Schädlingsbekämpfung aus der Luft

Drohnen leisten mittlerweile gute Dienste in der Landwirtschaft. Mike Stather setzt damit die Larven von Schlupfwespen in Maisfeldern aus. Die geschlüpften Tierchen verhindern die Ausbreitung des schädlichen Maiszünslers und bewahren die Landwirte vor wirtschaftlichem Schaden.

Für die Befliegung setzt Mike Stather aus Diehlheim eine selbst umgebaute Drohne ein, aus deren durchsichtigem Unterbau 100 kleine Zellulosekugeln pro Hektar Ackerfläche abgeworfen werden. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Für die Befliegung setzt Mike Stather aus Diehlheim eine selbst umgebaute Drohne ein, aus deren durchsichtigem Unterbau 100 kleine Zellulosekugeln pro Hektar Ackerfläche abgeworfen werden. Fotos: Alexander Becher

Von Carolin Aichholz

Backnang. Kurz nach Sonnenaufgang um 6 Uhr steigt Mike Stather aus seinem Van aus und steht bereits mitten auf seinem Arbeitsplatz – auf einem Maisfeld. Drei Tage lang ist er nun schon unterwegs, er freut sich, wenn sein Nebenjob nach diesem Arbeitstag erledigt ist.

Landwirte wie Martin Krautter aus Waldrems sind ihm für seine Arbeit aber sehr dankbar. Mike Stather sorgt als selbstständiger Drohnenpilot nämlich dafür, dass Martin Krautters Maisfelder frei vom weit verbreiteten Maiszünsler bleiben. Auf 23 Hektar Ackerfläche baut der Backnanger Mais an, den er als Futtermittel an seine 250 Rinder verfüttert. Der Maiszünsler kann in seinen Feldern großen wirtschaftlichen Schaden anrichten, wenn er sich ungebremst ausbreitet. Darum nutzt Krautter bereits seit acht Jahren die Möglichkeit der Trichogramma-Ausbringung per Drohne.

Drohnenflüge im Urlaub und am Wochenende

„Trichogramma brassicae“ ist der lateinische Name der Schlupfwespe. Sie ist die Hauptakteurin dieses Unterfangens, wie Mike Stather erklärt. Er selbst packt zu Beginn der Aktion für seine umgebaute Drohne die Zellulosekugeln mit den Schlupfwespenlarven und seine Ehefrau ein, die ihn bei den meisten Touren unterstützt.

Zweimal im Jahr sind die beiden vier Tage lang unterwegs. Sie nehmen sich dafür Urlaub oder legen die Flüge nach Möglichkeit aufs Wochenende, denn eigentlich arbeitet der 50-Jährige als Maschinenbautechniker und seine Frau Stephanie ist Augenoptikerin. „Ich kümmere mich hauptsächlich darum, dass er ab und zu auch etwas isst“, sagt sie lachend, denn eigentlich ist der Drohnenpilot den ganzen Tag beschäftigt. Vorab kann er bereits den Flugplan über die Felder per GPS festlegen. Dann fährt er die oft weit auseinanderliegenden Felder an, baut sein Equipment auf und fliegt los.

Die Befliegung selbst dauert nur wenige Minuten

Aus einem durchsichtigen Gefäß, das der leidenschaftliche Bastler an seine Drohen angebaut hat, wird dann automatisch alle zehn Meter eine Zellulosekugel mit kleinen Löchern abgeworfen. Damit ist sein Job auch schon erledigt und er kann zum nächsten Feld fahren.

Um eine effektive Bekämpfung des Maiszünslers zu gewährleisten, werden die Felder zweimal pro Saison beflogen. Bei der ersten Tour schlüpfen aus 100 abgeworfenen Kugeln pro Hektar 220000 Schlupfwespen, beim zweiten Flug einige Wochen später nur noch halb so viele. Mit bloßem Auge sind nur kleine schwarze Pünktchen in der Kugel zu erkennen. Damit die Wespen nicht zu früh schlüpfen, müssen die Kugeln vor Abwurf stets gekühlt werden. Dafür haben die Stathers eine Kühlbox im Auto.

Bis zu 1100 Schlupfwespen werden sich aus dieser Kugel entwickeln.

© Alexander Becher

Bis zu 1100 Schlupfwespen werden sich aus dieser Kugel entwickeln.

Nach der Ausbringung schlüpfen die Larven innerhalb weniger Tage und wachsen zu 0,3 bis 0,4 Millimeter kleinen Schlupfwespen heran. Dann beginnen sie mit der Ausführung ihres Jobs: Sie legen in den Eiern des Maiszünslers ihre eigenen Eier ab. „Die Schlupfwespen parasitieren den Zünsler und verhindern so, dass er sich weiter vermehrt“, sagt Stefan Zoller vom Maschinenring Rems-Murr-Neckar-Enz, der die Aktion für Piloten und Landwirte organisiert und koordiniert. Diese biologische Methode der Schädlingsbekämpfung sei schonend für die Böden und andere Kleinstlebewesen, die sich in den Feldern tummeln, denn die Schlupfwespen greifen nur die Eier des Zünslers an. Der Verzicht auf chemische Mittel hat einen weiteren Vorteil: Die Pflanzen entwickeln keine Resistenzen gegen bestimmte Schutzmittel.

30 Prozent Ernteausfall durch Maiszünsler

Im Rems-Murr-Kreis besucht Mike Stather acht Landwirte mit insgesamt 102 Hektar Maisanbaufläche. Er und seine elf Kollegen sind für den Maschinenring in vielen Gebieten Baden-Württembergs und sogar noch in Teilen Bayerns unterwegs.

Und die Erfolge sprechen für sich. Martin Krautters Nachbar kam im Jahr nach dem ersten Drohneneinsatz auf seinem Feld auf ihn zu. „Es war ein Jahr mit starkem Zünslerbefall. Mein Mais stand wie eine Eins und er selbst hatte 30 Prozent Ernteausfall. Er hat mich dann gefragt, wie ich das hinbekommen habe.“ Seitdem fliegen die Drohnen auch über die Felder seines Nachbarn.

Laut Stefan Zoller vom Maschinenring Schwäbisch Hall könnte die Nachfrage nach der biologischen Schädlingsbekämpfung trotzdem größer sein. „Je mehr mitmachen, desto mehr lohnt sich die Fahrzeit auch für die Piloten. Der zeitliche Aufwand ist überschaubar und um die Ausbreitung möglichst im Keim zu ersticken, ist es besser, wenn die Landwirte diese Methode möglichst flächendeckend einsetzen.“

Schneller und präziser

Er selbst erinnert sich noch an Zeiten, in denen man händisch Kärtchen, aus denen die Larven schlüpfen sollten, in die Felder hängen musste. „Das war ein enormer Zeitaufwand, wirklich genau konnte man die Abstände nicht einschätzen und die scharfkantigen Blätter der Maispflanze haben uns die Unterarme aufgeschnitten.“

Die Drohnenbefliegung geht wesentlich schneller und die Kugeln landen präziser. Für die Landwirte ist es auch erschwinglich, denn die zweimalige Trichogramma-Ausbringung wird vom Staat subventioniert.

Drohnen in der Landwirtschaft

Rehkitzrettung Drohnen mit Wärmebildkameras können Rehkitze in Feldern aufspüren. Sie geben Helfern die Möglichkeit, sie vor Mähmaschinen zu retten.

Schadensbild Wenn beispielsweise Wildschweine große Schäden in Feldern anrichten, können diese über Fotoaufnahmen von Drohnen begutachtet und bewertet werden.

Einsatz von Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln Drohnen mit Multispektralkameras dokumentieren die Beschaffenheit der Böden und den Krankheitsbefall der Pflanzen. Mit ihren Aufnahmen können moderne Traktoren automatisch den Einsatz von Dünge- oder Spritzmitteln dosieren.

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Erstellt:
29. Juli 2023, 06:00 Uhr

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