Ratschläge von den Radfahrern

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) drängt darauf, dass Backnang fahrradfreundlicher wird. Mit Erfolg, denn es hat sich schon einiges getan. Aber es gibt noch immer Problemstellen, wie eine Radtour mit dem Baudezernenten Stefan Setzer zeigte.

Die neue Murrpromenade an der Oberen Walke ist ein Gewinn für die Fahrradfahrer, allerdings müssen sie sich den Weg mit den Fußgängern teilen. Der ADFC fände es besser, wenn Fuß- und Radweg durch eine Linie getrennt wären.

Die neue Murrpromenade an der Oberen Walke ist ein Gewinn für die Fahrradfahrer, allerdings müssen sie sich den Weg mit den Fußgängern teilen. Der ADFC fände es besser, wenn Fuß- und Radweg durch eine Linie getrennt wären.

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Als Autostadt, die beim bundesweiten Fahrradklima-Test stets auf den hintersten Rängen landete, war Backnang bekannt, als Jürgen Ehrmann 2018 die Ortsgruppe des ADFC wiederbelebte. Seitdem machen der 67-Jährige und seine Mitstreiter fleißig Lobbyarbeit für das Zweirad und stoßen in der Stadtverwaltung zunehmend auf offene Ohren. „Es tut sich was“, stellt Ehrmann erfreut fest. Inzwischen gibt es in Backnang ein Radinfrastrukturkonzept, an etlichen Straßen wurden neue Schutzstreifen angelegt und die lange Mängelliste des ADFC ist schon etwas kürzer geworden.

Bei einer gemeinsamen Radtour haben sich Vertreter von ADFC und Stadtverwaltung am Samstag sowohl die Fortschritte als auch die nach wie vor bestehenden Probleme vor Ort angeschaut. Eigentlich wollte auch Oberbürgermeister Maximilian Friedrich mitradeln, doch eine Fußverletzung bremste ihn aus. Stattdessen trat Baudezernent Stefan Setzer in die Pedale. Auch die Ortsvorsteher Karl Scheib (Maubach) und Leonhard Groß (Heiningen) sowie Ortsvorsteherin Regina Konrad (Waldrems) waren zumindest auf Teilabschnitten mit dabei.

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Zu den positiven Neuerungen zählen zum Beispiel die Radservicesäulen, die an 36 Standorten im Rems-Murr-Kreis zu finden sind. An den Stationen finden Radler Werkzeug und eine Luftpumpe, um kleine Defekte beheben zu können. Die 30 Kilometer lange Radtour führte gleich an fünf dieser Servicestationen vorbei, auch wenn diesmal keiner aus der Gruppe Werkzeug brauchte.

Als Gewinn sieht Jürgen Ehrmann auch die neue Radabstellanlage am Backnanger Bahnhof. E-Bike-Fahrer können dort auch kostenlos ihren Akku aufladen. Einziges Manko: Viele Radfahrer wissen offenbar noch nichts davon. Von 30 Stellplätzen waren an diesem Nachmittag gerade mal zwei belegt. Ehrmann schlug deshalb vor, mit einem Schild auf die etwas abseits liegende Abstellanlage hinzuweisen. Außerdem wünscht er sich für teure Räder und E-Bikes weitere abschließbare Boxen, die man auch tageweise mieten kann.

Maubacher Straße könnte zur ersten Fahrradstraße werden.

An manchen Stellen leben Radfahrer in Backnang weiterhin gefährlich. Zum Beispiel in der Eduard-Breuninger-Straße. Die steile Straße ist sehr schmal, vor allem im Bereich der Kronenhöfe-Baustelle. „Wenn die Autofahrer 1,50 Meter Abstand halten, können sie Radfahrer dort gar nicht überholen“, sagte Ehrmann. Viele täten es aber trotzdem, das führe regelmäßig zu brenzligen Situationen. Baudezernent Setzer wies darauf hin, dass die Straße nächstes Jahr saniert werden soll und dort anschließend Tempo 20 gelten wird. Im Übrigen empfahl er den Radfahrern, im Zweifel in der Mitte der Fahrbahn zu fahren. Das sei bei einer so schmalen Straße zulässig.

Wieviel Gleichberechtigung zwischen Auto und Fahrrad ist möglich? Diese Frage wurde in der Blumenstraße diskutiert. Zwei Spuren führen dort bergauf. „Wenn man von gleichberechtigter Planung spricht, müsste man eine Spur für Bus und Fahrrad reservieren“, findet Jürgen Ehrmann. Stefan Setzer hält das für unrealistisch: „Dann hätten wir in den Spitzenstunden morgens und nachmittags Rückstaus in allen Bereichen.“

Dafür konnte der Baudezernent den Radaktivisten in der Maubacher Straße Erfreuliches in Aussicht stellen: Wenn die B14 eines Tages vierspurig ausgebaut ist und die Zufahrt von der Bundesstraße wegfällt, könnte dort Backnangs erste Fahrradstraße entstehen. Vor allem für die Schüler des dortigen Schulzentrums wäre das ein großer Gewinn.

Ortsbesichtigung in der Maubacher Straße: Baudezernent Stefan Setzer (Mitte) berichtet über Pläne, dort Backnangs erste Fahrradstraße einzurichten. Fotos: K. Fritz

Ortsbesichtigung in der Maubacher Straße: Baudezernent Stefan Setzer (Mitte) berichtet über Pläne, dort Backnangs erste Fahrradstraße einzurichten. Fotos: K. Fritz

Nach einer Schleife durch die südlichen Stadtteile, wo Setzer unter anderem die mögliche Streckenführung eines Radschnellwegs nach Waiblingen erläuterte, ging es schließlich nach Oppenweiler. Dort soll in Kürze der Bau eines neuen Rückhaltebeckens beginnen, der Radweg nach Sulzbach an der Murr muss dafür verlegt werden. Noch steht die künftige Streckenführung nicht fest, aber Jürgen Ehrmann hat von einem Zickzackkurs zwischen Wohngebiet und Bahnlinie gehört, der für Radler sehr umständlich wäre. „Das kann nicht sein. In einer Zeit, in der wir mehr Leute aufs Fahrrad bringen wollen, darf die Verbindung auf keinen Fall schlechter werden.“ Das sieht auch Stefan Setzer so: Bei einem Termin mit dem Regierungspräsidium werde man nach einer praktikablen Lösung suchen. „Alle sind guten Willens“, versicherte der Baudezernent, der zugleich Vorsitzender des Wasserverbands Murrtal ist.

Nach rund vier Stunden endete die Tour schließlich in Weissach im Tal. „Wir haben schon viel gemacht und wir haben noch viel vor“, sagte Stefan Setzer. Dabei sei die Stadt auf die Unterstützung und die Expertise des ADFC angewiesen.

Trotzdem wird sich wohl nicht jeder Konflikt zwischen Radfahrern und Autofahrern vermeiden lassen. Auch das bekam die Gruppe bei ihrer Rundfahrt vorgeführt. In Maubach fühlte sich ein Autofahrer von den langsamen Radfahrern offenbar behindert. Hupend und mit quietschenden Reifen fuhr er an der Gruppe vorbei und wurde wenige Meter weiter in einen Auffahrunfall verwickelt. Manche Probleme lassen sich eben weder mit Verkehrsregeln noch mit baulichen Maßnahmen lösen, sondern nur durch etwas mehr Rücksicht.

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Erstellt:
5. Juli 2021, 06:00 Uhr

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