Ohne Deutschland fährt er zur WM
Dietmar Meyer hatte schon die Tickets bis zum Endspiel – Doch „Die Mannschaft“ macht ihm einen Strich durch die Rechnung
Für den Rietenauer war es klar: Die deutsche Nationalmannschaft erreicht das Endspiel, und er begleitet sie auf den Stationen in der Zwischenrunde bis zum Finale in Moskau. Einzig Jogis Jungs spielten bei dieser Planung nicht mit und schieden durch die Niederlage gegen Südkorea bereits in der Gruppenphase aus. Was das nun für ihn bedeutet, schildert Dietmar Meyer der Backnanger Kreiszeitung.

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Dietmar Meyer und seine Frau Gerlinde Meyer fieberten mit der Nationalmannschaft mit, doch alles Daumendrücken half nichts. Dennoch will Meyer nach Russland reisen, jetzt greift Plan C... Foto: T. Sellmaier
Von Andreas Ziegele
ASPACH. „Ich bin schockiert, enttäuscht und frustriert“, sagt Dietmar Meyer am Morgen danach und ergänzt: „Eine Nacht reicht hier nicht, um das zu verarbeiten und den Kopf wieder frei zu kriegen von dem, was sich am Abend zuvor ereignet hatte. Für ihn ist durch das Ausscheiden in der Vorrunde ein kleiner Traum geplatzt. Durch seine Mitgliedschaft im „Fan-Club Nationalmannschaft“ hatte er über das Losverfahren der Fifa Zusagen für die Tickets für alle Ausscheidungsspiele mit deutscher Beteiligung. Sein Plan war klar: Deutschland wird Gruppenerster und dann geht’s am Dienstag zum Achtelfinale nach Sankt Petersburg, weiter zum Viertelfinale in Samara und zum Halbfinale und Endspiel nach Moskau.
So buchte der Rietenauer Unternehmer und Geschäftsführer der Solmey GmbH seine Flüge von und nach Frankfurt und die entsprechenden Inlandsflüge in Russland. Die Tickets für die Spiele hätte es dann vor Ort gegeben, auch nach Hotels hatte er sich im Internet umgesehen. „Übernachtungen habe ich noch keine gebucht, da nach meiner Recherche noch genügend Hotelkapazitäten zur Verfügung stehen.“ Auch für den Fall, dass es „nur“ zum Spiel um den dritten Platz für die deutsche Nationalmannschaft gereicht hätte, war er vorbereitet: „Dann wäre ich mit der Bahn von Moskau nach Sankt Petersburg gefahren“, so Meyer. Nach den schwachen Auftritten und noch vor dem Spiel gegen Südkorea „habe ich einen Plan B entwickelt“. Dieser sah Deutschland als Gruppenzweiten und „ich wäre dann eben zuerst nach Samara und dann nach Kasan geflogen“.
24 Stunden nach dem Aus „Der Mannschaft“ hat der Hardcore-Fan aus Rietenau, der im Übrigen auch fleißig in der BKZ-Bundestrainer Facebook-Gruppe mitdiskutiert, dann doch noch einen Plan C entwickelt. Da die Flüge schon bezahlt und nicht stornierbar sind und er eine sogenannte Fan-ID hat, wird er sich am Sonntag auf den Weg nach Russland machen. Die Fan-ID ermöglicht das visumfreie Einreisen, die kostenfreie Nutzung der Transportmittel zu den Stadien und die Berechtigung, Karten zu erwerben.
Und das wird er dann versuchen: Schweiz gegen Schweden statt Schweiz gegen Deutschland ist eine der Begegnungen, die er sich gerne anschauen würde. In Sotschi, dort wo sich die deutsche Mannschaft am wohlsten gefühlt hat, wird er ebenfalls versuchen, an Karten zu kommen. „Und dann bleibt einem ja auch noch Sightseeing“, wie er sagt, um aus dem Schlechten doch noch etwas Gutes zu ziehen. Sein deutsches Heim- und Auswärtstrikot wird auf jeden Fall im Gepäck sein. „Da kommt man dann auch schnell in Gespräche vor Ort“, weiß der erfahrene Auswärtsfahrer der Nationalmannschaft. Die Niedergeschlagenheit ist aber noch immer aus seiner Stimme zu hören.
Vor vier Jahren war er bei
allen Gruppenspielen
in Brasilien dabei
Dietmar Meyer, der früher selbst als Stützpunkttrainer für den DFB gearbeitet und mit der deutschen Nationalmannschaft schon einiges erlebt hat, erzählt: „Vor vier Jahren war ich bei allen Gruppenspielen in Brasilien dabei.“ Damals war er ohne Eintrittskarten nach Südamerika gereist, konnte diese aber ohne Probleme vor Ort kaufen. Auch in Polen beim Qualifikationsspiel zur diesjährigen WM war er vor Ort. Dass er Heimspiele der Nationalmannschaft besucht, muss an dieser Stelle nicht mehr erwähnt werden. „Der deutsche Fußball muss sich nun noch mal richtig überdenken“, zieht Meyer sein Fazit für diese WM. Die Trainerfrage muss aus seiner Sicht auch genauestens analysiert werden, um zu klären, ob es überhaupt möglich ist, mit Joachim Löw als Trainer weiterzumachen. „Denn mittlerweile können auch die sogenannten kleinen Fußballnationen mithalten.“ Besonders geärgert hat er sich über den, wie er sagt, „Schlafwagenfußball“ und die „Das klappt schon wieder“-Mentalität der deutschen Mannschaft. Treu bleiben will er dem DFB-Team aber auch in der Zukunft. Nach dem Ausscheiden von Deutschland ist sein Weltmeistertipp nun Frankreich. Aber er hat sich in dieser Sache schon einmal geirrt.