Platz in der Pfalz nach Bernd Hecktor benannt

Die pfälzische Gemeinde Hauenstein hat einen Platz im Ort nach Bernd Hecktor benannt. Der 2018 verstorbene Lehrer, Kommunalpolitiker und Friedensaktivist aus Weissach im Tal hat sich als Mundartautor einen Namen gemacht. In seinen Gedichten nutzte er Hääschdnerisch.

Bernd Hecktor war lange Zeit in Weissach im Tal wohnhaft. Archivfoto: Edgar Layher

© Edgar Layher

Bernd Hecktor war lange Zeit in Weissach im Tal wohnhaft. Archivfoto: Edgar Layher

Von Armin Fechter

Weissach im Tal/Hauenstein. „Ich finde das unheimlich gut und bin sehr dankbar“, sagt die Weissacherin Margrit Schatz. Gemeinsam mit Michael Zimmermann, dem Ortsbürgermeister der pfälzischen Gemeinde Hauenstein, hat die Witwe von Bernd Hecktor vor einigen Tagen die Infotafel an dem neu geschaffenen Platz in der Ortsmitte von Hauenstein enthüllt. Auf der großen Platte ist ein Foto des Mundartautors zusammen mit einem erläuternden Text zu sehen. Ferner zeigt die Tafel eine Aufnahme, die 1965 anlässlich der Primiz von Hecktors Cousin, Pfarrer Willi Haus, an dieser Stelle entstanden ist.

Das frühere Gebäude Marktplatz 19, das sich in Familienbesitz befand, war vor einiger Zeit von der Gemeinde erworben und später abgerissen worden. Das Areal, an dem das Haus gestanden hat, ist zum Teil gepflastert, ein Baum steht im vorderen Teil und eine Schuhmaschine mit Erläuterung wurde dort aufgestellt – eine Reminiszenz an die einstige Schuhproduktion in dem „Schuhdorf“ im Pfälzerwald. Vor dem Haus gab es früher die Tankstelle des heute noch bestehenden Autohauses Hecktor. Dieser Platz wurde jetzt dem Mundartautor Bernd Hecktor gewidmet, der zwar schon lange nicht mehr in Hauenstein lebte, die Verbindung zur Heimat seiner jungen Jahre aber nie abreißen ließ und seine Geschichten in der Sprache seiner Kindheit – Hääschdnerisch – verfasste. Vielen dieser Texte liegen Gegebenheiten oder Vorkommnisse in Hauenstein zugrunde.

Als Journalist in Washington tätig

Bernd Hecktor wurde 1948 als zweitjüngster Spross einer kinderreichen Familie geboren. Er hatte sieben Geschwister, von denen drei noch leben, wie Margrit Schatz berichtet. Seine Jugend verbrachte der junge Bernd im Internat, weil es in der 4000-Seelen-Gemeinde Hauenstein kein Gymnasium gab. Nach dem Abitur ging er zum Studium – Politische Wissenschaft, Geschichte und Sport waren seine Fächer – nach Freiburg im Breisgau und später nach Washington D.C., wo er dann auch als Journalist bei einem regierungskritischen Radiosender tätig war.

Auf dem Platz, der Bernd Hecktor gewidmet worden ist, befand sich einmal das Gebäude Marktplatz 19. Fotos: privat

Auf dem Platz, der Bernd Hecktor gewidmet worden ist, befand sich einmal das Gebäude Marktplatz 19. Fotos: privat

Es waren politisch bewegte Zeiten: Friedensbewegung, Massenproteste gegen den Vietnamkrieg, Bürgerrechtsbewegung – Hecktor fand sich mittendrin in dem Geschehen. Seine Haltung brachte er mit, als er sich 1980 in Weissach im Tal niederließ. 27 Jahre lang, bis 2016, engagierte er sich kommunalpolitisch im Weissacher Gemeinderat. Umweltschutz, Friedensarbeit, die Integration Geflüchteter – das waren einige der Themen, denen er sich widmete.

Im Herzen aber sei er „immer Hääschdner“ geblieben, sagt man in Hauenstein über ihn. Die Liebe zur alten Heimat habe Ausdruck vor allem in seinen Texten gefunden, die er über Gott und die Welt, über Naheliegendes und Weltläufiges in der Sprache seiner Kindheit, „uff Hääschdnerisch“, schrieb. Dabei entriss Bernd Hecktor auch viele Wörter dem Vergessenwerden, Begriffe, die heute nicht mehr zum aktiven Sprachbesitz der jüngeren Generationen gehören.

„Es ist ein relativ alter Dialekt“, beschreibt Margrit Schatz die Mundart, die Bernd Hecktor als junger Menschen auf- und mitgenommen hat. Sein erstes Buch erschien 2015 und trug den Titel „Dass lossen mer: Schbrich unn Gschichde vunn Häschde“. Die Mundart, das wird rasch deutlich, lässt ihn viele Dinge einfacher und direkter sagen, und er benutzt den Dialekt, um hinter die Fassade zu blicken – und dann hält der katholisch erzogene Hecktor auch nicht mit Kritik an scheinheiligem und letztlich unchristlichem Gebaren hinterm Berg, wie etwa seine Erzählungen um den Prälaten von Hääschde zeigen. Ein anderer Text – es geht darin um die Flüchtlingsthematik – ist überschrieben: „Die gehen doch nidd aus lauder Bosse.“ Dem Erstlingsbuch folgte bald eine CD, auf der Hecktor eine Auswahl aus dem Buch und einige neue Texte liest – urig-pfälzisch und humorvoll, zugleich aber auch bitterernst.

Seine Haltung brachte er mit, als er sich 1980 in Weissach im Tal niederließ.

Mehrmals trat er bei Lesungen in Aktion, sowohl im Weissacher Tal und in Backnang als auch mit großem Erfolg in Hauenstein und im Umkreis bis hin nach Pirmasens. Seine Erzählungen wurden dabei als „köstlich und geerdet, tiefgründig und kritisch“ gewürdigt – die Texte bewiesen „den immensen Nuancenreichtum der Mundart der Hääschdner“ und gäben dem Hääschdnerischen eine besondere Herzlichkeit und besonderen Charme. Posthum erschien dann 2019 ein zweiter Band mit Hecktor-Geschichten, den er selbst noch vorbereitet hatte und dem Margrit Schatz ein paar weitere Erzählungen aus seiner Feder, die er bereits verfasst hatte, hinzufügte: „Jo kumm, geh ford“.

Ein Schild erklärt, weshalb der Platz nach Bernd Hecktor benannt worden ist.

Ein Schild erklärt, weshalb der Platz nach Bernd Hecktor benannt worden ist.

2017 gewann Hecktor den ersten Preis im bundesweit ausgeschriebenen Landschreiber-Wettbewerb „Sprache und Elemente“ mit seinem sozialkritischen Text „Luxusrendner“ in der Sparte Mundart. Nach seinem Tod wurde diese Auszeichnung in Bernd-Hecktor-Preis für Mundart umbenannt. Der Germanist Klaus Siewert, der den Wettbewerb 2012 ins Leben gerufen hat, erklärte dazu: „Bernd Hecktor hat in seinen Texten aktuelle sozialkritische und politische Themen verarbeitet und damit der Mundartdichtung ein auch künftig unverzichtbares besonderes Profil verliehen.“ Für Bewerbungen solle gelten: „Die eingereichten Texte sind an keine bestimmte Mundart des deutschen Sprachgebiets gebunden. Indessen sollen sie sich an den inhaltlichen Prioritäten von Bernd Hecktor orientieren.“

Bei der öffentlichen Widmung des Bernd-Hecktor-Platzes waren, wie Margrit Schatz erzählt, etwa 50 Personen zugegen, etwa die Hälfte davon Angehörige. Es gab eine musikalische Begleitung und die Gemeinde bot den Besuchern Punsch und Gebäck an. Dem ließ Margrit Schatz eine Einladung in den „Ochsen“ folgen.

Die Gemeinde Hauenstein

Gemeinde Hauenstein liegt im Landkreis Südwestpfalz in Rheinland-Pfalz und hat rund 4000 Einwohner. Es ist Zentrum der Urlaubsregion Hauenstein im Pfälzerwald.

Schuhproduktion Der Luftkurort war über Jahrzehnte ein Zentrum der Schuhproduktion – eine Fabrik besteht heute noch – und galt als „Schuhdorf“. Heute erinnern daran das Schuhmuseum und der 15 Kilometer lange Schusterpfad, ein Premiumwanderweg. Hauenstein wirbt auch mit der Deutschen Schuhmeile, einem Zusammenschluss von Geschäften mit einer Million Schuhen und Lifestyle-Produkten.

Nationalsozialismus Der Ort ist katholisch geprägt. Im Gegensatz zum wenige Kilometer entfernten evangelisch geprägten Darstein, das 1930 als erste deutsche Gemeinde bei einer Reichstagswahl einen Stimmenanteil von 100 Prozent für die NSDAP auswies, stimmte in Hauenstein ein außergewöhnlich kleiner Teil für die Nationalsozialisten. Noch bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 erreichte die NSDAP in Hauenstein nur 4,8 Prozent, während die gemeinsame Liste aus Zentrum und Bayerischer Volkspartei auf 92,6 Prozent kam. Das war reichsweit das beste Ergebnis einer nicht nationalsozialistischen Partei in Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern.

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Erstellt:
21. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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