Mehr Tempo für den Windrad-Ausbau: Neue Task Force

dpa Stuttgart. Der Bau von Windrädern in Baden-Württemberg ist eingebrochen. Die Genehmigungsverfahren sind lang, der Protest ist laut. Nun nimmt eine Task Force die Gesetze und die Bürokratie unter die Lupe und schaut, wo sich wie und bis wann etwas ändern lässt.

Windkraftanlagen hinter Feldern. Foto: Roland Weihrauch/dpa/Symbolbild

Windkraftanlagen hinter Feldern. Foto: Roland Weihrauch/dpa/Symbolbild

Mit einer Task Force aus Experten und Amtschefs will die Landesregierung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien aufs Tempo drücken und die Dauer der jahrelangen Planungsverfahren für Windräder mindestens halbieren. Es sei „zwingend notwendig, den Ausbau der erneuerbaren Energien radikal zu beschleunigen“, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach der Entscheidung des Ministerrats über den Start für die Task Force.

Die Abläufe für Planungen und Genehmigungen seien vor allem bei Windrädern viel zu schleppend. „Zwischen der Entscheidung des Projektierers, eine Anlage an einem konkreten Standort errichten zu wollen, und der Fertigstellung der Anlage vergehen zwischenzeitlich bis zu sieben Jahre und damit viel zu viel Zeit“, sagte Kretschmann. „Und es geht den Leuten immer mehr auf den Wecker, dass das so lange dauert.“

Landesumweltministerin Thekla Walter (Grüne) warb zudem um Verständnis und Toleranz unter anderem auch von Bürgerinitiativen, Naturschützern und betroffenen Anwohnern: „Wir brauchen eine höhere Akzeptanz für den Ausbau“, sagte sie am Dienstag in Stuttgart. Sie forderte „grundlegende Weichenstellungen“.

Einfachere Gesetze, bessere Werbung, schnellere Verfahren: Vorrangig soll die Task Force Konzepte erarbeiten, mit denen mehr Windräder im Land aufgestellt werden können. Das Lenkungsgremium soll aber auch die weiteren Bereiche der erneuerbaren Energien wie die Photovoltaik, die Bioenergie, die Wasserkraft und die tiefe Geothermie in den Blick nehmen.

Geplant sind unter anderem einheitliche Genehmigungsverfahren. „Es soll geprüft werden, welche Organisation am besten und am schnellsten zum Erfolg führt“, heißt es in dem beschlossenen Kabinettspapier. Hürden für die Prozesse sollten frühzeitig identifiziert und schnell behoben werden. Außerdem sollen Rechtsgrundlagen wie das Landesdenkmalschutzgesetz geprüft werden. Bis zum kommenden Dezember werde zudem untersucht, ob durch neue rechtliche Vorgaben Landschaftsschutzgebiete generell geöffnet und bestimmte Wasserschutzgebiete als Standorte genutzt werden können.

Ziel soll es laut Ministerium zudem sein, mit einer Vergabeoffensive bis Ende des Jahres Flächen für 50 bis 60 Standorte im Staatswald zu verpachten. Im kommenden Jahr sollen es weitere bis zu 120 Standorte über ein einfacheres Verfahren sein. Außerdem soll beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim ein eigener Infrastruktur-Senat eingerichtet werden, der sich nicht nur mit der Windkraft, sondern zum Beispiel auch mit Bahnvorhaben befassen kann. Die Zahl der Anfechtungen gegen Genehmigungsbescheide soll verringert und Widerspruchsverfahren unter Umständen auch abgeschafft werden.

Nicht nur beim Artenschutz baut die Task Force auf Reformen auf Bundesebene. Angestrebt werden könne zum Beispiel „die gesetzliche Privilegierung der Errichtung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien“.

Der Nabu (Naturschutzbund Deutschland) erinnerte dabei an die doppelte Bedeutung von Artensterben und Klimawandel. „Eine Task Force zur Beschleunigung der Energiewende und für einen schnelleren Ausbau der Windenergie muss sich daher auch um einen besseren Artenschutz kümmern“, sagte der Nabu-Landesvorsitzende, Johannes Enssle. „Beides gelingt nur gemeinsam.“ Baden-Württemberg müsse die besten Standorte für Windenergie nutzen und zugleich wichtige Rückzugsräume für gefährdete Arten schaffen und erhalten.

Auch der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) zeigte sich offen für Gespräche, er sieht aber nicht nur die Politik in der Pflicht: „Ob der Ausbau im erforderlichen Umfang gelingt, hängt jedoch von allen Beteiligten ab“, sagte die Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch. Interessensträger vom Denkmalschutz über den Straßenbau bis hin zur Flugsicherung müssten ebenso wie der Naturschutz schnell ihre Stellungnahmen abgeben und miteinander diskutieren.

Lob kam von der Opposition: „Es ist richtig, wenn sowohl die Abwägung mit Artenschutz und Landschaftsbild neu justiert wird, als auch Genehmigungs- und Einspruchsfristen auf den Prüfstand kommen“, sagte Gernot Gruber, der Sprecher für Energie und Klimaschutz der SPD-Landtagsfraktion.

Baden-Württemberg ist in den vergangenen Jahren beim Ausbau der Windkraft nicht besonders vorangekommen. Ende 2020 waren im Südwesten nur 731 Anlagen in Betrieb, das sind gerade einmal zwölf mehr als im Jahr zuvor. Zum Vergleich: In Niedersachsen stehen mehr als 6350 Windräder. Grün-Schwarz im Südwesten will die Windkraft deshalb schneller ausbauen. Derzeit dauert es zwischen sechs und sieben Jahren bis ein Windpark steht.

© dpa-infocom, dpa:211025-99-731888/5

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Erstellt:
26. Oktober 2021, 02:00 Uhr

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