Notfall Aortenaneurysma: Wenn ein Blutgefäß zu platzen droht
In der Gefäßchirurgie des Rems-Murr-Klinikums Winnenden werden Tag für Tag Schwachstellen in den Schlagadern behandelt.

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Für präzise Eingriffe liefern Angiografie, Computer- oder Magnetresonanztomografie im Hybrid-OP hoch aufgelöste Bilder aus dem Inneren der Blutgefäße. Foto: RMK
Winnenden. Wenn ein Blutgefäß im Körper schwach wird und zu reißen droht, rüstet sich das OP-Team für den Notfall. Heinz-Georg Emunds, Chefarzt Gefäßchirurgie und endovaskuläre Gefäßtherapie am Rems-Murr-Klinikum Winnenden, steht so oft wie möglich selbst mit am Tisch, um gefährlich anschwellende Arterien zu stabilisieren oder Risse zu reparieren, die sich schlagartig in einem Gefäß zeigen. „Bei so einer krankhaften Ausbuchtung einer großen Körperschlagader sprechen wir von einem Aortenaneurysma“, sagt Emunds, der Aneurysmen an Bauchschlagader, Becken- oder Beinschlagader aufspürt und behandelt. Unentdeckt kann ein Aortenaneurysma nämlich zur lebensbedrohlichen inneren Blutung führen – vergleichbar einem geplatzten Aneurysma in den Blutgefäßen des Gehirns, das einen Schlaganfall auslöst. „Deshalb ist es auch bei Aortenaneurysmen wichtig, dass wir sie früh erkennen und die Gefäße stabilisieren können. Dafür sind wir hier in Winnenden hervorragend ausgerüstet“, sagt Emunds.
Blutgefäße sind die Lebensadern unseres Körpers und Versorgungsleitungen, in denen Nährstoffe sowie Sauerstoff zu allen Organen fließen. Probleme in dieser Leitung machen sich früher oder später bemerkbar – sei es als Durchblutungsstörung wegen gefäßverengender Arterienverkalkung (Arteriosklerose) oder als Blutung nach Gefäßriss. Manchmal hängt beides zusammen, weil auch Ablagerungen in der Gefäßwand dazu führen können, dass sich im Lauf des Lebens ein Aneurysma bildet – falls die Schwachstelle im Gefäß nicht bereits angeboren ist. Daher sind alle Risikofaktoren für Arteriosklerose auch für die Entstehung eines Aneurysmas relevant.
Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Fettleibigkeit oder mangelnde Bewegung sowie Alter und individuelle Veranlagung bestimmen, wie stark sich unsere Gefäße mit der Zeit verändern. Kaum ein Mensch bleibt komplett verschont, weiß Emunds: „Ab einem gewissen Alter haben wir alle in der einen oder anderen Form damit zu tun.“
Doch wie bemerkt man ein Aortenaneurysma? Sichtbar wird es per Ultraschalluntersuchung, die den Durchmesser etwa der Bauchschlagader misst. Ist die Ausbuchtung drei Zentimeter oder größer, liegt ein Aneurysma vor. Typische Alarmzeichen sind plötzliche Rücken-, Flanken- und Bauchschmerzen. Sie deuten auf ein akutes Wachstum der Ausbuchtung. Droht das Gefäß zu reißen, werden Patientinnen und Patienten innerhalb eines Tages operiert.
Welche Methode die Ärzte anwenden, hängt unter anderem davon ab, ob Gefahr im Verzug ist. „Mithilfe modernster Bildgebung können wir krankhafte Gefäßveränderungen zunächst einmal darstellen und auf dieser Basis möglichst schonende individuelle Therapiekonzepte erarbeiten“, sagt Emunds. „Häufig findet das in einer Kombination aus klassischer offener Gefäßchirurgie und minimalinvasiven endovaskulären Verfahren statt. Dazu arbeiten wir in unserem interdisziplinären Gefäßzentrum eng mit anderen Fachabteilungen wie Kardiologie, Neurologie und Radiologie zusammen.“
Zur hochmodernen Technik gehört im Rems-Murr-Klinikum ein Hybrid-OP. „Damit können wir Gefäßsegmente gut darstellen und therapeutisch optimal angehen. Gleichzeitig ist dieser moderne OP-Saal mit Strahlendosisreduktion und Strahlenschutztechnik ausgestattet, sodass die Patienten mit so wenig Strahlenbelastung wie nötig operiert werden“, sagt Emunds. pm