Mehrheit für Impfpflicht: Wenig Verständnis für Protest
dpa/lsw Stuttgart. Ob sie kommt, steht in den Sternen. Doch im Südwesten sind sechs von zehn Menschen für eine Impflicht. Das Corona-Krisenmanagement der Landesregierung scheint vielen verbesserungswürdig.
Die Mehrheit der Menschen im Südwesten spricht sich für eine allgemeine Corona-Impfpflicht aus und stützt damit das Ansinnen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). 59 Prozent sind dafür, 37 Prozent dagegen, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage von infratest dimap im Auftrag von SWR und „Stuttgarter Zeitung“ ergab. Die seit Wochen laufenden Proteste von Gegnern der staatlichen Corona-Maßnahmen stoßen bei der großen Mehrheit der Menschen in Baden-Württemberg auf Ablehnung. Knapp drei Viertel (74 Prozent) der Befragten haben wenig oder gar kein Verständnis dafür.
Bei der Beurteilung der geltenden Corona-Maßnahmen sind diejenigen in der Überzahl, die die Einschränkungen für angemessen oder noch nicht für ausreichend halten. 46 Prozent der Wahlberechtigten sind einverstanden mit den Maßnahmen der Alarmstufe II, die vor allem Ungeimpfte treffen. Jeder Vierte (24 Prozent) wünscht sich dagegen härtere Vorgaben, um die steigenden Ansteckungszahlen einzudämmen. 26 Prozent halten die Auflagen für Übertrieben - darunter sind erwartungsgemäß viele AfD-Anhänger (65 Prozent).
Bei der Impfpflicht zeigt die Umfrage: Je älter die Menschen sind, desto höher ist die Zustimmung. So sind 74 Prozent der über 65-Jährigen dafür, bei den 40- bis 64-Jährigen sind es 57 Prozent. Von den Jüngeren bis 39 Jahre sind noch die Hälfte der Menschen für eine Impfpflicht gegen das Coronavirus.
Und wie zufrieden sind die Menschen mit dem Corona-Krisenmanagement der grün-schwarzen Landesregierung? 47 Prozent halten es für gut, 50 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. Im Vergleich zum März 2021, als vor der Landtagswahl recht strenge Auflagen galten, fällt das Urteil etwas wohlwollender aus.
Die politische Stimmung im Land hat sich seit der Landtagswahl und dem Rekordergebnis der Grünen unter Kretschmann etwas verändert. Die Grünen liegen laut Umfrage nur noch knapp vor der CDU. Wäre am kommenden Sonntag Landtagswahl, käme die Öko-Partei auf 26 Prozent, ein Minus im Vergleich zur Wahl von 6,6 Prozentpunkten. Im Oktober, kurz nach der Bundestagswahl, waren es in einer Infratest-Umfrage noch 27 Prozent gewesen.
Der Koalitionspartner CDU könnte demnach mit 23 Prozent (Wahl: 24,1) rechnen und würde auf Platz zwei landen. Im Vergleich zur Umfrage im Oktober, kurz nach der Pleite bei der Bundestagswahl, können sich die Christdemokraten im Südwesten erholen. Damals waren sie nur noch auf 17 Prozent gekommen und lagen damit hinter der Südwest-SPD auf Rang drei.
Bei den Sozialdemokraten flaut der Rückenwind aus Berlin derweil offensichtlich wieder etwas ab. Während sie im Oktober bei 20 Prozent lagen, kommen sie nun auf 16 Prozent. Im Vergleich zur Landtagswahl wäre das immer noch ein Plus von 5 Punkten. Auch die Landes-FDP kann ihr Hoch vom Oktober nicht halten: Sie verliert 3 Punkte und landet bei 12 Prozent; bei der Landtagswahl erreichte sie 10,5 Prozent. Die AfD verbessert sich und kommt auf 11 Prozent, ein Plus von 2 Punkten im Vergleich zur Umfrage im Oktober. Bei der Wahl im März hatte sie 9,7 Prozent errungen.
Die nächste Landtagswahl ist erst im Frühjahr 2026, bei der Kretschmann aber nicht mehr als Ministerpräsident antreten will.
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