke, die das Naturparkführerteam rund um Walter Hieber und Manfred Krautter wieder fantasievoll ausgestattet haben. Auf dieser „Wanderung durch die schwäbische Sicht der Dinge rund um Weihnachten“ gibt es in jeder Ecke etwas zu entdecken. Alle Ideen haben Naturbezug und bauen gedankliche Brücken zum Wunschzettelschreiben, Gutslebacken, Christbaumloben, Nikolaustag und Krippenspiel. Hier ein Weihnachtsgewürzeraten, dort ein Weihnachtsplätzchenmemory. Ein Pinguin und ein Elch, die Weihnachtslieder singen und dazu tanzen, verbreiten gute Laune.
Highlight dieses Jahr ist eine Art Schneekugel
Ganz elementare Sachen wie Stockbrotrösten überm Feuer und ein Zügle, das um beleuchtete Spielzeughäuser tuckert, rührt auch Große. Highlight dieses Jahr ist eine beleuchtete „Schneekugel“: In das Gewölbe unter einer transparenten Zelthaut sind ein Rentier, ein Schlitten und ein leuchtender aufblasbarer Schneemann plus Kunstschnee eingezogen. Vor dieser winterlichen Kulisse werden ungezählte Handys gezückt – das Erinnerungsfoto will man sich hier freilich nicht entgehen lassen.
Kurz vor 18 Uhr werden es noch ein paar Leuchtkörper mehr, als sich eine Menschengruppe im Fackelschein zu einer Spazierrunde mit Walter Hieber aufmacht. Nach der Rückkehr mit kalter Nasenspitze zieht es die Fröstelnden zu den wohligen Lichtquellen der Buden, die was Warmes für den Magen verheißen: Gut tun da eine heiße Kürbissuppe und das köstlich abgeschmeckte Gulasch mit Fleisch vom Gallowayrind aus dem Zuchtbetrieb von Familie Kugler aus Vordermurrhärle.