Schlachthof-Skandal: Opposition kritisiert Agrarminister

dpa/lsw Stuttgart. Geschlagene und mit Elektroschockern misshandelte Schweine beschäftigen nun auch den Agrarausschuss des Landtags. Im Gärtringer Schlachthof-Skandal weist Agrarminister Hauk Kungelei-Vorwürfe der Opposition zurück - und verspricht einen besseren Schutz der Tiere.

Der geschlossene Schlachthof Gärtringen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archiv

Der geschlossene Schlachthof Gärtringen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archiv

Agrarminister Peter Hauk (CDU) hat sich im Gärtringer Schlachthof-Skandal gegen Vorwürfe der Opposition gewehrt, er habe einem Parteikollegen Sanktionen erlassen. Er habe dem Schlachthof-Chef „weder persönliche Gefallen getan, noch gab es persönliche Beziehungen über das Geschäftliche hinaus“, sagte Hauk am Dienstag bei einer Sondersitzung des Agrarausschusses.

Das Landratsamt Böblingen hatte gegen den mittlerweile geschlossenen Betrieb im März 2020 ein Zwangsgeld erhoben, das Hauk kurz darauf ausgesetzt, aber nach eigenen Worten nicht aufgehoben hat. Mitte August sei das Zwangsgeld wieder eingesetzt worden. Ihm seien damals keine Tierschutzverstöße bekannt gewesen.

Die Opposition wirft dem Minister vor, Schlachthof-Chef Wilhelm Dengler - ein Parteikollege Hauks - bevorzugt zu haben. Hauk sagte, Dengler habe sich im Frühjahr 2020 an das Agrarministerium gewandt - vor Bekanntwerden der Verstöße Ende August. Damals habe es zwei Treffen zwischen ihm und Dengler bei einer Veranstaltung und einem Besuch des Betriebs mit mehreren Personen in Gärtringen gegeben, auf weitere Mails des Schlachthof-Chefs habe er nicht geantwortet.

Der SPD-Politiker Jonas Weber kritisierte die Erklärung Hauks, bei dem ausgesetzten Zwangsgeld habe es sich um eine Liquiditätshilfe für einen systemrelevanten Betrieb in Corona-Zeiten gehandelt. Weber sagte, die Hälfte des Fleischs in Baden-Württemberg werde im Land geschlachtet, davon wiederum 80 Prozent von drei großen Betrieben. „Wie können Sie deshalb von einer Systemrelevanz sprechen?“, fragte Weber. Gärtringen sei nicht als Betrieb systemrelevant, sondern die Schlachtstätten insgesamt, erwiderte Hauk. „Systemrelevant ist Gärtringen nur für Peter Hauk selbst“, sagte Weber. Auch für die FDP gilt die Corona-Aussage als „Ausrede“.

Der Verein „Soko Tierschutz“ hatte Ende August Bildmaterial aus dem Schlachthof in Gärtringen veröffentlicht. Er wirft Mitarbeitern unter anderem vor, Schweine geschlagen und getreten sowie Elektroschock-Geräte eingesetzt und die Tiere unprofessionell betäubt zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Vor diesem Hintergrund machte die Aufsichtsbehörde den Schlachthof vorläufig dicht.

2018 führte das Ministerium ein Schlachthof-Monitoring ein. Damit sollte der Umgang mit Tieren in den Betrieben überprüft werden. Seit Beginn des Monitorings wurden nach Angaben des Ministeriums in 40 untersuchten Schlachthöfen 435 Mängel festgestellt. Es habe sich aber nicht um Tierrechtsverletzungen gehandelt, sondern um bauliche Mängel oder Probleme bei Arbeitsabläufen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.

Die Verstöße im Gärtringer Schlachthof entsprächen nicht seinem Verständnis von Tierschutz, betonte Hauk. Er setze sich für Verbesserungen ein, fordere etwa Gesetzesänderungen im Bund für die staatliche Überwachung von Schlachtbetrieben mit Kameras. Bislang seien solche Vorhaben jedoch an Datenschutzregeln gescheitert. Zudem sollen Landesbehörden wie die Stabsstelle für Tiergesundheit und Verbraucherschutz in Tübingen mehr Personal bekommen und Mitarbeiter in Schlachthöfen weitergebildet werden.

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Erstellt:
13. Oktober 2020, 12:51 Uhr

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