Sieglinde Feuerabendt ist die erste Chefärztin am Klinikum in Winnenden
Seit Juli führt Sieglinde Feuerabendt die Fachklinik für Pneumologie am Rems-Murr-Klinikum Winnenden. Die 58-Jährige gilt als Expertin der Lungenheilkunde. Vor ihrem Wechsel nach Winnenden leitete Feuerabendt die Sektion Pneumologie am Klinikum Stuttgart. Ihre neue Arbeitsstätte möchte sie künftig noch interdisziplinärer aufstellen.

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Sieglinde Feuerabendt möchte die Menschen im Einzugsgebiet des Klinikums vor allem medizinisch gut versorgen. Foto: Alexander Becher
Von Melanie Maier
Winnenden. Bis vor Kurzem war Sieglinde Feuerabendt noch am Klinikum in Stuttgart tätig, seit diesem Monat leitet sie nun die Fachklinik für Pneumologie am Rems-Murr-Klinikum Winnenden. Feuerabendt folgt auf den bisherigen Chefarzt Tobias Merk, der das Lungenzentrum mit dem Chefarzt der Thoraxchirurgie, Privatdozent Alessandro Marra, ausgebaut hat. Merk ist an seine vorherige Wirkungsstätte zurückgekehrt, nachdem sein früherer Chef in den Ruhestand gewechselt war.
Feuerabendt ist die erste Chefärztin am Klinikum, das insgesamt 15 Fachkliniken umfasst. Diese Position ist ihr nicht fremd. Sie war schon oft die erste Frau in einer männerdominierten Branche. „Trotzdem bin ich ein wenig erschrocken, als mir klar wurde: ‚Hoppla, du bist mal wieder die Einzige unter Männern‘“, sagt sie. „Da habe ich mein Ego erst mal überprüft und überlegt, ob ich etwas verkehrt gemacht habe. Aber ich bin schnell zu dem Schluss gekommen, dass ich mich entspannen kann.“
Wegbereiterin für jüngere Kolleginnen
Eine Quotenfrau sei sie nicht, betont sie: „Zuletzt war ich Sektionsleitung, da war der Schritt zur Chefärztin naheliegend.“ Für viele jüngere Kolleginnen ist die 58-Jährige, die vier erwachsene Kinder hat, dennoch so etwas wie eine Wegbereiterin. „Mir wurde schon öfter im Vieraugengespräch oder auch in der Gruppe gesagt: ‚Sie sind unser großes Vorbild, weil Sie es geschafft haben, Familie und Beruf in einer fantastischen Weise unter einen Hut zu bringen.‘ Das hat mich natürlich sehr berührt und mich darin bestärkt, so zu bleiben, wie ich bin.“
Dass sie Ärztin werden würde, stand nicht von vornherein fest. „Ich habe eine spannende Vergangenheit“, erzählt Feuerabendt. „Ich bin im Hinterwald geboren, in einem Holzhaus, ohne Arzt und ohne viel Schickimicki.“ Ihre Jugend verbrachte sie in Bayreuth. In München studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität. Über mehrere Stationen (siehe Infotext), darunter etwa die Lungenklinik in München-Gauting und das Kreiskrankenhaus in Dillingen an der Donau, kam sie nach Baden-Württemberg.
Knapp vier Jahre lang war Feuerabendt am Klinikum in Stuttgart tätig. Für den Wechsel ans Rems-Murr-Klinikum, von der Stadt aufs Land, hat sie sich aus mehreren Gründen entschieden. „Dieses Haus bietet sehr viele gute Dinge, die ich woanders nicht unbedingt so gegeben sehe“, erklärt die Ärztin. Das Klinikum habe eine gute, gesunde Struktur und sei zukunftsorientiert aufgebaut. Zudem habe es im Rems-Murr-Kreis, in einem beachtlichen Einzugsgebiet mit rund 500000 Menschen, die Monopolstellung inne. „Das heißt, die Infrastruktur in jeder Hinsicht, sowohl von der Klinik als auch vom Umfeld, ist da“, fasst Feuerabendt zusammen. Darüber hinaus sei es in einem kleineren Krankenhaus besser möglich, die Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen, Vernetzungen zu bilden und enger im Team zusammenzuarbeiten. Diesbezüglich sind ihre Erwartungen bis jetzt mehr als erfüllt worden. „Menschlich bin ich hier wunderbar aufgenommen worden – jeder ist freundlich, jeder ist hilfsbereit“, betont sie.
Seit 2002 ist sie in der Lungenheilkunde tätig
Dass sie sich beruflich gerne mit der Lunge beschäftigen würde, das hat Feuerabendt 2001 entschieden. Seit 2002 ist sie in der Lungenheilkunde tätig. Ihr Interesse an der Fachrichtung Pneumologie hat auch einen nicht medizinischen Hintergrund. „Ich komme aus einem philosophischen Haushalt mit Schwerpunkt auf alternativen Heilmethoden“, berichtet sie. „Ich bin auch sehr früh Yogalehrerin geworden. Das Wort ‚Atman‘ aus dem Sanskrit heißt so viel wie Atmen und Luft, kann aber auch den Geist meinen. Und das kann man genauso in die Medizin übertragen. Man kann sagen, die Lunge ist eigentlich unser zentrales Organ, weil sie mit allen anderen Organen in unmittelbarem Zusammenhang steht. Gleichzeitig ist jede Veränderung in der Lunge medizinisch in der Bildgebung zu sehen. Die Lunge spricht quasi mit uns. Das macht die Faszination für das Fach aus.“
Für das Klinikum in Winnenden hat sie selbstverständlich auch ihre eigene Vision mitgebracht. Zuallererst einmal möchte sie den Menschen im Einzugsgebiet der Klinik einfach eine gute medizinische Versorgung bieten. Was ihr außerdem wichtig ist, ist ein Arbeitsumfeld mit einer guten Atmosphäre zu schaffen, in dem sich die Mitarbeiter und die Patienten wohlfühlen. Zudem hat sie sich vorgenommen, mehr Struktur in das Lungenzentrum, zu dem auch die Fachklinik Pneumologie, die sie leitet, gehört (siehe Infotext), zu bringen, es breiter und interdisziplinärer aufzustellen. „Wir wollen gerne Lungenkrebszentrum werden“, berichtet Feuerabendt. Nicht zuletzt möchte sie noch enger mit den Kinderärztinnen und -ärzten im Kreis arbeiten und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten durch den Aufbau ambulanter spezialfachärztlicher Fachabteilungen Arbeit abnehmen.
Um das Grundgerüst für diese Ziele zu legen, nimmt sie momentan an zahlreichen Sitzungen und Besprechungen teil. Das soll jedoch kein Dauerzustand sein. Ihre medizinische Expertise weiterhin einbringen zu können ist ihr wichtig, „das ist ja die Kernaufgabe“. Gleichzeitig weiß sie auch, dass sie ihre Zeit als Chefärztin von nun an gut einteilen muss. „Ich glaube, da muss man sich selbst sehr disziplinieren“, sagt sie. „Man muss als Chef die Patienten kennen. Dennoch darf man nicht den Fehler begehen, an erster Front mitkämpfen zu wollen. Denn der Tag hat nur 24 Stunden und wenn man in der verkehrten Liga spielt, fehlt man da, wo man hingehört. Meine Aufgaben jetzt sind vor allem Organisation, Ausbildung, Qualifikation und Teambildung.“
Vita Aufgewachsen ist Sieglinde Feuerabendt (58) in Bayreuth. Studiert hat sie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Dort hat sie Facharzttitel in Innerer Medizin und Pneumologie erworben. Nach ihrem Abschluss hat sie an verschiedenen Fach- und Allgemeinkliniken praktiziert,
außerdem in Forschung und Lehre an der Universitätsklinik Ulm gearbeitet. Am Klinikum Stuttgart hatte sie neben der Sektionsleitung Pneumologie auch die Leitung des Thorax-Tumor-Boards, des Pneumo-Infekto-Boards und die Leitung des ASV-Teams inne, das sich mit Mykobakteriosen, seltenen Lungenerkrankungen und Mukoviszidose beschäftigt. Feuerabendt hat vier erwachsene Kinder. Sie wohnt in Winnenden.
Lungenzentrum Rems-Murr Die Fachklinik für Pneumologie bildet zusammen mit der Fachklinik für Thoraxchirurgie das Lungenzentrum Rems-Murr. In dem fachübergreifenden Zentrum für Lungenmedizin werden sämtliche Lungen- und Brustkorberkrankungen konservativ und operativ behandelt. Mehr Infos: https://t1p.de/ufxhz