Schwerpunkt Musik im Gymnasium in der Taus

Das Gymnasium in der Taus verfügt mit dem Schwerpunkt Musik über einen ganz speziellen Bildungsgang. Von der fünften Klasse bis zum Abitur finden interessierte Jugendliche ein lückenloses Angebot.

Die Zusammenarbeit der Musiklehrer Daniel Brenner (links) und Dietrich Westhäußer-Kowalski mit Schülern wie Hendrik Wagner ist vermutlich intensiver als in anderen Fachbereichen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Zusammenarbeit der Musiklehrer Daniel Brenner (links) und Dietrich Westhäußer-Kowalski mit Schülern wie Hendrik Wagner ist vermutlich intensiver als in anderen Fachbereichen. Foto: Alexander Becher

Von Armin Fechter

BACKNANG. Hendrik Wagner ist einer von insgesamt neun Jugendlichen, die aktuell in der Kursstufe auf das Musikabitur zusteuern – sechs davon aus dem Tausgymnasium, zwei vom Max-Born-Gymnasium und einer vom Bildungszentrum Weissacher Tal. „Wir haben hier eine Kooperation“, erläutern die Musiklehrer Daniel Brenner und Dietrich Westhäußer-Kowalski. Dass zwei Drittel der Absolventen von der eigenen Schule stammen, liegt keineswegs nur daran, dass für sie der Zugang leichter und der Aufwand geringer ist als für Mitschüler, die pendeln müssen. Denn am Taus wird ab der fünften Klasse ein musikalischer Grundstock gelegt: Bis zu 40 Prozent eines Jahrgangs nehmen nämlich das Angebot des verstärkten Musikunterrichts – eine Stunde mehr pro Woche – an.

Das gemeinsame Musizieren steht dabei im Fokus, während das Erlernen eines Instruments zu Hause geschieht. Nicht alle Kinder, die hier mitmachen, spielen selbst ein Instrument. Sie bekommen dann für das Zusammenspielen von der Schule eines gestellt. Dazu steht eine große Bandbreite zur Verfügung, vom Altglockenspiel bis zu Rhythmus- und verschiedenen Perkussionsinstrumenten, überdies Geige, Bratsche und Blasinstrumente, E-Piano und Klavier.

„Es ist am Anfang sehr bunt“, erzählt Dietrich Westhäußer-Kowalski, der seit dem Jahr 2000 an der Schule wirkt, über die ersten Anfänge beim Zusammenspiel in jedem Jahrgang. Die Kinder brächten ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit, etliche spielen Querflöte, Klavier oder Gitarre, manche auch Streichinstrumente, während Oboe oder Fagott praktisch komplett fehlen. Daraus gilt es dann einen strukturierten Klangkörper zu formen. Was immer wieder eine Herausforderung darstellt, denn: „Sie sind es nicht gewohnt, gemeinsam zu musizieren.“

Es gibt keine Begabtenklassen,
sondern ein offen angelegtes System

„Wir machen es quasi als Breitenförderung“, verdeutlicht Daniel Brenner die Zielsetzung und stellt klar: „Wir wollen nicht eine musikalische Elite heranziehen.“ Während andere Schulen Begabtenklassen führten, praktiziere man am Gymnasium in der Taus ein offener angelegtes System, und das habe sich bewährt. Denn in Verbindung mit der Praxis lassen sich theoretische Inhalte auch recht gut vermitteln. Und überhaupt: „Man muss kein Wunderkind sein.“

Am Ende der fünften Klasse können sich die Kinder entscheiden, ob sie bis zur achten Klasse im Musikzug bleiben und den verstärkten Musikunterricht mit viel Praxis weiter annehmen wollen. Das aber, so Brenner, bedeute noch keine Vorentscheidung über die Wahl des Profils ab Klasse neun. An dieser Stelle öffnet sich dann eine neue Tür: Das Profilfach wird – ebenso wie Mathe, Deutsch und Fremdsprachen – vierstündig unterrichtet und zählt als Hauptfach, das Musikprofil ist eines von vier am Tausgymnasium wählbaren Profilen.

Die Gruppengröße reduziert sich an diesem Schnittpunkt von etwa 40 bis 50 im Musikzug der Unterstufe auf 10 bis 15 im Musikprofil der Mittelstufe. Auf die Teilnehmer kommen nun neue Herausforderungen zu. Musikalische Gruppenleitung lautet eines der Themen – also vor eine Gruppe hinstehen, ein Stück einüben und dirigieren oder aber eine Gruppe vom Klavier aus durch ein Stück führen.

Weitere Themen

Brenner, der in Berlin über das Beethovenbild und bis heute fortwirkende Mythen promoviert hat und seit 2011 in Backnang arbeitet, macht deutlich, dass es hier darauf ankommt, mit der Gruppe zu arbeiten, Anweisungen zu geben und dann den Output zu kontrollieren – Qualitäten, die auch im Beruf in einer Führungsposition erwartet werden. Und: „Man lernt beim Umgang mit Partituren irrsinnig viel über Musik.“ Man bewege sich dabei in einem geschützten Raum innerhalb der Gruppe, wachse in die Rolle hinein und könne daraus einen Riesengewinn für die Persönlichkeit ziehen. Darüber hinaus kommen hier auch die schulischen iPads zum Einsatz: Mithilfe einer App können eigene Coversongs oder Podcasts zu Filmmusik erstellt werden.

Nach der elften Klasse – das Tausgymnasium führt als G-9-Einrichtung bis zur 13. Klasse – folgen zwei Jahre Kursstufe. Wer hier den Leistungskurs Musik wählt, wird auf ausgewählten Gebieten auf die Prüfung vorbereitet. Die Vertiefungsthemen – bisher jeweils drei verschiedene, künftig zwei – behandeln übergreifende Fragestellungen. Für den Abijahrgang 2024 sind dies das Variieren vom Barock bis in die Moderne mit Werkbeispielen von Bach, Beethoven, Reger und Webern, ferner Jazz am Beispiel von zehn Standards, wobei es um unterschiedliche Stile ebenso wie um soziale Hintergründe geht, und schließlich Musik als Sprache mit Liedern, die wie Schuberts „schöne Müllerin“ innere Empfindungen zum Ausdruck bringen.

„Die Aufgaben werden kreativer und offener“, erläutert Brenner – einen Film dazu drehen, einen Popsong daraus machen, die Motive in Bilder oder Szenen umsetzen, all das liegt im Bereich des Möglichen. Unterm Strich: Nachdenken über ein Thema in seiner Gesamtheit. Einen Einblick in die Vielfalt dieser Interpretationsansätze gab der Leistungskurs bei seinem Schubertabend Anfang Februar, in dem die Abiturienten einen Bogen vom Schubertlied bis hin zu „Girl from Ipanema“ spannten.

Die sieben Musikfachkräfte
an der Schule ergänzen sich gut

Und dann wären da noch die vielfältigen AGs, an denen sich die Kinder und Jugendlichen neben dem Musikunterricht beteiligen können – auch diejenigen, die weder Musikzug noch Musikprofil gewählt haben. Letztere aber stellen, wie die Musiklehrer erklären, wichtige Stützen dar. Deshalb wird von ihnen die Mitwirkung auch erwartet, sei es im Unterstufenchor, im Orchester, in der Rockband oder in anderen Formaten. Probenzeiten sind fest im Stundenplan verankert; und wenn es um die konkrete Vorbereitung auf die großen Konzerte vor Weihnachten im Matthäus-Gemeindezentrum oder im Sommer im Bürgerhaus geht, werden die Mitwirkenden für die Probentage vom Unterricht freigestellt. Nicht nur das: Es dürfen zu diesen Zeiten auch keine Tests geschrieben werden.

Andere Proben finden außerhalb der Schulzeiten statt, etwa die legendären „Pizzaproben“ an Samstagen oder die dreitägigen Musikwochenenden in Weikersheim. Hinzu kommen für einzelne Ensembles gelegentliche musikalische Umrahmungen bei schulischen Events und manchmal externe Auftritte. Um dieses Pensum zu bewältigen, müssen nicht nur Lehrer und Schüler eng zusammenwirken, sondern auch die Pädagogen untereinander – vielleicht sogar mehr als in anderen Fachbereichen. Wobei Brenner und Westhäußer-Kowalski unterstreichen: „Es gibt keine Konkurrenzsituation.“ Die insgesamt sieben Musikfachkräfte an der Schule ergänzten sich sehr gut.

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Erstellt:
25. März 2024, 06:00 Uhr

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