Amtsgericht Backnang: Sekundenschlaf am Steuer kommt teuer

Das Backnanger Amtsgericht verurteilt 45-Jährigen zu zehn Monaten Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt sind.

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Von Jutta Rieger-Ehrmann

Backnang. Ein 45 Jahre alter Mann musste sich jetzt vor dem Amtsgericht Backnang für einen Unfall verantworten, bei dem eine Ampelanlage und ein Stromverteilerkasten zerstört wurden und zudem ein geparktes Auto von umherfliegenden Trümmerteilen total beschädigt wurde. Der Schaden: insgesamt etwa 32000 Euro. Erschwerend kommt hinzu, dass der Angeklagte ohne Führerschein unterwegs war und dies nicht zum ersten Mal. Er wurde daher zu zehn Monaten mit einer Bewährungszeit von drei Jahren sowie 80 Arbeitsstunden verurteilt. Zusätzlich wird ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt und der Führerschein für 18 Monate entzogen. Der Angeklagte trägt ferner, wie gesetzlich vorgeschrieben, die Kosten des Verfahrens.

Der Angeklagte erklärte, zu dieser Autofahrt sei es gekommen, da ihn seine Tochter zu ihrer Einschulung in eine weiterführende Schule eingeladen hatte. Spätabends auf der Rückfahrt sei er ziemlich übermüdet gewesen. Er habe gehofft, die kurze Reststrecke nach Hause noch zu schaffen. Dem war nicht so, da er wenige Hundert Meter von seiner Haustür entfernt am Steuer eingeschlafen sei. Er selbst habe bei dem Unfall einige kleinere Blessuren davongetragen. Den verursachten Sachschaden bezahle er bereits in Raten ab.

Zeugin sagt aus, Alkohol sei nicht im Spiel gewesen

Die Zeugin, eine Polizeibeamtin, sagte aus, dass sich ein großes Schadensbild geboten habe. Alkohol sei nicht im Spiel gewesen. Der 45-Jährige wollte zuerst keine Angaben machen, habe jedoch später eine komplette Einlassung mit einem vollständigen Geständnis abgegeben. Der Mann ist geschieden, hat eine Tochter aus erster Ehe und mit seiner Lebenspartnerin drei weitere Kinder. Die Realschule und eine Ausbildung habe er abgebrochen, auch wegen seiner Drogensucht. Die Firma, bei der er zuletzt gearbeitet hatte, möchte ihn aber wieder einstellen, eine Umschulung sei geplant. Er habe sich auch einer Therapie und Entgiftung unterzogen und sei seit einem Jahr vollkommen „sauber“. Eine Langzeittherapie ist beantragt, vor allem weil er privat Stabilität brauche und beruflich wieder Fuß fassen möchte.

So weit der Angeklagte. Der Richter verlas die Liste seiner Vorstrafen, darunter waren auch Haftstrafen sowie einschlägige Einträge. Doch selbst der Staatsanwalt beantragte in seinem Plädoyer trotz allem eine Bewährungsstrafe plus Arbeitsstunden. Strafmildernd wirkten sich sein Geständnis aus und seine Anstrengungen im Hinblick auf Umschulung und Therapie. Allerdings sei doch eine „erhebliche Hartnäckigkeit“ zu konstatieren, was das Fahren ohne Führerschein betrifft. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass er sich verstärkt um seine Familie kümmern möchte. Sein Rechtsbeistand schloss sich diesem Antrag an. Auch der Richter sprach in seiner Urteilsbegründung das Geständnis an, das nicht selbstverständlich gewesen sei. Außerdem könne er den Willen zur Besserung erkennen, auch was die Straftaten angehe. Doch er betonte ebenfalls, dass diese „Abkühlungsphase jetzt aufhören müsse“, das sei definitiv seine letzte Bewährung gewesen. Die Ampel habe schon „Dunkelorange“ gezeigt.

Alle Parteien erklärten sich mit dem Richterspruch einverstanden. Somit ist das Urteil rechtskräftig.

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Erstellt:
19. Juli 2023, 06:00 Uhr

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