Rabattverträge: AOK verstärkt Vorgabe für Medikamentenvorrat

dpa/lsw Stuttgart. Die AOK Baden-Württemberg hat Kritik zurückgewiesen, wegen sogenannter Rabattverträge mangele es immer wieder an Arzneimitteln. Die Krankenkasse prüft nach eigenen Angaben vor Auftragsvergabe die Lieferfähigkeit der Hersteller. Diese seien vertraglich verpflichtet, Präparate in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben. „In Folge der Corona-Pandemie hat die AOK-Gemeinschaft diese Vorgabe noch einmal deutlich verstärkt.“ Unternehmen müssten nun als Absicherung gegen Produktions- oder Lieferausfälle dauerhaft Reserven für drei Monate anlegen. „Erst im letzten Vertragsquartal darf dieser Lagerbestand aufgebraucht werden“, erläuterte der Sprecher am Freitag in Stuttgart. So würden Lieferengpässe aufgefangen und Versorgungsengpässe vermieden.

Das Logo der Krankenkasse AOK, aufgenommen am Hauptgebäude der AOK Sachsen-Anhalt. Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv

Das Logo der Krankenkasse AOK, aufgenommen am Hauptgebäude der AOK Sachsen-Anhalt. Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv

Seit 2007 dürfen gesetzliche Krankenkassen mit Pharmafirmen Versorgungsverträge abschließen, bei denen oft Rabatte gewährt werden. Die Apotheken sind verpflichtet, bei austauschbaren Arzneimitteln bevorzugt entsprechende Vertragsprodukte der jeweiligen Krankenkasse abzugeben. Dem AOK-Sprecher zufolge geht es dabei vor allem um sogenannte Generika, also „Nachahmerprodukte“, die nach Auslaufen des Patentschutzes für das Originalpräparat auch von anderen Pharmaunternehmen hergestellt werden dürfen. Die AOK Baden-Württemberg ist der bundesweite Verhandlungsführer der AOK.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, hatte am Freitag kritisiert, dass das Modell der Rabattverträge immer wieder dazu führe, dass einige Medikamente teils über Wochen in den Apotheken nicht verfügbar seien. Er begründete dies damit, dass Pharmahersteller, die bei einem ausgeschriebenen Rabattvertrag nicht zum Zug kommen, die Produktion für das entsprechende Präparat herunterfahren würden.

„Wenn dann der ursprüngliche Exklusiv-Lieferant kurzfristig ausfällt, kann in der Regel kein alternativer Hersteller zeitnah in großen Mengen liefern und den Ausfall auffangen. Ergebnis: Die Patientinnen und Patienten müssen warten und in vielen Fällen leiden“, sagte Bergmann. Er betonte: „Es geht bei diesem Rabatt-Irrsinn nicht nur um einige spezielle Medikamente, sondern um solche, auf die viele Erkrankte dringend angewiesen sind.“ Als Beispiel nannt er Arzneimittel gegen Bluthochdruck, Parkinson und Antidepressiva.

Auch Pharmahersteller haben wiederholt unter anderem den Preis- und Rabattdruck für Lieferengpässe verantwortlich gemacht. Die AOK betonte indes, nach eigenen Erhebungen vor zwei Jahren habe der Anteil der lieferbaren Präparate von mehr als 9000 Mitteln, für die die AOK Rabattverträge abgeschlossen hatte, bei 99,7 Prozent gelegen. „Fazit: Durch die Arzneimittelrabattverträge wird die durchgängige Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten gestärkt und den Arzneimittel-Herstellern Planungssicherheit verschafft.“

Auch seien die Verträge das einzige Instrument, mit dem gesetzliche Krankenkassen die Ausgaben für Medikamente steuern könnten. So seien die Preise für Generika spürbar zurückgegangen, erklärte der Sprecher. „Davon profitieren in erster Linie unsere Versicherten.“

© dpa-infocom, dpa:211022-99-699078/3

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Erstellt:
22. Oktober 2021, 16:47 Uhr

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