Murrplastik ist gut aufgestellt für Robotik&Co.
Die Produktpalette von Murrplastik Systemtechnik ist breit gefächert: Zu den Kunden des Betriebs aus Oppenweiler zählen längst nicht nur Automobilhersteller. Das verhilft der Firma zu mehr Krisenresistenz. Künftig will man manche Märkte stärker erschließen – etwa in Asien.
Von Lorena Greppo
Oppenweiler. Noch vor einigen Tagen waren Geschäftsführer Jürgen Zeltwanger und Marketingleiter Andreas Hamm in Shanghai, um das 20-jährige Bestehen der chinesischen Niederlassung von Murrplastik Systemtechnik zu feiern. Den Jetlag haben sie inzwischen überwunden, die Eindrücke bleiben bestehen. Harmonische Zusammenarbeit, flache Hierarchien, ein Vertrauen in den Betrieb – all das sei spürbar gewesen, berichtet Andreas Hamm. Die Präsenz in China wie auch in den USA auszubauen, zählt zu den Unternehmenszielen, die Jürgen Zeltwanger für die kommenden Jahre nennt. Auch wolle man neue Märkte erschließen, etwa in Südostasien. „Wir haben im Blick, wie sich unsere Kunden weiterentwickeln, und fragen uns dann: Wie können wir dafür smarte Lösungen anbieten?“, erklärt er. Er zitiert Firmengründer Horst Hölzl, der im Unternehmen die Leitfrage prägte: „Was macht das Leben unserer Kunden einfacher?“
Wie genau das funktioniert, zeigt sich bei einem Rundgang durch den weitläufigen Standort in Zell. Im Unternehmen gibt es vier große Produktbereiche. Einen davon stellen die Energieführungsketten dar. Wenn in Maschinen Bewegungen stattfinden, dann bewegen sich auch die Leitungen und Schläuche mit. Sie sollen dabei vor Schäden geschützt und möglichst schonend und linear geführt werden, deshalb umgeben sie mehrgliedrige Kunststoffketten, die das sicherstellen.
Aus dem Standardrepertoire können individuelle Lösungen gebastelt werden
Noch komplizierter wird das Ganze in der Robotik, wo die Kabel in alle möglichen Richtungen und Dimensionen bewegt werden. „Das ist ein Wachstumsthema und wir versuchen hier, neue und innovative Lösungen anzubieten“, erklärt Jürgen Zeltwanger. Allein im vergangenen Jahr wurden für ein chinesisches Automobilunternehmen 4000 Roboter gefertigt – mit Teilen von Murrplastik. Rückgängig sei hingegen die Sparte der Kabelführungen und -halterungen in Schaltschränken. Der vierte Unternehmensbereich der Murrplastik Systemtechnik liegt im Kennzeichnen mit Lasertechnologie. Das nehme vor allem im Maschinenbau an Bedeutung zu, wo Positionen etwa auf Platinen beschriftet sein müssen, so Jürgen Zeltwanger. „Das funktioniert bei uns ganz ohne Verbrauchsmaterial wie Tinte und ist auf verschiedenem Material möglich.“
Die Produkte sollen möglichst leicht zu handhaben und auszutauschen sein, erklärt Andreas Hamm. Das erleichtere den Umgang für den Kunden, somit werde seine Investition geschützt, aber vor allem auch die Mitarbeitenden. Auch können aus dem Standardrepertoire des Unternehmens individuelle Lösungen erstellt werden. Jürgen Zeltwanger berichtet beispielsweise von einem Kunden, der mithilfe von Robotik Burger braten lassen möchte.
Austausch mit anderen Unternehmen zu gemeinsamen Herausforderungen
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Dass das Unternehmen so breit und auch international aufgestellt ist, helfe in schwierigen Lagen, verdeutlicht der Geschäftsführer. Die Zurückhaltung auf dem Markt merke Murrplastik schon auch, etwa in der europäischen Automobilindustrie. „Wir können das aber durch ein gutes Auslandsgeschäft kompensieren“, so Zeltwanger. Schließlich sei man beispielsweise im Bereich der Public Transportation, also etwa im Bahnverkehr, aktiv. Da werde in Ländern wie Indien oder der Türkei viel investiert. Generell befinde sich Murrplastik auf Wachstumskurs. Aber natürlich werde angestrebt, die Marktanteile zu erhöhen.
Auch der Fachkräftemangel hat Murrplastik erreicht. Die Strategie des Unternehmens ist hier klar: „Wir setzen konsequent auf Ausbildung“, sagt Jürgen Zeltwanger. Viele der ehemaligen Auszubildenden des Betriebs seien inzwischen in Führungspositionen und auch dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Unternehmen über Jahrzehnte die Treue halten, sieht er als Auszeichnung.
Angesichts von Problemen, die fast alle Unternehmen gleichermaßen treffen, darunter auch Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Modernisierung, engagiert sich Murrplastik seit Neustem auch im Netzwerk Maschinenraum. Diese Initiative des deutschen Mittelstands fördert den Austausch unter den Betrieben. Seit anderthalb Jahren ist Murrplastik Mitglied, Andreas Hamm berichtet von positiven Erfahrungen. Nicht nur bekomme man neue Impulse, um globale Herausforderungen anzugehen, sondern auch für die Organisation in der Firma, etwa in der Personalentwicklung. Er nennt als Beispiel das Female Cross Mentoring Program. Mit diesem sollen Frauen in Unternehmen gefördert und auf den nächsten Karriereschritt vorbereitet werden.
Austausch gibt es auch mehrmals im Jahr im Unternehmen: Für alle Verkäufer der Produkte wurde ein Trainingsprogramm aufgesetzt, berichtet Jürgen Zeltwanger. „Sie werden in einer Woche hier im Haus qualifiziert.“ An diesem Terminen ist dann einiges los im Haus. „Da kommen Menschen aus aller Welt“, erklärt Andreas Hamm und fügt hinzu: „Der Austausch tut uns allen gut.“
Geschichte Im Jahr 1963 legten Horst Hölzl und Andreas Fröhlich den Grundstein für smartes Kabelmanagement mit der Gründung der Murrplastik Systemtechnik GmbH. Begonnen hatte es so: Der Federnfabrikant Andreas Fröhlich trat an den mittellosen Maschinenbaustudenten Horst Hölzl mit der Bitte heran, eine Maschine zur Herstellung von doppelt abgekröpften Federn zu entwickeln. Eine Maschine dieser Art gab es bis dato weltweit nicht. Hölzl setzte den Auftrag in nur drei Monaten um und meldete die Maschine zum Patent an.
Entwicklung Im Lauf der Jahre expandierte das Unternehmen mit zahlreichen Tochtergesellschaften weltweit. Heute sind die Produkte von Murrplastik in fast allen Industriesparten vertreten. Das Unternehmen ist ein weltweit führender Anbieter von Produkten im Bereich des professionellen Kabelmanagements.
Daten Aktuell beschäftigt Murrplastik weltweit 450 Mitarbeitende, davon etwa 250 in Oppenweiler. Murrplastik hat mehrere Auslandsniederlassungen, beispielsweise in Shanghai oder Zürich. Seit Ende 2022 gehört Murrplastik zur Murr-Gruppe, zu der unter anderem auch Murrelektronik gehört. Zu diesem Verbund zählen laut Jürgen Zeltwanger etwa 30 Firmen, darunter auch Maschinenbauunternehmen. Ehemalige Unternehmensteile wie die Medizintechnik oder Produktionstechnik (nun Hanselmann&Cie. Technologies, wir berichteten) sind nicht mehr Teil des Unternehmens.
Inklusion Seit zehn Jahren besteht im Unternehmen eine Kooperation mit der Paulinenpflege. Acht bis zehn Menschen mit Einschränkungen verrichten im Betrieb einfache Arbeitsschritte wie die Vormontage.