Neckar-Käpt’n stellt seine Flotte neu auf
Jens Caspar zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück. Die Tour nach Marbach wird beschränkt.
Von Uwe Bogen
Stuttgart - Als Jens Caspar Ende 2019 kurz vor der Pandemie mit zwei weiteren Investoren die Neckarflotte kaufte, die wegen roter Zahlen vor dem Aus stand, war der Chef des Maultaschenanbieters Herr Kächele im Glück. Damit, sagte er, erfülle sich sein Kindheitstraum. Als Cannstatter sei er mit seiner Großmutter oft auf dem Neckar gefahren. Der neue Betreiber wollte das Marketing verbessern und die Schiffe im Retrostil mit moderner Medien- und Küchentechnik umbauen. Sein Motto lautete damals: „Stuttgart feiert auf dem Neckar.“
Das Feiern gehört heute zu den lukrativen Teilen des Neckar-Käpt’n. Der neue Betreiber ließ sich etliche Event-Formate einfallen, die an vielen Nächten brummen. Dagegen führt eine Linienfahrt von Stuttgart nach Marbach zu Verlusten. Diese Route wird deshalb eingeschränkt, findet nur noch sonntags statt. Die Party ist trotzdem nicht vorbei, auch wenn sich der geschäftsführende Gesellschafter nun aus der operativen Betriebsführung zurückzieht, wie er unserer Redaktion mitteilt.
Enttäuscht ist Jens Caspar über die mangelnde Unterstützung der Stadt Stuttgart. Seit vielen Jahren verkünden Entscheidungsträger quer durch alle Parteien, der Fluss müsse an Aufenthaltsqualität gewinnen. Es blieb bei schönen Versprechungen. Stuttgart mit seinem Neckar zu versöhnen und die Stadt näher an ihn heranzurücken – davon ist bis heute wenig zu spüren.
Ausdrücklich lobt Caspar Ludwigsburg, Besigheim und Benningen. Dort gebe es eine „positive touristische Wahrnehmung des Neckars und eine gute Zusammenarbeit beim Marketing“, sagt er. Dies sei mit Stuttgart-Marketing leider nicht der Fall. Mit 57 Jahren, sagt er, sei es an der Zeit, Jüngere mit neuen Ideen ranzulassen. Der Eigentümer übergibt die Arbeit an drei Betriebsgesellschaften, deren Vertreter in dieser Woche nach seinen Worten die Verträge unterschrieben haben. Zum 1. Januar 2025 soll die neue Struktur des Neckar-Käpt’n greifen. Gekaufte Tickets und Gutscheine behalten ihre Gültigkeit.
Jens Caspar bleibt demnach mit den beiden anderen Investoren Besitzer der sieben Schiffe, verpachtet sie künftig an drei verschiedene Gesellschafter, die bisher schon in führenden Positionen als Betriebsleiter im Unternehmen tätig waren. Bei den drei Firmen handelt es sich um die MS Weinkönigin mit Sitz in Ludwigsburg, die MS Wilhelma/Neckarflair und die MS Partyfloß mit Sitz jeweils in Stuttgart. Ändern sich die Preise? „Das entscheiden die Betreiber selbst, damit habe ich nichts mehr zu tun“, sagt Caspar.
Aufgrund des Hochwassers und des Einbaus neuer Motoren ist der Umsatz des Neckar-Käpt’n in diesem Jahr zurückgegangen, sagt Jens Caspar: „2023 hatten wir 86 000 Besucherinnen und Besucher, in diesem Jahr sind es bisher etwa 78 000.“ Die neuen Betreiber wollen neue Formate für den Fluss entwickeln, kündigt der scheidende Geschäftsführer an.