Polizeibeamter wegen Bestechung vom Backnanger Amtsgericht verurteilt

Der 31-Jährige hat offenbar versucht, einen Strafzettel durch eine Frühstückseinladung der Kollegen abzuwehren.

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten zu 120 Tagessätzen. Symbolfoto: privat

© Matthias Nothstein

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten zu 120 Tagessätzen. Symbolfoto: privat

Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang. Ein Polizeibeamter ist im vergangenen Herbst bei einer Verkehrskontrolle in einer Umlandgemeinde wegen Handynutzung während der Fahrt von einem Kollegen der Gegenschicht angehalten worden. Der 31-Jährige räumte den Verstoß ein, bot aber an, bei Verzicht auf eine Anzeige die Kollegen zum Frühstück einzuladen. Später legte er einer Kollegin einen Umschlag mit Bäckergutscheinen im Wert von 30 Euro ins Fach. Jetzt musste sich der Mann vor dem Amtsgericht Backnang verantworten. Der Vorwurf: Bestechung.

Der Angeklagte äußerte sich zur Sache folgendermaßen: Er sei privat mit dem Auto unterwegs gewesen und habe es aufgrund eines Arzttermins eilig gehabt. Und ja, er habe beim Vorposten eingeräumt, sein Handy beim Fahren benutzt zu haben. Dieser habe ihn dann angewiesen, zur Kontrollstation zu fahren und dort zu warten. Dort habe er schließlich etwas genervt aus dem Fenster gerufen: „Was ist denn jetzt?“ Eine Kollegin habe ihm dann gesagt: „Ich schreibe keine Anzeige. Fahr einfach weiter.“ Er sei danach zum Arzt gegangen und habe anschließend den Umschlag mit den Gutscheinen abgegeben, beschriftet mit „Sorry“ als Entschuldigung für die Umstände.

Zwei Wochen später habe sich die Kripo bei ihm gemeldet und er sei aus allen Wolken gefallen. Der Kollege vom Vorposten sagte vor Gericht aus, dass der 31-Jährige zu ihm gesagt habe, er könne bezahlen oder die ganze Schicht zum Frühstück einladen. Er habe ihn zur Kontrollstation geschickt, wo er entlassen worden sei. Die Gutscheine seien der Revierleitung übergeben worden. Der zweite Zeuge, ebenfalls Polizeioberkommissar, bestätigte diese Aussagen und ergänzte, das mit den Gutscheinen sei „maximal unglücklich“ gewesen.

Als fünfter Zeuge wurde der zuständige Revierleiter befragt

Die Dritte im Zeugenstand war die Kollegin der Kontrollstation. Sie betonte, dass sie von „Frühstück“ nichts gehört habe, sie habe dem Angeklagten lediglich gesagt, sie persönlich schreibe die Anzeige nicht, er könne weiterfahren, man kenne ja seine Personalien, der Vorgang werde noch geklärt. Der Umschlag, den sie am nächsten Tag in ihrem Fach gefunden habe, sei dem Revierleiter übergeben worden.

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Der Vorgang ging dann an die Personalinspektion, deren ermittelnde Polizeibeamtin ebenfalls als Zeugin aussagte. Der Vorwurf der Bestechung habe sich erhärtet und sie habe den Angeklagten daher in dieser Sache angerufen. Dieser sei völlig überrascht gewesen und habe mit Unverständnis reagiert. Er wollte sich zuerst einmal anwaltlich beraten lassen. Als fünfter Zeuge wurde der zuständige Revierleiter befragt. Er erklärte, dass es den Verdacht auf versuchte Bestechung gab und der Umschlag mit den Gutscheinen die Entscheidung beeinflussen sollte. Probleme mit dem Kollegen habe es davor nicht gegeben.

Im Bundeszentralregister hat der Angeklagte keinen Eintrag, auch keine Punkte in Flensburg. Zu seinen persönlichen Verhältnissen erklärte er, er sei ledig und habe keine Kinder. Er habe sich krankgemeldet, da ihn die Sache sehr mitnehme.

Damit war die Beweisaufnahme abgeschlossen und der Staatsanwalt hatte das Wort. Er habe noch nie so einen klaren Fall von Bestechung gesehen, sagte dieser. Es wäre deutlich besser gewesen, wenn der Angeklagte ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt hätte. Es handle sich um keinen minderschweren Fall, da er als Polizeibeamter eine besondere Verantwortung habe. Er forderte eine Geldstrafe von 210 Tagessätzen. Der Rechtsbeistand des Angeklagten sah die Sache anders. Es handle sich keineswegs um Bestechung und das Verhalten der Kollegen sei nicht eindeutig gewesen. Deshalb betrachte er die Forderung des Staatsanwalts als unverhältnismäßig. In seinem letzten Wort sprach der Angeklagte von einem Missverständnis.

Nach einer kurzen Unterbrechung sprach der Richter das Urteil: 120 Tagessätze à 60 Euro und die Kosten des Verfahrens.

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Erstellt:
13. Juni 2024, 06:00 Uhr

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