„Sei nett zu dir selbst und tu dir Gutes“

Gesund bleiben in stressigen Berufen (1): Tesat-CPO Marc Steckling findet den Ausgleich zur Arbeit vor allem bei seiner Familie

Rund 1200 Personen arbeiten derzeit bei Tesat-Spacecom. Einer von ihnen ist Marc Steckling. Der 50-Jährige ist der Chief Programs Officer (CPO) des Backnanger Unternehmens, sein Arbeitsbereich sind alle Programme und operativen Tätigkeiten. Ein anstrengender Job? Ja, aber Steckling hat für sich selbst Wege gefunden, den Stress zu verringern und sich wohlzufühlen.

Marc Steckling hat als einer von drei Vorständen bei Tesat-Spacecom eine Menge Verantwortung und Arbeit. Einer seiner Geheimtipps, um Stress zu vermeiden: Prioritäten setzen. Foto: Tesat

Marc Steckling hat als einer von drei Vorständen bei Tesat-Spacecom eine Menge Verantwortung und Arbeit. Einer seiner Geheimtipps, um Stress zu vermeiden: Prioritäten setzen. Foto: Tesat

Von Silke Latzel

BACKNANG. Seit knapp einem Jahr ist Marc Steckling in Backnang und bei Tesat-Spacecom. „Ich bin sehr gerne hier. Die Arbeit macht mir viel Spaß, obwohl die Verantwortung natürlich groß ist. Und wer sagt, er habe im Beruf nie Stress, der lügt.“ Steckling ist einer von drei Geschäftsführern und hat ein bewegtes Arbeitsleben hinter sich, das ihn schon mehrmals von seiner Familie getrennt hat. Doch mit den Jahren hat er gelernt, damit umzugehen, und hat seine ganz eigenen Patentrezepte für einen gesunden Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben.

Prioritäten setzen: „Jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit komme, schaue ich mir an, welche Aufgaben anstehen, bewerte, welche Themen die wichtigsten sind und suche mir dann drei aus, die ich an diesem Tag voranbringen will. Ich fokussiere mich dann auf diese Aufgaben und versuche, sie gut und schnell zu erledigen.“ Zudem sucht Steckling sich für jeden Tag eine Aufgabe, die ihm besonders Spaß macht. Wichtig sei für ihn zudem ein strukturierter Tagesablauf und eine gute Terminplanung. „Ich checke zum Beispiel nicht ständig meine E-Mails, schon gar nicht vor der Arbeit. Da würde ich ja zu nichts anderem mehr kommen“, sagt er und lacht. 45 Minuten am Vormittag und nachmittags, „wenn es reinpasst“, bemüht er sein E-Mail-Programm. „Auch hier reicht es oft schon zu schauen, welche Nachrichten denn wichtig sind und welche noch warten können.“ Generell verbringe der Chief Programs Officer seine Zeit sowieso lieber mit den Mitarbeitern als am Computer. Die Priorisierung zieht sich auch in Stecklings Privatleben: „Eigentlich könnte man ja jeden Tag etwas unternehmen: Kino, Freunde Treffen, Konzerte... Aber es sollten dann halt auch Dinge sein, die einen wirklich glücklich machen und die Energie spenden, statt sie zu nehmen.“ Sein Motto: „Sei nett zu dir selbst, lerne, auf dich zu hören, nimm die Sachen ernst, von denen du weißt, dass sie dir gut tun. Für mich ist das beispielsweise eine Tasse Kaffee, die ich morgens im Bett trinke. Diese fünf Minuten ganz alleine für mich genieße ich jeden Tag.“

Sport: Morgens vor der Arbeit geht Steckling entweder joggen oder schwimmen, immer abwechselnd, je nach Lust und Laune und Wetter. „Das macht mir einfach den Kopf frei“, sagt er.

Betriebliche Gesundheitsvorsorge: „Wir bieten verschiedene Arbeitszeitkonzepte an und haben eine Kernarbeitszeit, die relativ viel Flexibilität bietet“, so Steckling. Zudem könne man sich bei Tesat durch das Programm „Care of life“ eine Auszeit von bis zu einem Jahr genehmigen. „Das ist eine Art Sabbatical, das man nutzen kann, um eventuell kranke Familienangehörige zu pflegen oder vielleicht auch einfach nur um eine längere Pause zu machen und die Zeit zum Beispiel für eine Weltreise nutzen.“ Finanziert wird das Ganze über angepasste Gehaltszahlungen, entweder vor oder nach der Auszeit. „Wir bieten außerdem Telearbeitsplätze und Gesundheitschecks an, haben einen Betriebsarzt, zu dem man jederzeit gehen kann, wenn man Probleme hat und ermöglichen unseren Mitarbeitern interne Yogakurse, Rückenschulungen und mehr.“ Auch dass die Kantine nicht weit entfernt ist, ist für Steckling wichtig. „Es ist einfach ein Mix aus Angeboten, der wichtig ist. Natürlich sind es auch die spannenden Projekte, an denen wir arbeiten. Denn im Prinzip sollte es doch so sein, dass man zur Arbeit kommt und gar nicht merkt, dass es Arbeit ist, weil man so viel Spaß hat.“ In diesem Zuge findet er auch wechselseitige Feedbackrunden hilfreich: „Gelobt zu werden und konstruktive Kritik zu bekommen beziehungsweise genau das auch beim eigenen Vorgesetzten anzuwenden, hilft, um ein gutes Arbeitsklima zu schaffen.

Wohnort: „Sehr viel Lebensqualität macht für mich der kurze Weg zur Arbeit aus. Ich wohne derzeit noch in der Backnanger Innenstadt, brauche zu Fuß etwa fünf Minuten bis zum Betriebsgelände. Das ist schon ein riesiger Unterschied zu jemandem, der eine Stunde oder mehr zur Arbeit braucht, denn auf langen Arbeitswegen geht einfach zu viel Zeit verloren.“ Backnang gefällt ihm deshalb gut: „Ich habe alles was ich brauche vor der Tür, kann fußläufig alles Wichtige und Interessante erreichen. Von Montag bis Freitag benutze ich quasi nie mein Auto.“

Familie: Als Marc Steckling vor rund einem Jahr den Job bei Tesat angenommen hat, war schon klar, dass er erst einmal alleine nach Backnang ziehen wird, in ein Apartment. „Das war früher schon so: Wenn ich mich beruflich verändert habe, bin ich zuerst umgezogen, wir haben uns in aller Ruhe ein Haus gesucht und dann kam meine Familie nach.“ Familie sind für Steckling nicht nur seine Frau und sein elfjähriger Sohn, sondern auch seine Eltern, die beide mittlerweile um die 80 Jahre alt sind. „Als ich in München gearbeitet habe, sind meine Eltern von Berlin mit uns umgezogen. Ich hoffe, das tun sie jetzt auch und kommen mit nach Backnang. Sie sind beide sehr offen und kommunikativ, gewöhnen sich schnell an neue Situationen.“

Momentan sieht Steckling seine Familie nur am Wochenende. „Ich bin kein Fan von jahrelanger Pendelei, aber momentan wechseln wir uns ab, mal fahre ich nach München, mal kommen sie zu mir.“ Ein Vorteil, den er jetzt genießt: „Derzeit ist es noch kein Alltag, wenn wir uns sehen, sondern wir sind aufeinander fokussiert, genießen die gemeinsamen zwei oder drei Tage.“ Anfang kommenden Jahres will Stecklings Familie auch nach Backnang ziehen, ein Haus gibt es schon. „Je älter mein Sohn wird, desto mehr Rahmenbedingungen gibt es für so einen Umzug eben, da kann dann nur zum Halbjahr oder am Ende des Schuljahres gewechselt werden“, sagt Steckling. „Und meine Frau hat ja auch noch einen Beruf.“ Er lacht. „Momente zu finden, in denen man Zeit für die Familie hat und sich dann nur auf sie konzentriert, das macht für mich viel aus und nimmt mir auch einen gewissen Stress.“ Auch wichtig für ihn: „Meine Frau hält mir den Rücken frei. Sie kennt mich besser als jeder andere und ich weiß, dass ich mich immer auf sie verlassen kann.

Handy: Permanente Erreichbarkeit ist für Steckling ein großer Stressauslöser: „Natürlich bin ich während der Arbeitszeit und auch kurz danach noch erreichbar. Aber ich persönlich finde es sehr wichtig, das Handy auch hin und wieder abzuschalten. Und wenn jemand sagt, dass er das nicht kann, sage ich immer, dass jedes Mobiltelefon, egal von welchem Hersteller, doch da etwas ganz Einfaches eingebaut hat: den Ausknopf.“

Schlaf: „Ich habe festgestellt, dass ich zwischen sechs und sieben Stunden Schlaf brauche. Um beispielsweise wichtige Entscheidungen treffen zu können, muss ich ausgeschlafen sein.“ Während andere vor der verdienten Nachtruhe noch eine heiße Milch mit Honig trinken, steht für den 50-Jährigen etwas anderes auf dem Programm: „Jeden Abend lasse ich den Tag Revue passieren und versuche mich an drei schöne Momente zu erinnern. Die gibt es nämlich immer, auch wenn es vielleicht mal wieder so ein Tag war, der in Kategorie ,hätte die Menschheit echt nicht gebraucht‘ fällt. Denn oft sind es ja auch die kleinen Dinge, die das Leben und einen Tag schön machen.“

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Erstellt:
12. September 2018, 06:00 Uhr

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