Nur drei Spielhallen sollen übrig bleiben
Die nun in Kraft getretenen Regelungen des Landesglücksspielgesetzes haben zur Folge, dass auch in Backnang Spielhallen dichtmachen müssen. Sie können die geforderten Abstände untereinander sowie zu Schulen und Jugendeinrichtungen nicht einhalten.
Von Matthias Nothstein
BACKNANG. Seit Jahren ist klar, dass die Regelungen des Landesglücksspielgesetzes aus dem Jahr 2012 für mehrere Spielhallen in Backnang das Aus bedeuten. Das Gesetz ist nun zum 1. Juli in Kraft getreten. Einige Spielhallen haben bereits geschlossen, andere haben noch Bestandsschutz bis 2032, weil sie schon vor der Gesetzesverabschiedung genehmigt waren, eine kämpft noch um die Zulassung. So sind derzeit in Backnang nur noch vier Glücksspielstätten in Betrieb. Zum Vergleich: 1989 waren es zwölf Spielhallen, im Jahr 2017 immerhin noch acht.
Die Regeln wurden bereits im Jahr 2012 beschlossen. Sie sehen für die Genehmigung von Spielhallen bestimmte Voraussetzungen vor, so existiert etwa eine Mindestabstandsregel. Demnach müssen Spielhallen untereinander sowie zu Schulen und Jugendeinrichtungen mindestens 500 Meter Abstand haben. Viele Spielhallen erfüllen diese Bedingung nicht, sie müssen folglich schließen.
Dass die von der Novelle betroffenen Spielhallen in der Vergangenheit überhaupt noch geöffnet haben durften, verdanken sie einer Übergangsregelung des Gesetzgebers. Aber auch diese Schonfrist für die Spielhallen ohne Bestandsschutz ist am 30. Juni endgültig ausgelaufen. Das Damoklesschwert, das in all den Jahren über den Spielhallen hing, hat seine Wirkung nicht verfehlt. So erklärt etwa Christopher Heck vom Gemeindetag Baden-Württemberg: „Schon allein dieser Umstand hat zu einer Reduktion der stationären Glücksspielangebote geführt.“ In Backnang hat zum Beispiel die Spielhalle Casinothek in der Talstraße 35 schon Ende September vergangenen Jahres geschlossen. Das „Playtime“ in der Aspacher Straße 57 ist seit Ende März dieses Jahres Geschichte. Und auch die Spielhalle im Erdgeschoss des Gebäudes Kesselgasse 15/17 ist bereits dicht. Eine Etage darüber können Spieler hingegen ihrer Leidenschaft in der „Spiel Arena“ noch frönen. Ebenso im „Billard-Café“ in der Stuttgarter Straße 89 oder im „Monte Carlo“ in der Industriestraße 4/1.
Die Frage nach der Zukunft einer vierten Spielhalle ist derzeit offen.
Im Gegensatz dazu ist noch offen, wie es mit einer weiteren Spielhalle in der Aspacher Straße weitergeht. Aktuell gibt es bei der Stadt Backnang einen Antrag, diese weiterhin zu genehmigen. Gisela Blumer, die Leiterin des Rechts- und Ordnungsamtes Backnang, möchte zu dem laufenden Verfahren keine Aussage treffen. Ganz allgemein erklärt sie jedoch: „Wir gehen davon aus, dass es bei drei Spielhallen bleiben wird.“
Dass Spielhallen Bestandsschutz haben, hängt mit einem Urteil des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg aus dem Jahr 2014 zusammen. Dieses sprach den Betrieben, die bereits vor der Verabschiedung des Landesglückspielgesetzes existiert haben, eine Verlängerung der Genehmigung von 15 Jahren zu, längstens jedoch bis 2032. Der Inhaber des Betriebs in der Stuttgarter Straße hat zum Beispiel seit 2011 eine Lizenz, die Anfänge der Spielhalle gehen gar auf das Jahr 1986 zurück, wenngleich unter einem anderen Inhaber. Ähnlich verhält es sich mit der Spielhalle in der Industriestraße. Seit 2003 liegt dort eine Lizenz des jetzigen Inhabers vor, den Betrieb selbst gab es schon in den 90er-Jahren.
Dass ein Betrieb in der Kesselgasse bereits geschlossen hat, liegt daran, dass Mehrfachspielhallen in einem Gebäude nicht mehr zulässig sind. Die Zeichen stehen aber gut, dass die noch geöffnete Spielhalle im ersten Stock weiterhin eine Genehmigung erhält. Wobei – ganz sicher ist dies nicht, da die Spielhalle in der Aspacher Straße, für die eine Lizenz beantragt wurde, näher als 500 Meter liegt. Sollte die Lizenz erteilt werden, müsste die Stadt eine Auswahl treffen. Die Kriterien, die dann den Ausschlag geben, sind vielfältig und im Staatsvertrag definiert. Neben den Abständen zu den nächsten Jugendeinrichtungen oder Schulen – Grundschulen zählen nicht – spielt auch das Sozialkonzept eine Rolle. Für die Bewertung dieses Konzepts ist das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Gisela Blumer erklärt mit Blick auf diese knifflige Entscheidung: „Wir müssten dann eine Abwägung vornehmen und das machen wir dann auch.“
Grundsätzlich ist die Leiterin des Rechts- und Ordnungsamts der Auffassung, dass für eine Stadt von der Größe Backnangs auch mehr Spielhallen tolerabel seien, „insofern die Interessenten einen geeigneten Platz finden“. Aktuell wird in Backnang das Vergnügungsstättenkonzept aktualisiert. Es regelt, wo was geht. Die Festlegungen dieses Konzepts finden dann Einzug in die künftigen Bebauungspläne. Und auch Christopher Heck vom Gemeindetag betont: „Für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden ist klar, dass legale Formen des Glückspiels an enge Vorgaben des Kinder- und Jugendschutzes sowie des Spielerschutzes und der Suchtprävention geknüpft sein müssen.“ Er gibt jedoch auch zu bedenken: „Allerdings lässt sich ein derart ordnungsrechtlicher Ansatz kaum mit planungsbezogenen Aspekten wie einem Vergnügungsstättenbebauungsplan verzahnen.“ Daher habe der Gemeindetag beim Land für eine politische Diskussion darüber geworben, von der Länderöffnungsklausel bei den Mindestabstandsregelungen dahingehend Gebrauch zu machen, „dass Kommunen aufgrund regionaler und städtebaulicher Belange in Baden-Württemberg Abweichungen machen können“. So sollten bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für das Stadt- oder Gemeindegebiet oder auch für Teilgebiete Ausnahmen ermöglicht werden können.
Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland ist ein Vertrag zwischen allen 16 deutschen Bundesländern. Der neue Vertrag ist am 1. Juli 2021 in Kraft getreten. Damit werden bundeseinheitlich die Rahmenbedingungen für die Veranstaltung von Glücksspielen geschaffen.
Der Glücksspielstaatsvertrag trat am 1. Januar 2008 in seiner ursprünglichen Fassung in Kraft, wurde aber drei Jahre später wegen Verfahrensfehlern widerrufen. Seine wesentlichen Bestimmungen galten aber nach der Unterzeichnung eines Glücksspieländerungsvertrags in den Ländern – mit Ausnahme Schleswig-Holsteins – bis zum Inkrafttreten eines neuen Staatsvertrags fort.
Im Frühjahr 2020 einigten sich die Bundesländer auf eine Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags. Hintergrund ist, dass bisher illegale Glücksspiele im Internet wie Online-Poker künftig erlaubt sein sollen. Auch sind strenge Regeln zum Spielerschutz geplant.