Ostergarten in Murrhardt: Passion mit allen Sinnen erleben

Der Ostergarten „Passionsfrüchte“ der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Murrhardt hat reiche Frucht getragen: Die Besucherzahlen waren mehr als doppelt so hoch wie erwartet.

Zu Beginn des Ostergartens in der Murrhardter Festhalle treten die Besucher in einen orientalischen Markt. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Zu Beginn des Ostergartens in der Murrhardter Festhalle treten die Besucher in einen orientalischen Markt. Foto: Stefan Bossow

Von Uta Rohrmann

Murrhardt. Claudia Berner-Lux vermutete hinter dem ästhetisch ansprechenden lila Plakat mit der Passionsblume und der Aufschrift „Passionsfrüchte“ zunächst eine Gartenausstellung. „Ostergarten Murrhardt“ stand schließlich noch darunter. Doch was die Backnangerin dann gemeinsam mit ihrem Partner Geoffrey Schwegler erlebte, begeisterte sie nicht weniger. Die Murrhardter Festhalle war kaum wiederzuerkennen. In liebevoller Kleinarbeit waren acht Räume entstanden, die Besucher jeden Alters in das Israel vor gut zweitausend Jahren mitnehmen und entscheidende Ereignisse des christlichen Glaubens in den Mittelpunkt rücken: Leiden, Tod und Auferstehung von Jesus Christus.

Gleich zu Beginn findet man sich inmitten eines orientalischen Markts wieder. Schummriges Licht, Holztische, allerhand Gewürze, Früchte, „wunderbare Granatäpfel“, wie Berner-Lux schwärmt. Dezente Hintergrundgeräusche sind eingespielt und auch den etwas modrigen Geruch finden die beiden passend. „Die Tischgemeinschaftserfahrung hat mich beeindruckt“, sagt Schwegler über die Szene, bei der gemeinsam das letzte Abendmahl von Jesus mit seinen Jüngern nachvollzogen wird. Tanja Wichtler, die zu dem 17-köpfigen Team zählt, das die Führungen durch die österliche Erlebnisausstellung anbietet, hat die Frauen, Männer und Kinder eingeladen, an dem langen Tisch Platz zu nehmen. Nun erzählt sie die biblische Geschichte kurz nach und reicht Mazen (ungesäuerte Brote) und Trauben.

„Es war für mich ein Erlebnisgottesdienst“, bringt es Schwegler auf den Punkt. Und tatsächlich scheinen die Veranstalter mit ihrem niedrigschwelligen Angebot, außerhalb einer Kirche biblische Inhalte mit allen Sinnen zu erleben, einen Nerv der Zeit getroffen zu haben. Erwartet hat die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, zu der in Murrhardt die katholische, evangelische, evangelisch-methodistische und die Neuapostolische Kirche gehört, grob über den Daumen gepeilt, tausend Gäste, wie Pfarrer Achim Bellmann von der evangelischen Kirchengemeinde Murrhardt erläutert. Doch am Ende der zweiwöchigen Veranstaltung seien es weit über zweitausend gewesen. Dass an den Feiertagen ohne vorherige Anmeldung zuweilen auch längere Wartezeiten entstanden, hätten die weitaus meisten Besucherinnen und Besucher verständnisvoll akzeptiert.

„Die Atmosphäre ist gelungen“

„Es war total schön. Die Atmosphäre ist gelungen“, ist sich Familie Steer einig, die in der Walterichstadt zu Hause ist und an Karfreitag die Festhalle besucht hat. „An diesem Tag ist sonst nicht viel los“, so ihre Erfahrung. Die drei Söhne, die zu den christlichen Pfadfindern „Royal Rangers“ gehören, kennen die biblischen Geschichten. Es sei aber noch mal etwas ganz anderes, sie auf diese Weise ganzheitlich zu erleben, sagt der Familienvater, der als Grundschullehrer in Sulzbach den Ostergarten auch gerne mit seiner Klasse besucht hätte. „Es gab dafür nicht so viele Kapazitäten – die Hauptzeiten liegen in den Ferien.“

Murrhardter Schüler haben den Kreuzigungsraum mitgestaltet – weiße Masken auf schwarzem Grund, dazwischen mehrfach der Name Barrabas in weißem Schriftzug. Das Geschrei der Menge fordert den Freispruch für den Verbrecher, für den Unschuldigen dagegen die Hinrichtung am Kreuz. An dem mittleren der drei Kreuze, an dem Jesus Christus starb, können symbolisch für eigene Lasten Steine abgelegt oder auch Zettel mit Anliegen beschriftet werden. Wie unterschiedlich das aussehen kann, zeigt ein Blick auf die bunten Papiere: „Beschütze uns und unsere Freunde“, „Friede auf Erden“ heißt es da. Aber auch mit Blick auf die Erlösungstat Jesus: „Danke, dass du deinen Weg zu Ende gegangen bist“ und „bedingungslose Liebe“.

Viele bunte Blumen, ein kleiner plätschernder Brunnen und Ruhe

Der engste und dunkelste Raum ist die Grabkammer. Die Augen müssen sich beim Betreten wie beim Heraustreten in den abschließenden Bereich anpassen. Viele bunte Blumen, ein kleiner plätschernder Brunnen und Ruhe prägen den mit Abstand hellsten und größten Raum, der für Auferstehung und neues Leben steht. „Mich hat das alles sehr berührt angesichts meiner Situation. Vor wenigen Wochen ist mein Mann gestorben“, sagt eine Frau aus Murrhardt. „Es war alles toll gestaltet. Bei der Führung, die ich mitgemacht habe, hat mir aber das Entscheidende gefehlt: Es geht nicht nur darum, Lasten abzulegen und friedlich miteinander zu leben, sondern darum, dass Jesus Christus für unsere Schuld bezahlt und uns Frieden mit Gott ermöglicht hat“, sagt eine erfahrene Gottesdienstbesucherin aus Backnang. Eine ältere Murrhardterin möchte mit ihrer Erfahrung ebenfalls nicht namentlich genannt werden. „Ich bin da gleich wieder rausgegangen. Der Raum war mir zu düster und zu stickig – das vertrage ich nicht gut.“ Dennoch könne sie sich vorstellen, am nächsten Morgen wiederzukommen, „wenn nicht so viele Leute da sind.“

„Es war eine handgestrickte Sache von vier Gemeinden, die ihr Bestes getan haben“, resümiert Pfarrer Achim Bellmann. Der Ostergarten „Passionsfrüchte“ hat reiche Früchte getragen: Er hat die Murrhardter Christen verbunden und war weit über die Stadtgrenzen hinaus für viele ein Höhepunkt.

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Erstellt:
11. April 2023, 06:00 Uhr

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