Oase der Ruhe in einer schnellen Welt
Das aus Indien stammende Yoga hat hier schon vor vielen Jahren Wurzeln geschlagen. Die Angebote sind vielfältig und die Nachfrage scheint ungebrochen. Auch an der Volkshochschule in Backnang gibt es viel zu entdecken, von Yoga für die Wirbelsäule bis hin zu Lachyoga im Wald.

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Yogalehrerin Sabine Laube gibt ihren Schülern die „Asanas“ mit entsprechender Atemtechnik vor, hier in Weissach im Tal. Foto: A. Becher
Von Anja La Roche
Backnang. Einatmen, Kobra, ausatmen, herabschauender Hund – wer schon einmal eine Yogastunde besucht hat, der weiß genau, was diese Begriffe bedeuten. Und das dürften nicht wenige sein, denn Yoga erfreut sich in Deutschland einer zunehmenden Beliebtheit. 2018 sollen 16 Prozent der deutschen Bevölkerung bereits Yoga praktiziert haben, so eine repräsentative Studie des Berufsverbands der Yogalehrer. Allein in Backnang gibt es mindestens zehn Yogastudios, die Volkshochschule bietet im aktuellen Semester 37 Kurse beziehungsweise Workshops zum Thema Yoga an; die Nachfrage ist groß.
Fasziniert von Yoga ist auch Sabine Laube. Sie unterrichtet unter anderem Hatha-Yoga an der VHS in Backnang und stellt klar: Yoga in unserer westlichen Kultur unterscheidet sich massiv vom Yoga in dessen Ursprungsland Indien. Es handle sich eigentlich um eine von Mönchen entwickelte philosophische Lehre, die eine Reihe von geistigen und körperlichen Übungen umfasst. Dabei sei das Ziel, zu einer Einheit mit sich und seiner Umwelt zu gelangen oder auch im erweiterten Sinne zur Erleuchtung. In unserer schnelllebigen Gesellschaft scheint diese altindische Lebensphilosophie zu fruchten, wenn auch nur in stark abgespeckter Form: Atemtechnik, Meditation, Körperübungen sowie spirituelle Elemente formen hierzulande eine Fülle an unterschiedlichen Yogarichtungen, die einen Gegenpol zum leistungsorientierten und schnellen Alltag bilden können.
Yoga als lebenslanger Lernprozess
Sabine Laube kann verstehen, wieso Yoga in den vergangenen Jahrzehnten gerade in unserer Welt so einen Boom erfahren hat: Es senke den Stress und sei in vielerlei Hinsicht gesund und bereichernd. Immerhin ist sie selbst vor einigen Jahren in seinen Bann gezogen worden. „Ich bin damals mit meiner Mutter zur Yogastunde gegangen. Das war immer die schönste Stunde in der Woche“, erzählt Laube und berichtet von Glückshormonen und einer Beschwingtheit, welche der Yogakurs in ihr ausgelöst hatte. 2017 entschied sie dann, eine Ausbildung zur Yogalehrerin zu machen, und unterrichtet seitdem an der VHS. Sie merkte, dass das Praktizieren des Yogas ihr guttat, insbesondere als Ausgleich zu ihrem stressi gen Hauptberuf in der Reisebranche. Dabei sei ihre Auseinandersetzung mit Yoga stets nur ein Kratzen an der Oberfläche einer fremden Kultur. „Es ist ein lebenslanger Lernprozess“, so die Yogalehrerin.
Als Leiterin der VHS unterstützt Monika Eckert die vielen Yogaangebote. Denn sie sieht wie auch die Sabine Laube besonders den gesunden Effekt des Yogas auf den Körper und die Psyche als gewinnbringend für die Kursteilnehmer. „Es geht bei uns nicht um die Leistung, sondern um die Gesundheit“, sagt Eckert. Gerade vom kommerziellen amerikanischen Yoga möchte sich die VHS-Leiterin distanzieren. „Wir wollen weg von diesem körperbetonten, durchgestylten Yoga. Viele werden durch die Idealvorstellungen gehemmt.“ Der Leistungsgedanke widerspreche der Yogaphilosophie, das bestätigt auch Sabine Laube. Vielmehr gehe es um bewusstes Leben, im Einklang mit sich und der Umgebung. „Es geht um die Einheit von Körper, Geist und Seele“, erklärt Sabine Laube.
Besser atmen und besser schlafen
Die positiven Effekte auf die Gesundheit sind es, welche das Yoga auch für Menschen ohne spirituelle Ader interessant macht. „Viele Menschen haben verlernt, richtig zu atmen“, sagt Sabine Laube. Durch das „Pranayama“ im Yoga, der Zusammenführung von Körper und Geist durch die Atmung, kann eine bessere Atemtechnik erlangt werden. Das könne unter anderem bei Asthma, Schlafstörungen und Stress helfen, so Laube. „Der Körper beruhigt sich durch die Atmung, das Gehirn wird besser durchblutet.“ Auch das Immunsystem könne so gestärkt werden. Und einem weiteren Problem unserer Gesellschaft wirkt Yoga entgegen: dem Bewegungsmangel. So wird in der Yogapraxis unter anderem die Wirbelsäule mobilisiert, die Energieachse des Körpers, wie Laube sagt. Das könne zum Beispiel einem Bandscheibenvorfall vorbeugen.
Seit Monika Eckert im Jahr 2008 die Leitung der VHS Backnang übernommen hat, nimmt sie eine starke Nachfrage für die Yogakurse wahr. Doch das Angebot habe sich seither gewandelt: „Die verschiedenen Varianten haben zugenommen.“ So gibt es an der VHS inzwischen neben dem weitverbreiteten Hatha-Yoga auch Curvy-Yoga für fülligere Menschen, Yoga auf dem Stuhl für körperlich eingeschränkte oder betagte Personen, Yoga für Schwangere, Lachyoga und vieles mehr. „Wir wollen möglichst viele Menschen mitnehmen, egal welches Alter oder welchen Körper sie haben“, sagt Monika Eckert. Wer seine Kinder an Yoga heranführen möchte, findet auch dafür einen geeigneten Kurs – allerdings nicht an der VHS, sondern bei einem privaten Studio in Aspach-Rietenau.
In ihren eigenen Kursen versucht Yogalehrerin Sabine Laube ihren Schülern auch immer etwas aus der indischen Lehre mit auf den Weg zu geben. Das vom Yoga bekannte „Namaste“ beispielsweise ist eine Grußformel aus dem asiatischen Raum und bedeutet so viel wie „Ich verneige mich vor dir“, erklärt Sabine Laube. Sie sieht darin einen weiteren wichtigen Aspekt für ihre Yogapraxis: „Es geht darum, gegenseitig voneinander zu lernen.“
Aus welchen Gründen auch immer man sich dazu entscheidet dem Trend anzuschließen und Yoga zu praktizieren, man kann vor allem eines lernen: zur Ruhe zu kommen. Daher schließt eine Yogastunde bei Sabine Laube auch mit dem sogenannten „Shavasana“. Das bedeutet übersetzt „Totenstellung“ und sollte auch den letzten quälenden Gedanken an den stressigen Alltag zerfließen lassen. Namaste.
Das Semester an der VHS läuft bereits. Doch bei einigen Kursen sind noch Anmeldungen möglich. Mehr Informationen gibt es unter www.vhs-backnang.de.
Für Kurse im Hatha-Yoga kann man sich noch für die Warteliste anmelden, doch die Kurse beginnen bereits heute. Ansonsten muss man sich bis kommendes Semester gedulden. Beim Hatha-Yoga erwartet die Teilnehmer eine anfängertaugliche Mischung aus Entspannung und Bewegung, fern von Leistungsgedanken.
Immer wieder gibt es Yogakurse in der Natur. Zum Beispiel sind für diesen Freitag noch Plätze bei einer stillen Wanderung mit Meditation im Schwäbisch-Fränkischen Wald frei. Im April bietet die VHS zudem Yoga im Plattenwald sowie Yoga auf der Wiese in Weissach im Tal an. Das bewusste Erleben der Natur steht hierbei im Vordergrund. Auch ein Lachyogakurs findet an der frischen Luft in Backnang statt. „Lachyoga ist vielleicht etwas speziell, aber Lachen ist gesund und löst“, sagt die VHS-Leiterin Eckert.
Freie Plätze gibt es auch noch am 26. März für einen Workshop über Lu Jong, tibetisches Yoga. Kochbegeisterte können sich zudem für einen Kurs in vegetarischindischer Küche am 2. April anmelden. Man kommt allerdings nur auf die Warteliste.