Optikerin aus Unterweissach: „Der Trend geht zur Zweit- oder Drittbrille“

Brillen sind schon seit vielen Jahren nicht nur bei denen beliebt, die sie wegen einer Sehschwäche tragen müssen. Die Modelle jedoch scheiden die Generationen und immer wieder verändern sich die Trends. Vergessen geglaubte Retrogestelle sind plötzlich wieder in Mode.

Farben sind wieder in, sagt Augenoptikermeisterin Helene Holzwarth, Inhaberin von Stegmeyer Augenoptik in Unterweissach. Foto: T. Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Farben sind wieder in, sagt Augenoptikermeisterin Helene Holzwarth, Inhaberin von Stegmeyer Augenoptik in Unterweissach. Foto: T. Sellmaier

Von Carolin Aichholz

Rems-Murr. Sehhilfen haben sich vom notwendigen Übel zum modischen Accessoire entwickelt. Viele Kundinnen und Kunden legen sich inzwischen sogar eine Auswahl an verschiedenen Gestellen zu. „Der Trend geht zur Zweit- und Drittbrille“, sagt Helene Holzwarth, die vor einem Jahr das Optikergeschäft Stegmeyer in Unterweissach übernommen hat.

Da die Brille jedoch zu einer Vielzahl
an Outfits und unterschiedlichen Anlässen passen soll, entscheiden sich laut der Optikerin jedoch viele Kunden immer noch für ein klassisches Brillengestell. „Schwarz-markante Fassungen und runde oder mehreckige Gestelle mit schmalen Metallfassungen passen zu vielen Gesichtern gut und werden schon seit Jahren gerne gekauft“, sagt die Optikerin. „Und mit 25 Jahren Berufserfahrung erkenne ich auch ganz gut, welche Brille zu welchem Gesicht passt.“ Der Augenabstand spielt dabei eine Rolle oder auch die Kopfform der Kundinnen und Kunden. Oft ist das erste Gestell, zu dem Helene Holzwarth für ihre Kunden greift, schon ein Treffer.

Die Trends können dabei modisch weit auseinandergehen: „Aktuell bieten viele Firmen durchsichtige Brillengestelle an“, erzählt Katharina Oswald, Auszubildende im dritten Lehrjahr bei Binder Optik in Backnang. „Diese Gestelle können auch ziemlich breit sein, durch die farblose Optik wirken sie aber nicht so wuchtig.“

Die Brille muss zum Typ passen

Die Sehhilfe fungiert dabei oft als modisches Statement und soll die eigene Persönlichkeit individuell unterstreichen. „Dafür haben wir natürlich auch besondere und eher knallige Brillen im Angebot“, sagt Helene Holzwarth. Eine erste Bestellung mehrfarbiger Brillen war in Unterweissach beispielsweise ziemlich schnell ausverkauft. „Aber auch die müssen einfach zum Typ passen. Eine Brille darf die Menschen nicht verkleiden.“

An die bunten Modelle trauen sich eher die Kundinnen und Kunden ab 40 Jahren aufwärts, beobachtet Katharina Oswald in Backnang. Die Jüngeren bevorzugen eher feine, metallische Gestelle, weniger bunte Kunststoffgestelle.

Dabei kommen Trends auch immer wieder zurück: Brillen mit Doppelsteg und Hornbrillen erleben derzeit ebenso ein Revival wie die sogenannten Schmetterlingsbrillen mit ihren breiteren und verstärkten oberen Ecken. Die von Ray Ban erfundene Pilotenbrille ist fast schon ein zeitloser Klassiker und vor allem bei den Sonnenbrillen noch immer ein beliebtes Modell.

Kontaktlinsen bieten zwar einige Vorteile gegenüber Brillen. Sie lassen sich zum Beispiel bei schlechtem Wetter, im Freibad oder beim Sport ohne Beeinträchtigungen tragen. Aber: „Eigentlich brauchen auch Kontaktlinsenträger eine Brille für den Notfall oder falls die Linsen aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend nicht getragen werden können. Da reicht schon eine Bindehautentzündung“, sagt Sabine Kurz, Augenoptikergesellin bei Optik Jaudes in Backnang. Mindestens eine Back-up-Brille sollten Personen, die auf eine Sehhilfe angewiesen sind, also immer noch zu Hause haben. Allergiker oder Menschen mit empfindlichen Augen sind mit dem Tragen einer Brille dabei auf der sicheren Seite.

Darum sind eine gründliche Anamnese und eine gute Beratung bei den Sehhilfen so wichtig, findet Sabine Kurz. „Brillen sind immer etwas sehr Individuelles, da muss alles passen und am wichtigsten ist natürlich, dass sie am Ende dem Kunden gefällt.“ Auch das Gewicht der Brille und die Dicke der Gläser spielen für viele Kunden eine große Rolle in der Kaufentscheidung.

Blaulichtfilter brauchen nicht alle

Etwas umstrittener ist der Verkauf von Brillengläsern mit sogenanntem Blaulichtfilter. LED-Strahlung von Smartphones, Tablets, Computermonitoren oder Energiesparlampen enthält einen hohen Blauanteil. Das blaue Licht steuert quasi unsere innere Uhr und stellt sie von Nacht auf Tag. Blaulicht vor dem Schlafen könnte beim Eintreffen auf die Netzhaut bestimmte Zellen aktivieren und die Produktion des Schlafhormons Melatonin hemmen.

Ob man Blaulichtfilter in den Brillengläsern als sinnvoll erachtet, bezeichnet Sabine Kurz als eine Philosophiefrage. Tatsächlich sind der Einfluss des blauen Lichts aufs menschliche Gehirn und die Wirkung der Brillengläser nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Menschen, die viel am Bildschirm arbeiten, könne man sie empfehlen. „Aber bei einem Landschaftsgärtner würde ich nicht sagen, dass er sie dringend braucht“, sagt Sabine Kurz. Vor dem Sonnenlicht sind die empfindlichen Augen durch UV-Filter, die sowieso in allen Brillengläsern integriert sind, bereits geschützt. Und bei viel Sonnenschein im Sommer hilft dann ohnehin nur die Sonnenbrille.

In welchem Fall die gesetzliche Krankenkasse beim Brillenkauf unterstützt

Frühere Regelung Bis zum Jahr 2003 hatten alle gesetzlich Versicherten mit Sehproblemen Anspruch auf eine Brille. Das ist heute allerdings nicht mehr so.

Aktuelle Regelung Bei Minderjährigen werden Brillengläser von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt. Solange sie schulpflichtig sind, bekommen Minderjährige auch eine Sportbrille von der Krankenkasse bezuschusst. Bei Erwachsenen werden die Kosten für Brillengläser nur unter bestimmten Voraussetzungen übernommen.

Die Voraussetzungen Damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt, muss der Verbraucherzentrale zufolge zum Beispiel die Sehleistung so stark eingeschränkt sein, dass die betroffene Person ohne Brille nicht mehr sicher am Alltagsleben teilnehmen kann. Bei 6,25 Dioptrien bei Kurz- oder Weitsichtigkeit oder 4,25 Dioptrien wegen einer Hornhautverkrümmung zahlt die Krankenkasse. Ebenso wenn beide Augen gerade einmal eine maximale Sehleistung von 30 Prozent bei bestmöglicher Korrektur erreichen.

Augenlaseroperation Der Kostenübernahme fürs Augenlasern stimmen Krankenkassen nur im Fall einer medizinisch notwendigen Behandlung zu. Oft lohnt es sich nachzufragen, ob die Kriterien erfüllt sind. Bei einer Unverträglichkeit gegenüber Kontaktlinsen oder einer drohenden Verschlechterung des Sehvermögens bis hin zur vollständigen Erblindung bezahlen Krankenkassen den Eingriff.

Informationen Weiter Informationen zu dem Thema findet man online unter https://t1p.de/brillen.

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Erstellt:
27. Mai 2024, 14:00 Uhr

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