Sabine Gross geht nach 19 Jahren als Leiterin der Lautereck-Realschule in den Ruhestand

Viel mehr als nur Frontalunterricht:: Zu Beginn ihrer Zeit in Sulzbach an der Murr hat der neue Bildungsplan sie sehr beschäftigt, in den vergangenen beiden Jahren dominierte die Coronapandemie.

Mit den Schülerinnen und Schülern der Lautereck-Realschule verbindet Sabine Gross viele schöne Erinnerungen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Mit den Schülerinnen und Schülern der Lautereck-Realschule verbindet Sabine Gross viele schöne Erinnerungen. Foto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Sulzbach an der Murr. Auf dem Sportplatz vor der Sulzbacher Lautereck-Realschule herrscht ein ziemliches Gewusel. Die Schülerinnen und Schüler absolvieren die Bundesjugendspiele, durchlaufen verschiedene Stationen, an welchen sie ihre Sportlichkeit unter Beweis stellen. Mittendrin befindet sich auch Sabine Gross. Gelassen koordiniert sie die Aktivitäten, prüft Ergebnisse, unterschreibt Urkunden. Es sind ihre letzten Bundesjugendspiele als Schulleiterin. Nach diesem Schuljahr geht die 64-Jährige in den Ruhestand. Auf diesen neuen Lebensabschnitt freue sie sich sehr, sagt Gross. „Eine Zeit ohne festen Plan – das muss geil sein.“ Denn mit der Freizeit ist es derzeit nicht weit her. Vor allem die von der Coronapandemie geprägten zwei Jahre habe sie als sehr belastend empfunden.

Unmengen von Maßnahmen wurden kurzfristig anberaumt – unter anderem dazu, ob Präsenzunterricht möglich ist oder nicht. Am Freitagnachmittag kamen die Informationen hierzu bei den Schulen an (zu diesem Zeitpunkt sei dort niemand mehr erreichbar gewesen), ab Montag sollten sie bereits umgesetzt werden. „Machen Sie das mal mit 300 Schülern.“ Gross bezeichnet die Zustände in jenen Tagen als „das helle Chaos“. Hinzu kam, dass viel Koordination mit diversen Stellen vonnöten war. Den Schulen kamen zahlreiche neue Aufgaben zu, bei denen nicht immer ersichtlich war, warum sie dort angesiedelt wurden. „Wir haben teilweise mehr Verwaltung gemacht als sonst irgendwas.“ Ein großes Lob spricht Sabine Gross ihrem Team aus: „Die Kollegen haben toll zusammengehalten.“ Das sei nicht selbstverständlich, schließlich hätten auch sie Angst gehabt, sich bei der Arbeit mit dem Coronavirus zu infizieren. Dennoch seien manche Jugendliche durch die Auswirkungen der Coronapandemie und des Heimunterrichts auf der Strecke geblieben. Sie wieder aufzufangen sei nun die Herausforderung.

Der konservative Kollegenstamm musste sich erst an sie gewöhnen

Pädagogik, stellt Gross klar, funktioniere nicht ohne Nähe zu den Schülerinnen und Schülern. „Da muss man schon Einzelgespräche führen und fragen, ob es ihnen gut geht und ob in ihrem Leben alles in Ordnung ist.“ Zumal die Realschulzeit auch mit der Pubertät einhergeht. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Wer behauptet, Lehrer seien faul, war schon lange nicht mehr in einer Schule“, sagt die Schulleiterin, die Deutsch und Geschichte, aber auch Ethik und Gemeinschaftskunde unterrichtet. Zumal sich die Bildungseinrichtungen in den vergangenen Jahren stark verändert haben.

Als Sabine Gross 2003 als erste weibliche Rektorin an die Lautereck-Realschule kam, habe sie einen traditionellen, vergleichsweise konservativen Kollegenstamm vorgefunden. Und direkt bei ihrem Einstieg in Sulzbach wurde auch der neue Bildungsplan umgesetzt. „Das hat die Aufgabe reizvoll und spannend gemacht“, erinnert sich die 64-Jährige. Die ersten Jahre seien dementsprechend herausfordernd gewesen. Es galt schließlich nicht nur die Kollegen auf einen neuen Führungsstil einzustimmen, sondern auch die gewohnten Fächerverbünde zu lösen. Positiv bewertet Gross dabei vor allem, dass den Schulen selbst viel Gestaltungsspielraum gewährt wurde.

Schulentwicklung und Qualitätsverbesserung waren Themen, die Sabine Gross in ihren 19 Jahren an der Lautereck-Realschule durchgängig beschäftigt haben. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit sei es gewesen, die außerunterrichtlichen Angebote auszubauen. „Die Schülerschaft hat sich verändert“, hat sie festgestellt. Dementsprechend müsse auch die Schule sich wandeln. An Bedeutung habe es gewonnen, Dinge vor Ort und analog zu erleben – also nicht nur Frontalunterricht zu erfahren. „Wir wollen Kindern die Chance geben, sich auch anders zu zeigen und zu beweisen. Sie sollen zeigen können, dass sie mehr können als Deutsch oder Mathe.“ Besonders auf den musisch-kreativen Bereich wird Wert gelegt, für die Klassen 5 und 6 gibt es einen Basiskurs, der sechs verschiedene Unterbereiche abdeckt. Auch haben die Schülerinnen und Schüler Musicals aufgeführt oder sind in Bands aufgetreten.

Der Unterrichtsstil: streng, aber trotzdem nett

„Ich habe hier unglaublich viele schöne Events erlebt“, blickt Sabine Gross auf ihre Zeit in Sulzbach zurück. Dazu gehörten Schulfeste, Open-Stage-Veranstaltungen, Ausflüge und Grillabende. Auch sei es schön gewesen zu sehen, dass die Schule vorankommt. Beispielsweise sei die Lautereck-Realschule früh eingestiegen in Sachen Digitalisierung. Das sei nur durch ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zum Schulträger möglich gewesen.

Gefragt nach ihrem Unterrichtsstil schmunzelt Sabine Gross erst einmal. „Ich würde sagen, ich bin streng.“ Ihr sei es wichtig, dass man sich an Abmachungen auch hält. Das bestätigen ihre Schülerinnen und Schüler. Zwar sei die Schulleiterin streng, aber auch korrekt im Umgang und nett, berichten Parwin und Özge. „Der Ethikunterricht macht Spaß, wir lernen viel über Menschen und Werte.“ Berat fügt an: „Bei ihr können wir keinen Quatsch machen.“ Dennis, Max und Elias heben hervor, dass der Unterricht gut vorbereitet sei und Sabine Gross viel Wert auf Gruppenarbeiten lege. Ja, streng sei sie, „aber wenn man nett zu ihr ist, kommts auch so zurück“. Nur eines sollte man nicht tun: „Wenn man keine Hausaufgaben gemacht hat, gibts einen Anschiss.“

Die Nachfolge in der Leitung der Schule ist bereits geregelt: Die bisherige Konrektorin Christine Engel rückt nun an die Spitze. Das habe den Vorteil, dass sie sich schon gut auskennt, hebt Gross hervor. Dennoch könne ihre Nachfolgerin eigene Akzente setzen. Sabine Gross hingegen hat schon viele Ideen, wie sie ihren Ruhestand gestalten kann. Lesen, Klavier spielen und Singen im Chor gehören zu ihren Hobbys. „Ich versuche mich auch im Garten, zwar eher erfolglos, aber mit Hingabe“, sagt sie lachend. Auch wolle sie ihren Freundschaften wieder mehr Zeit widmen, Handarbeiten wieder aufnehmen und ohne Zeitdruck kochen. Der Gegend bleibt sie treu, schließlich wohnt Sabine Gross in Oppenweiler.

Zur Person

Sabine Gross ist in Ludwigsburg aufgewachsen. Sie hat Deutsch und Geschichte studiert. Bevor sie 2003 die Stelle als Schulleiterin an der Lautereck-Realschule angenommen hat, war sie Konrektorin an der Schloss-Realschule für Mädchen in Stuttgart und an der Geschwister-Scholl-Realschule in Winnenden.

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Erstellt:
19. Juli 2022, 11:30 Uhr

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