Sanieren im Land der Dichter und Dämmer
Steigende Baupreise und gesetzliche Anforderungen lassen die Modernisierungskosten an den Kreisimmobilien weiter wachsen.

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Die kreiseigenen Gebäude sollen bis 2030 klimaneutral werden: Landratsamt und Kreisbaugruppe legten in einem Kreistagsausschuss einen Immobilien- und Energiebericht vor. Foto: A. Becher
Von Armin Fechter
WAIBLINGEN. Landratsamt und Kreisbaugruppe haben jetzt einen detaillierten Immobilien- und Energiebericht für die kreiseigenen Gebäude vorgelegt. Verglichen werden dabei unter anderem der jeweilige Energieverbrauch und die daraus resultierenden Kosten. Erklärtes Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 mit der Bewirtschaftung der Verwaltungsgebäude klimaneutral zu werden. Das unterstrichen Landrat Richard Sigel und Kreisbauchef Dirk Braune im Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss des Kreistags. Allein die Maßnahmen aus dem aktuellen Klimaschutzhandlungsprogramm haben in diesem Jahr eine Einsparung von 174221 Kilogramm CO2 gebracht. Das entspricht 5200 gepflanzten Bäumen.
Noch genauer hinsehen will der Landkreis im Zuge einer Untersuchung, mit der das Institut für nachhaltige Energietechnik und Mobilität an der Hochschule Esslingen beauftragt ist. Die Experten nehmen eine CO2- und Energiebilanzierung für alle Verwaltungsgebäude der Kreisverwaltung, der Kreisbaugruppe und der Abfallwirtschaft Rems-Murr (AWRM) vor. Ausgehend von der Ist-Analyse sollen mögliche CO2-Minderungspotenziale aufgezeigt und auf dieser Grundlage ein konkreter Maßnahmenkatalog für die einzelnen Gebäude erstellt werden. Die Ergebnisse der Esslinger Untersuchung werden Ende dieses/Anfang nächsten Jahres erwartet.
Schon jetzt hat sich der Landkreis aber darauf festgelegt, dass die anstehenden Verwaltungsneubauten am Alten Postplatz und in der Rötestraße in Waiblingen im Betrieb kein CO2 ausstoßen oder sogar CO2 einsparen sollen. Entsprechend hohe Anforderungen an Gebäudesubstanz und -struktur wurden für ein energieeffizientes Bauen vorgegeben.
Unabhängig von der Esslinger Untersuchung hat der Landkreis bereits in den vergangenen Jahren viele Punkte umgesetzt oder in Angriff genommen: Installation von Fotovoltaikanlagen, Nutzung von Ökostrom und Biogas, Beleuchtung mit LED und anderes mehr. Grundlage war eine Begehung der Liegenschaften in den Jahren 2006 bis 2008, zu der Fachplaner hinzugezogen wurden.
Wie die Verwaltung auf einen Antrag der CDU-Fraktion darstellte, ermittelten die Beteiligten damals einen Sanierungsrückstau, der einen Kostenumfang von knapp 48,5 Millionen Euro hatte. Dieser setzt sich zusammen aus den Einzelpunkten energetische Maßnahmen, Brandschutz, Barrierefreiheit und Sonstiges. Hätte der Landkreis seit 2008 gar nichts unternommen, wäre der Ausgabenbedarf bis heute auf 92,4 Millionen Euro angewachsen – wobei darin auch eine Steigerung des Baupreisindexes um 24,7 Millionen Euro enthalten ist.
Seit 2008 wurden Maßnahmen für über 29 Millionen Euro umgesetzt.
Da aber Maßnahmen für 29,1 Millionen Euro umgesetzt wurden – unter anderem die Fassadensanierung an der Außenstelle des Landratsamts in Backnang –, liegt der Stand des Sanierungsrückstaus aktuell bei 63,3 Millionen Euro. Dass die Summe des Sanierungsrückstaus 2020 damit deutlich höher ist als zu Beginn der Rechnung im Jahr 2008, hängt aber nicht nur mit gestiegenen Baupreisen zusammen. Darin schlagen sich, wie Braune deutlich machte, auch gestiegene gesetzliche Anforderungen nieder, die einen höheren Aufwand nach sich ziehen.
Für Gebäudesanierungen setzt der Landkreis jährlich rund drei Millionen Euro ein. An diesem Betrag will die Verwaltung – entgegen einem Antrag der FDP/FW-Fraktion – auch im kommenden Jahr festhalten. Dies nicht nur im Interesse der Haushaltskonsolidierung, sondern auch im Hinblick auf das knappe Zeitfenster für Baumaßnahmen in den Ferienzeiten bei den Bildungsstätten. Hinzu kommt die anhaltend hohe Auslastung der Baufirmen: Die in der Folge entstehenden Kapazitätsengpässe seien schwer zu kompensieren.
Gleichwohl bemängelte Andreas Hesky (Freie Wähler), dass es kein „Bugwellenabbaukonzept“ gibt. Für Landrat Richard Sigel stellt sich die Lage jedoch nicht so dramatisch dar: In anderen Landkreisen herrsche bei den Schulen noch ein ganz anderer Rückstau. Braune erklärte ebenfalls, der Landkreis habe vorbildlich gehandelt – der Hochbau sei zu anderen Zeiten schon der „Steinbruch der Finanzierung“ gewesen. Aber in Deutschland, dem „Land der Dichter und Dämmer“, liege die Messlatte für die öffentliche Hand besonders hoch.
Im kommenden Jahr will der Landkreis 3005000 Euro in den Abbau des Sanierungsrückstaus stecken.
Davon entfallen 2245000 Euro auf energetische Sanierungsmaßnahmen. 150000 Euro werden in den Brandschutz investiert, 50000 Euro in Maßnahmen zur Barrierefreiheit und 560000 Euro in Sonstiges.
Hinzu kommen 1280000 Euro für schulische/ bauliche Maßnahmen und 270000 Euro aus dem Klimaschutzprogramm.
Der Gesamtumfang für Maßnahmen an Gebäuden beträgt damit 4555000 Euro.
Ein Schwerpunkt ist im nächsten Jahr das berufliche Schulzentrum Backnang mit einem Gesamtbetrag von 1720000 Euro: Dachsanierung, Erneuerung Trinkwasserinstallation, Fortführung Fassadensanierung, Alarmierungssystem, Erneuerung Kfz-Werkstätten, EDV-Verkabelung/digitale Vernetzung und verschiedene kleinere Maßnahmen.
Am Sonderschulzentrum Murrhardt investiert der Landkreis 540000 Euro: Austausch der vorhandenen Beleuchtung gegen LED, Erneuerung Trinkwasserinstallation, Fassadensanierung und Lüftungssanierung.
Bei der Außenstelle des Landratsamts in Backnang fließen 350000 Euro in die Dachsanierung an der Villa Kaess und in eine LED-Beschilderung im Außenbereich.
In weitere Vorhaben an Landkreisliegenschaften in Waiblingen, Fellbach und Schorndorf fließen 1945000 Euro.