Lage im Überblick

Neuer Anlauf für Waffenruhe im Gaza-Krieg

Nach der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah bemühen sich die Vermittler auch um ein Ende der Gewalt im Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln. Berlin pocht derweil auf mehr Hilfsgüter.

Der Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu löste international Kritik aus. (Archivbild)

© Ohad Zwigenberg/AP/dpa

Der Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu löste international Kritik aus. (Archivbild)

Von dpa

Tel Aviv/Gaza/Kairo - Während es in Syrien zu neuen Kämpfen kommt, unternehmen die Vermittlerstaaten im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas einen neuen Vorstoß für eine Waffenruhe. "Ich kann Ihnen keine Vorhersagen darüber machen, wie diese Vereinbarung aussehen oder wann sie zustande kommen wird. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir uns aktiv darum bemühen, sie zustande zu bringen", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, dem US-Sender NBC News. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wollte örtlichen Medienberichten zufolge am Abend darüber Sicherheitsberatungen abhalten. Eine Delegation der Hamas war zuvor in Kairo mit Vertretern des ägyptischen Geheimdienstes zu Gesprächen zusammengetroffen.

Nach Beginn der Waffenruhe im Libanon wächst die Hoffnung, dass auch im Gaza-Krieg bald die Waffen schweigen könnten. "Nun, da eine Einigung bezüglich der Nordgrenze zum Libanon erzielt wurde, ist es an der Zeit, einen Deal abzuschließen und die Geiseln nach Hause zu bringen", sagte der israelische Präsident Izchak Herzog bei einem Treffen mit Angehörigen einer der noch etwa 100 Geiseln. Nach mehr als einem Jahr Krieg dürften viele der Verschleppten nicht mehr leben. Die USA stünden in engem Kontakt mit den wichtigsten Akteuren in der Region, sagte Sullivan bei NBC News. Man hoffe, eine Waffenruhe und ein Geiselabkommen erreichen zu können, "aber so weit sind wir noch nicht", fügte er hinzu. 

Blinken spricht mit türkischem Kollegen 

US-Außenminister Antony Blinken sprach mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan neben der Lage in Syrien auch über die Notwendigkeit, den Krieg in Gaza zu beenden und die Freilassung aller Geiseln sicherzustellen, wie ein Ministeriumssprecher mitteilte. Die Hamas hatte zuletzt an ihren Forderungen festgehalten, darunter den vollständigen Rückzug der israelischen Armee. Israel will seine Truppen in strategischen Positionen in Gaza belassen. 

Israels Armee: Hisbollah-Tunnel unter Kirche

Derweil hält die nach mehr als einem Jahr heftiger gegenseitiger Angriffe vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz trotz gegenseitiger Vorwürfe vorerst weiter. Allerdings geriet Israels Armee nach eigenen Angaben im Süden des Libanons von einer Kirche aus unter Feuer der proiranischen Hisbollah. Die Hisbollah-Kämpfer seien getötet worden, hieß es. Unter der Kirche hätten die israelischen Soldaten anschließend einen Tunnel mit Waffen und Wohnräumen der Hisbollah entdeckt, teilte die Armee mit. Der Vorfall habe sich schon am Samstag ereignet. Wo genau sich die Kirche befand, blieb offen. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete von vereinzeltem israelischen Artilleriebeschuss im Südlibanon. Über Opfer wurde zunächst nichts bekannt. 

Netanjahu-Fall überschattet Konferenz von Weltstrafgericht

Unterdessen kommen heute in Den Haag die Vertragsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag zu ihrer Jahreskonferenz zusammen, nachdem die Richter kürzlich Haftbefehle gegen Netanjahu und Israels Ex-Verteidigungsminister Joav Galant erlassen hatten. Es ist der erste Haftbefehl des Weltstrafgerichts gegen einen westlichen, demokratisch gewählten Regierungschef. Bei westlichen Mitgliedsstaaten und Verbündeten Israels gibt es Kritik an der Entscheidung. Die Frage, ob die Bündnistreue zu Israel höher zu bewerten ist als das internationale Recht, droht das Gericht zu schwächen. Netanjahu und Galant wird unter anderem das Aushungern der Zivilbevölkerung in Gaza vorgeworfen.

Berlin: Israel muss mehr humanitäre Hilfe in Gaza zulassen

Das Auswärtige Amt in Berlin rief Israel mit deutlichen Worten auf, mehr Hilfen für die Menschen in dem abgeriegelten Küstenstreifen zu ermöglichen. "Israel ist hier in der Pflicht, seine Versprechen, Gaza mit humanitärer Hilfe zu fluten, nun endlich einzulösen und ausreichend humanitären Zugang zu allen Zeiten zu gewähren. Dafür gibt es keine Ausreden", sagte Staatsminister Tobias Lindner (Die Grünen) vor seiner Abreise zu einer Gaza-Konferenz in Ägypten. Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungersnot in Gaza.

Kurz zuvor hatte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA mitgeteilt, dass die wichtigste Route für Hilfslieferungen durch den Grenzübergang Kerem Schalom aus Sicherheitsgründen vorerst nicht mehr genutzt werde. Mitte November war ein dort gestarteter großer Hilfskonvoi von bewaffneten Banden geplündert worden. Am Samstag seien erneut einige Lastwagen mit Lebensmitteln entwendet worden, schrieb UNRWA-Chef Philippe Lazzarini auf X. Israel als Besatzungsmacht müsse für den Schutz von humanitären Helfern und für den Nachschub an Hilfsgütern Sorge tragen. Israel betont, es lasse genügend Hilfe nach Gaza, die von den internationalen Hilfsorganisationen aber nicht effektiv verteilt werde.

Ex-Verteidigungsminister spricht von "ethnischer Säuberung" in Gaza  

Der ehemalige israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon warf seinem Land sogar "ethnische Säuberung" vor. Im israelischen Kan-Sender sprach er von angeblichen Plänen Israels, die palästinensischen Einwohner des nördlichen Gazastreifens zu vertreiben und dort israelische Siedlungen zu errichten. Er spreche im Namen israelischer Kommandeure. Die rechtskonservative Regierungspartei Likud sprach von "bösartigen Lügen". Rechtsextreme Mitglieder der Regierung hatten sich mehrmals für eine Rückkehr israelischer Siedler in den Gazastreifen ausgesprochen, dies ist aber bisher keine offizielle Regierungspolitik.

Ägypten war neben dem Golfemirat Katar und den USA in den vergangenen Monaten als Vermittler in die Gespräche über eine Waffenruhe in dem abgeriegelten Küstenstreifen involviert, da Israel und die Hamas aus Prinzip keine direkten Verhandlungen miteinander führen. Zuletzt waren die Vermittlungsgespräche jedoch erneut ins Stocken geraten. 

Trump macht Boulos zum Nahost-Berater

Der designierte Nachfolger von US-Präsident Biden, Donald Trump, strebt einem Medienbericht zufolge noch vor seinem Amtsantritt am 20. Januar eine Waffenruhe und die Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln an. Der republikanische Senator und Trump-Unterstützer Lindsey Graham sagte dem Nachrichtenportal "Axios", Trump wolle eine schnellstmögliche Einigung erreichen, am besten noch vor seinem Einzug ins Weiße Haus. Zu seinem künftigen Berater für die arabischen Länder und den Nahen Osten ernannte Trump derweil den Geschäftsmann Massad Boulos. Dieser stammt aus dem Libanon und ist der Vater von Michael Boulos (27), der mit Trumps jüngster Tochter Tiffany (31) verheiratet ist.

Das Auswärtige Amt in Berlin rief Israel auf, mehr Hilfen für die Menschen im umkämpften Gazastreifen zu ermöglichen. (Archivbild)

© Abed Rahim Khatib/dpa

Das Auswärtige Amt in Berlin rief Israel auf, mehr Hilfen für die Menschen im umkämpften Gazastreifen zu ermöglichen. (Archivbild)

Laut dem US-Sicherheitsberater Sullivan gibt es neue Bemühungen um eine Waffenruhe in Gaza. (Archivbild)

© Susan Walsh/AP/dpa

Laut dem US-Sicherheitsberater Sullivan gibt es neue Bemühungen um eine Waffenruhe in Gaza. (Archivbild)

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Erstellt:
2. Dezember 2024, 04:56 Uhr

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