Nach Barbesuch in Weissach auf andere losgegangen

Ein 21-Jähriger wird zu sieben Monaten Haft auf Bewährung wegen Körperverletzung und Beleidigung von Polizeibeamten verurteilt.

Ein 21-Jähriger ist wegen Körperverletzung und Beleidigung von Polizeibeamten zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Symbolbild: Sang Hyun Cho auf Pixabay

© Sang Hyun Cho auf Pixabay

Ein 21-Jähriger ist wegen Körperverletzung und Beleidigung von Polizeibeamten zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Symbolbild: Sang Hyun Cho auf Pixabay

Von Heike Rommel

Weissach im Tal. Angesichts des Urteils von sieben Monaten Haft auf Bewährung unter strengen Auflagen verkündete Richter Martin Luippold: „Wir geben ihm eine Chance.“ Dem 21-jährigen Angeklagten waren Körperverletzung und die Beleidigung von Polizeibeamten zur Last gelegt worden. Im Rahmen der Verhandlung vor dem Waiblinger Jugendschöffengericht hatte der junge Mann zugegeben, drogenabhängig und psychiatrisch mit Antidepressiva behandelt worden zu sein. Als Gebäudereiniger schon relativ gut im Job, entzog ihm die Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis und drohte die Abschiebung an. Mit dem Urteil von sieben Monaten Haft auf Bewährung bekommt der junge Mann eine Bewährungshelferin zur Seite, die sich um einen Therapieplatz kümmert, damit der junge Backnanger seinen schweren Lebensrucksack erleichtern kann.

Sich auf dem Stuttgarter Schlossplatz und in einer Weissacher Bar herumzutreiben brachte den 21-jährigen Backnanger in Schwierigkeiten. In Stuttgart wurde der junge Mann gegen Polizeibeamte ausfällig und in Weissach gegen andere junge Leute gewalttätig. Jugendstrafrecht war für den 21-Jährigen keineswegs mehr drin.

Tragische Lebensgeschichte

Auf dem Anklagestuhl saß ein junger Iraker, der im Irak vom IS als Jugendlicher entführt und gefoltert worden war. Diese Traumatisierung ist bis heute nicht aufgearbeitet. Mit den Eltern und vier Brüdern in die Bundesrepublik gekommen, reichte es für die Familie für nicht mehr als eine Dreizimmerwohnung mit nur einem Kinderzimmer für die fünf Söhne. Die Eltern mussten den entführten Sohn durch das Überlassen ihres Hauses an den IS auslösen.

In Deutschland angekommen, beging der heute 21-Jährige eine Straftat nach der anderen, war des Öfteren im Jugendgefängnis Adelsheim und wurde irgendwann auch in den Strafvollzug für Erwachsene verlegt. Zwei Monate nach der Haftentlassung handelte sich der 21-Jährige schon wieder den nächsten Strafprozess ein.

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„Scheißbullen“, brüllte es aus dem Monitor im großen Saal des Waiblinger Strafgerichts, als ein Video aus der Bodycam eines Stuttgarter Polizeibeamten abgespielt wurde. Damit war der Tatbestand der Beleidigung schon mal erfüllt.

Szenenwechsel nach Weissach im Tal zum 26. März vergangenen Jahres: Der Angeklagte stößt einen 19-Jährigen aus Allmersbach im Tal um 3.42 Uhr nach dem Besuch einer Weissacher Bar an der Bushaltestelle gegen einen Mülleimer und prügelt auch noch auf diesen ein, als er am Boden liegt. „Der hat nicht aufgehört, bis ihn seine Freunde von mir heruntergezogen haben“, sagte der 19-Jährige als Zeuge vor Gericht.

Zwei Zeuginnen sagen nicht aus

Als ein 23-jähriger Mann, der Fahrdienst fürs Ausgehen mit Freunden leistete, sah, wie der Angeklagte eine junge Frau an ein Fahrzeug trat, schritt er mit Erfahrung für solche Situationen als Jugendfeuerwehrmann ein. Ihn packte der Angeklagte dafür so am Hals, dass ihm kurz der Atem weg blieb. Ernsthaft verletzt wurde keine Person am frühen Morgen in Weissach. Angefangen hatte alles mit einer zweiten jungen Frau, die um eine Zigarette bat, aber keine bekam. Den beiden jungen Frauen fiel allerhand ein, um nicht in den Zeugenstand des Jugendschöffengerichts treten zu müssen, welches bessere Zeugen als die beiden jungen Männer gar nicht hätte bekommen können. Beide kannten den Angeklagten vor dessen gewalttätigen Auftritten in Weissach nicht. Beide brachten eine gehörige Portion Zivilcourage mit, um mit dem Angeklagten fertig zu werden.

Mit wem genau sie es zu tun hatten, erfuhren die Zeugen im weiteren Verlauf des Prozesses: Neun Vorstrafen des 21-jährigen Angeklagten kamen aus dem Bundeszentralregister heraus. Um drei Wochen Jugendarrest kam der Angeschuldigte ohne Schulabschluss und somit ohne Beruf durch das Attest einer Psychiaterin herum, hörte aber mit Diebstählen, Beleidigungen und Körperverletzungen nicht auf, bis es zwei Jahre und zwei Monate Gefängnis setzte. Nun also kommt eine Bewährungsstrafe zur Liste hinzu.

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Erstellt:
27. Januar 2024, 09:00 Uhr

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