Rems- und Murrbahn mit durchwachsenem Ergebnis
Beim Qualitätsranking des Zugnahverkehrs in Baden-Württemberg sind die Rems- und die Murrbahn von der Spitze weit entfernt.
Von Pia Eckstein und Kai Wieland
Rems-Murr. 29 Nahverkehrsangebote wurden beim Baden-Württemberg-Ranking für das zweite Halbjahr 2022 verglichen, insbesondere im Hinblick auf die Kriterien Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Zugkapazität. Immerhin: Bahnreisende mag es überraschen, doch auf den letzten Plätzen landeten weder die Remsbahn noch die Murrbahn. Mit den vordersten Rängen hat man allerdings ebenfalls wenig zu tun.
Ausschlaggebend für das Ranking ist die Datengrundlage des Verkehrsministeriums. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die Ergebnisse.
Immerwährendes Ärgernis im Rems-Murr-Kreis: die Pünktlichkeit
„Die Pünktlichkeitswerte der Netze werden kontinuierlich überprüft. Hierzu übermitteln alle relevanten Züge ihre Ankunftszeiten an vertraglich festgelegten Bahnhöfen automatisch an uns“, heißt es auf der Homepage des bwegt-Qualitätsrankings.
In puncto Pünktlichkeit landete:
die Murrbahn, betrieben von der Deutschen Bahn DB, auf Platz 23 mit 72,71 Prozent. Sie hat sich verschlechtert: Im ersten Halbjahr 2022 lag sie noch bei 84,04 Prozent.
die Remsbahn, betrieben von Go-Ahead, mit 71,87 Prozent auf Platz 26. Im ersten Halbjahr 2022 lag sie bei 79,99 Prozent.
die Murrbahn, betrieben von Go-Ahead, mit 66,79 Prozent auf dem allerletzten Platz, Platz 29. Im ersten Halbjahr 2022 lag sie bei noch 83,46 Prozent.
Allzu oft eine Ausfallmeldung:die Zuverlässigkeit
Die Eisenbahnunternehmen sind dazu verpflichtet, das Verkehrsministerium an jedem Monatsende über alle Zugausfälle zu informieren. Die Daten dieser Monatsberichte werden ausgewertet und beim Ranking gegenübergestellt.
In puncto Zuverlässigkeit landete:
die Murrbahn, betrieben von Go-Ahead, mit 98,62 Prozent auf Platz 14. Leider verschlechtert, allerdings nur um 0,32 Prozentpunkte.
die Remsbahn, betrieben von Go-Ahead, mit 98,56 Prozent auf Platz 15. Auch verschlechtert um 0,41 Prozentpunkte.
die Murrbahn, betrieben von der DB, auf Platz 25: 97,78 Prozent. Verschlechtert um 0,99 Prozentpunkte.
Das altbekannte Sardinendosengefühl: die Zugkapazität
In zehn Erfassungsperioden pro Jahr checken unabhängige Qualitätsprüfer stichprobenartig die Zugkapazität. Die Prüfer achten dabei vor allem darauf, ob ausreichend Sitzplätze und Waggons vorhanden sind. Jede Abweichung vom Sollwert führt zu Abzügen in der Gesamtwertung.
In puncto Zugkapazität belegt:
die Murrbahn, betrieben von Go-Ahead, Platz sechs mit 99,46 Prozent. Im ersten Halbjahr 2022 waren es 99,68 Prozent– also nur marginal verschlechtert.
die Remsbahn, betrieben von Go-Ahead, Platz sieben mit 99,03 Prozent. Das ist eine Verbesserung: Im ersten Halbjahr 2022 waren es 98,24 Prozent.
die Murrbahn, betrieben von DB, Platz zwölf mit 97,99 Prozent. Eine Verschlechterung um 0,56 Prozentpunkte.
Das Bild insgesamt und alles betreffend: die Gesamtbewertung
In die Gesamtbewertung fließen neben den drei genannten noch die Aspekte „Sauberkeit“ und „Gesamtzufriedenheit“ ein.
Die Benotungen aus den Einzelkriterien werden ins Verhältnis zu den vertraglichen Zielwerten gesetzt, heißt es auf der bwegt-Homepage. Wird der Zielwert erreicht, erhält das Verkehrsunternehmen die volle Punktzahl. Bei Übererfüllung wird zusätzlich ein Bonuspunkt vergeben. Unterschreitet ein Unternehmen die Zielwerte hingegen „deutlich und erfüllt weitere vertraglich festgelegte Grenzwerte nicht, erhält es wenige oder keine Punkte“. In der Schlussberechnung werden Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Gesamtzufriedenheit höher bewertet als Zugkapazität und Sauberkeit.
In der Gesamtbewertung des Verkehrsministeriums kam:
die Remsbahn, betrieben von Go-Ahead, auf Platz elf. Ein deutlicher Aufstieg: Im Halbjahr zuvor belegte sie nur Platz 20.
die Murrbahn, betrieben von Go-Ahead, auf Platz 13. Ebenfalls verbessert, im ersten Halbjahr 2022 war es Platz 16.
die Murrbahn, betrieben von DB, auf Platz 23. Immerhin um einen Platz nach vorne gerückt.
Das Ranking des Verkehrsministeriums zeigt: Es ist noch deutlich Luft nach oben, sowohl auf der Rems- als auch auf der Murrschiene, und das sowohl bei Go-Ahead als auch bei der DB. Bis der Sieger auch nur in sichtbare Nähe rückt, muss noch viel passieren. Platz eins belegt übrigens in drei von fünf Belangen die von der Schweizerischen Bundesbahn betriebene Klettgau-Bahn. Bei der Sauberkeit allerdings scheint es auch dort noch Nachholbedarf zu geben: nur Platz sechs. So richtig überwältigend blitzen muss es wohl bei der Stadtbahn Karlsruhe: Platz eins.
Und dann gibt es da noch ein höchst erstaunliches Phänomen: Ausgerechnet die Klettgau-Bahn – erster Sieger im gesamten Ranking – belegt beim Punkt „Gesamtzufriedenheit“, ermittelt durch die Befragung von Fahrgästen, den letzten Platz. Platz eins macht hier wiederum – man staune – die Rheintal-Bahn, betrieben von der DB und im Gesamtranking auf dem vorletzten Platz. Das verstehe, wer will.