Naturerlebnis mit kosmischer Dimension
Erlebniswege in der Region: Auf dem Planetenweg können junge und ältere Wanderer die vielseitige Schönheit des Schwäbischen Waldes genießen – und zugleich ein Gespür für die Dimensionen in unserem Sonnensystem entwickeln.
Von Uta Rohrmann
WELZHEIM. Von Welzheim aus kann man ins Weltall blicken. Die klimatischen Verhältnisse im Schwäbischen Wald und die vergleichsweise geringe Schadstoffbelastung erleichtern die Beobachtung des Nachthimmels. Seit 1992, dem Jahr, in dem die Sternwarte als Außenstelle des Planetariums Stuttgart eingeweiht wurde, ist es für interessiere Laien aller Altersgruppen immer wieder spannend, einen Blick durchs Teleskop zu werfen und zu erahnen, wie viel Größeres es gibt als die eigene kleine Welt.
Doch nicht nur bei Dunkelheit lässt sich etwas über Gestirne erfahren. Die acht großen Planeten, die unsere Sonne umkreisen, lassen sich in Welzheim auf einer Strecke von nur zwei Kilometern erwandern – inmitten eines abwechslungsreichen Naturgebiets. Lehrtafeln, auf denen jeweils die wichtigsten Daten und Informationen zu den einzelnen Wandelgestirnen vermerkt sind, sind so aufgestellt, dass sie maßstabsgetreu den Abstand vom Zentralgestirn Sonne veranschaulichen. Der aufmerksame Wanderer bekommt so ein Gespür für die Dimensionen und Entfernungen der Planeten in unserer näheren kosmischen Heimat – selbst dann, wenn er sich nicht die Mühe macht, die wissenschaftlichen Daten und Erklärungen auf den Tafeln zu studieren.
„Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel.“ Dieser Satz hat einen tieferen Sinn. Es ist ein Merkspruch, den man in der 4. Klasse lernt. Die Anfangsbuchstaben der Worte entsprechen den Anfangsbuchstaben der Planeten in ihrer Reihenfolge von der Sonne: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun.
Die Sonnentafel befindet sich bei der Sternwarte. Hinsichtlich Größe, Masse und Leuchtkraft sei die Sonne ein ganz gewöhnlicher Durchschnittsstern, der durch seine Nähe zur Erde als greller Feuerball am Himmel erscheine, der alle anderen Gestirne überstrahlt. Ohne Licht und Wärme dieses größten und massereichsten Körpers unseres Sonnensystems ist kein Leben auf unserem Heimatplaneten möglich.
Bei den meisten Wanderern
stehen Naturerlebnis und Begegnung im Vordergrund.
Man biegt auf dem Wiesenweg nur um die Ecke und da ist schon Merkur, der kleinste Planet unseres Sonnensystems. Die wenigen Schritte, die auf dem Planetenweg zurückzulegen sind, entsprechen im Original einer mittleren Entfernung von 57, 9 Millionen Kilometern. Auch Venus und dann die Erde mitsamt Mond scheinen gleich nebenan zu sein. Dann werden die Distanzen allmählich größer. „Die zweitausend Meter Länge des Planetenweges entsprechen in der Natur rund viereinhalb Milliarden Kilometer. Die Tafel des fernsten Planeten, Neptun, steht am Parkplatz Laufenmühle. Neptun ist dreißig Mal weiter von der Sonne entfernt als die Erde. Legt man den Planetenweg in einer halben Stunde zurück, so entspricht dies in der Natur der achtfachen Lichtgeschwindigkeit“, heißt es im Flyer der Stadt Welzheim.
Für Kinder spannend aufbereitet sind die nüchternen Erklärtafeln allerdings nicht. Bei den meisten Wanderern stehen Naturerlebnis und Begegnung im Vordergrund. So ist Heike mit Ehemann und vier Kindern gekommen, um eine befreundete Familie aus Auenwald zu treffen. Die Wahlwelzheimerin, die im Weissacher Tal aufgewachsen ist, kennt die Gegend bereits aus Kindheitstagen als beliebtes Ausflugsziel – zum Planetenweg wurde die Strecke erst im Juli 2010. In der momentanen Situation mit Kleinkind wird es diesmal eine kleinere Tour, die sich auf den kinderwagentauglichen Teil beschränkt.
Gabi, Annett und Leonie finden gerade den nichtkinderwagentauglichen Teil interessant – und empfehlenswert für Familien mit etwas größeren Kindern. Die drei Frauen aus Weinstadt und Waiblingen verabreden sich regelmäßig zum Wandern und finden hier das Edenbachtal besonders reizvoll. Die wildromantische Schlucht mit Wasserfällen ergänzt den Planetenweg zu einem Rundwanderweg – wirklich ein Erlebnis und mit insgesamt 5,6 Kilometern Länge gar nicht mal so viel Mehraufwand gegenüber dem Hin- und Rückweg von insgesamt vier Kilometern zwischen Sternwarte und Laufenmühle.
So ganz eindeutig ist die Ausschilderung nicht immer. Am Anfang ist der Weg, zumal durch die dichte Tafelfolge, selbsterklärend – es geht durch Wiesen, an Häusern vorbei, durch ein Waldstück. Den Abzweig zur Kesselgrotte kann man jedoch übersehen. Wer auf der sicheren Seite sein möchte, nutzt den Service unter www.welzheim-aktiv.de. Hier werden neben dem Planetenweg auch zahlreiche weitere Rad- und Wanderrouten in der Welzheimer Tourismusregion vorgestellt. Man findet wichtige Daten und Informationen, etwa zum Schwierigkeitsgrad oder zur Wegbeschaffenheit. Über die App Komoot kann man sich bequem per Sprachnavigation führen lassen, ebenso sind Offline-Karten verfügbar. Allerdings sollte man sich die relevanten Informationen bereits im Vorfeld zu Hause herunterladen, da der Internetempfang unterwegs zu wünschen übrig lässt.
Startpunkt: Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man fährt über Welzheim und Breitenfürst zur Welzheimer Sternwarte und startet beim Zentralgestirn Sonne. Oder man fährt über die L1080 von Rudersberg nach Welzheim und startet umgekehrt bei der Infotafel von Neptun, dem von der Sonne entferntesten Planeten. Für Variante zwei spricht, dass der Anfahrtsweg vom Raum Backnang aus näher ist und dass an der Laufenmühle ein großer Parkplatz zur Verfügung steht, während die Parkmöglichkeiten bei der Sternwarte begrenzt sind. Zudem findet sich an der Laufenmühle auch ein Infopavillon, der neben dem Planetenweg auch eine Übersicht über weitere Themenwege bietet.
Schwierigkeitsgrad: Der Planetenweg ist in eine Richtung etwa zwei Kilometer lang; die Erweiterung über die wildromantische Edenbachschlucht zu einem Rundweg ist lohnenswert und mit etwa 5,6 Kilometern noch überschaubar. Es sind 102 Höhenmeter zu bewältigen. Für größere Kinder durchaus machbar; die faszinierende Naturlandschaft lässt keine Langeweile aufkommen. Trittsicherheit und gutes Schuhwerk sind erforderlich.
Barrierefreiheit: Der Weg ist nicht barrierefrei und auch nicht kinderwagentauglich.
Infrastruktur: Bänke bei der Sternwarte laden zu einer Vesperpause ein. Einen Grillplatz gibt es am Laufenmühlen-Viadukt oder, nicht ganz einfach zu finden, am Ende des Edenbachtals im Wald. Einkehren kann man im Restaurant Laufenmühle, im Café-Restaurant Molina im Eins und Alles oder auch im Künstlercafé in der Klingenmühle. Es gibt keine öffentlichen Toiletten und kaum Internetanbindung.
Weiterführende Internetlinks: www.schwaebischerwald.com (Flyer zur Sternwarte und zum Planetenweg)
www.welzheim-aktiv.de (sehr empfehlenswert für die Tourenplanung im Vorfeld und zur Navigation unterwegs)