Skateboard-Wettbewerb im Backnanger Juze

Beim Miniramp-Contest zeigen Anfänger und Fortgeschrittene ihre Kunst, mit dem Skateboard die Kurven und Kanten der Anlage spielerisch zu nehmen und Figuren einzubauen. Dabei geht es aber nicht nur ums Können, sondern auch um ein Lebensgefühl.

Anika Braunger aus Stuttgart zeigt sich beim Wettbewerb im Juze souverän und experimentierfreudig. Wie die anderen Fortgeschrittenen ist sie ganz schön akrobatisch unterwegs. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Anika Braunger aus Stuttgart zeigt sich beim Wettbewerb im Juze souverän und experimentierfreudig. Wie die anderen Fortgeschrittenen ist sie ganz schön akrobatisch unterwegs. Fotos: Alexander Becher

Von Christine Schick

Backnang. Neben den Sofas und Sitzecken im Erdgeschoss des Jugendzentrums Backnang finden sich jede Menge Skateboards und zeugen vom bevorstehenden Wettbewerb, den der Verein SK8 Backnang ausrichtet. Zum Miniramp-Contest auf der hauseigenen Anlage, die sich auch als kleinere Variante einer Halfpipe, also zwei gegenüberliegenden steilen Kurven, beschreiben lässt, sind Skaterinnen und Skater aus Backnang und Umgebung, aber auch aus einem größeren Umkreis, beispielsweise Freiburg, Nürnberg, Heilbronn und Stuttgart gekommen. Janosch Renner, Max Grupp und Ayleen Erb, die im SK8 Backnang und Juze engagiert sind, stellen die Jury, sitzen an einem Tisch vor der Anlage und nehmen die Anmeldungen entgegen.

Benjamin Schimke aus Backnang, der unter seinem Spitznamen „Benny“ antritt, räumt ein: „Ich bin schon ein bisschen aufgeregt.“ Der 25-Jährige steigt als Rookie (englisch für Anfänger) in den Ring beziehungsweise die Kurven. Auf den Brettern mit vier Rädern ist er schon sechs Jahre unterwegs. „Erst auf dem Longboard, das sich weniger für Tricks, sondern mehr fürs Fahren eignet, seit etwa einem Jahr hab ich mit dem Skateboard angefangen“, erzählt er.

Als Trick wird ein Sprung, eine Drehung oder andere Figur bezeichnet, die auf der Miniramp vor allem beim Nehmen der Kante gezeigt wird. Auf diese überschaubare Indooranlage freut sich Umay Demir besonders. Die Zwölfjährige ist mit ihrer Mutter aus Freiburg nach Backnang gekommen, um beim Contest dabei zu sein. Angefangen hat sie bereits vor vier Jahren. Nach ersten Erfahrungen auf einem Anfängerboard und einem Skaterkurs war klar: „Ich wollte mein eigenes Board und bin in den Skaterpark gegangen.“ Mittlerweile bestreitet sie die Disziplinen „Halfpipe“, „Bowl“ und „Street“ und geht als Fortgeschrittene an den Start.

Fünf Anläufe gibt es für den „Best Trick“

Insgesamt sind weniger Skateboarderinnen als Skateboarder mit von der Partie und so ist Umay umso begeisterter, Anika Braunger zu treffen, die sie von anderen Contests kennt. Angefangen hat bei ihr alles in der Coronazeit, als sie zunächst auf Rollschuhen von Dorf zu Dorf zog und später in Kontakt mit der Skateboardszene kam. „Ich hab mir erst ein günstiges Kinderboard gekauft“, sagt die 23-Jährige, die heute in Stuttgart lebt und soziale Arbeit studiert. „Ab da war ich addicted (süchtig), konnte nicht mehr aufhören.“

Janosch Renner läutet die Wettkämpfe für die vier Rookies und neun Fortgeschrittenen in zwei Kategorien ein und erläutert sie dem Publikum: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind aufgerufen, ihre „Best Line“, also ihren besten Lauf, mit verschiedenen Tricks zu zeigen. Dafür ist eine halbe Minute Zeit, und es gibt drei Versuche. Fünf Anläufe haben sie außerdem für ihren „Best Trick“, also die aktuell ausgeklügelste Figur, an der sie arbeiten und die es vorzuführen gilt.

Paul Jerusalem aus Allmersbach am Weinberg versucht sein Skateboard wieder einzufangen. Nicht immer gelingt das und es legt die Skaterinnen und Skater auch mal hin.

© Alexander Becher

Paul Jerusalem aus Allmersbach am Weinberg versucht sein Skateboard wieder einzufangen. Nicht immer gelingt das und es legt die Skaterinnen und Skater auch mal hin.

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Drei Skater und eine Skaterin machen als Rookies den Anfang, wobei sich beispielsweise die junge „Beci“ souverän entspannt an die Sache und die Kanten heranarbeitet oder „Benny“ sich an der Decke festhält, um mit dem Board nach unten zu rauschen, und bei der Drehung vom Brett rutscht, aber wie „Börnyie“ und „Justus“ gleich wieder aufsteht, um weiterzumachen. Bei den Fortgeschrittenen wird die Bandbreite des Sports, seiner Kunst genauso wie die Vielfältigkeit des Abgangs noch deutlicher. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen spielen förmlich mit den beiden gegenüberliegenden Kanten. Mal schlittern sie längs über sie und integrieren eine Drehung, mal stellen sie sich kürzer oder länger dort mit dem Board auf, um zur nächsten Figur in die Kurve zu segeln. Nicht selten wird der fahrbare Untersatz selbst als bewegtes Teilelement mit eingebaut wie beim „Kickflip“ oder beim „Front-Food-Impossible“, wenn das Skateboard während des Sprungs auf kunstvolle Weise gedreht wird.

Nicht ganz ohne Grund gibt es die Publikumswertungskategorie „Bester Sturz“

Dass die geplante Performance und der einzelne Trick nicht immer gelingen, gehört genauso dazu wie der kreative Umgang mit Körper und Material. Anika Braunger schnappt sich beim „Best Trick“ einfach eine Kiste aus dem Publikum, platziert sie auf der einen Seite der Ramp, nimmt Anlauf und benutzt sie beim zweiten Versuch für einen „Tailestall“, sprich verweilt dort kurz im Stand mit dem Board. „Peter“ setzt eine weitere Kiste darüber, von der aus er zu seinem „Best Kick“ anläuft. Die Ausstiegsquote nimmt zu und immer wieder werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Publikum, Jury sowie Mitwettbewerberinnen und -bewerbern angefeuert, es nochmals zu versuchen. Nicht ganz ohne Grund gibt es die Publikumswertungskategorie „Bester Sturz“, komplettiert wird diese Wertung durch „Sieger/in der Herzen“ und „Best drop in“ (bester Einstieg).

Apropos Abgang: Für Bernhard Stefan alias „Börnyie“ ist dieses Dranbleiben das Entscheidende – aber ohne etwas erzwingen zu wollen. „Manches sieht komplizierter aus, als es ist, und irgendwann bildet man ein Muskelgedächtnis aus“, sprich der Körper übernimmt und weiß, was zu tun ist, ohne dass die Skaterin oder der Skater zu viel nachdenken muss. Als der 34-Jährige aus Großaspach in Lockdownzeiten den Sport für sich wiederentdeckt, legt er sich ein Board zu und will es seitdem als Ausgleich zur Arbeit nicht mehr missen.

Für Kim Dieterich aus Althütte, ebenfalls im SK8 Backnang engagiert, ist Skateboardfahren auch Ausdruck eines Lebensgefühls, bei dem Freiheit eine zentrale Rolle einnimmt. Eingestiegen mit 14 Jahren bedeutete der Sport schon als Jugendlicher für ihn eine wichtige Unterstützung. „Wenn ich mit schwierigen Situationen zurechtkommen musste, hab ich mir mein Board geschnappt und bin rausgegangen“, erzählt er. Das Skaten half beim Abstand-Bekommen genauso wie beim kreativen Beschäftigen mit Problemen beispielsweise über das Bemalen von Boards, bei dem er später auch andere anleitete. „Vor allem aber kann man sich frei fühlen“, sagt der 27-Jährige und dass es für ihn dabei eben nicht um Leistungssport geht, sondern darum, wie im Leben auch, nach dem Hinfallen wieder aufzustehen.

Die ersten Plätze beim Wettbewerb

Platzierungen Beim Miniramp-Contest des SK8 Backnang hat in der Kategorie „Best Line“ für die Anfängerinnen und Anfänger „Justus“ den ersten Platz gemacht, bei den Fortgeschrittenen „Umay“. In der Kategorie „Best Trick“ hatten „Börnyie“ (Anfänger) und „Peter“ (Fortgeschrittene) die Nase vorn. Das Publikum hat „Marek“ nicht nur zum „Sieger der Herzen“ gemacht, sondern sah ihn auch in der Kategorie „Bester Sturz“ ganz vorn. Die dritte Wertung „Best drop in“ (bester Einstieg), Platz eins, ging an „Jamiro“. Die mit dem Wettbewerb verbundenen Preise haben Spenden von lokalen und überregionalen Skateshops ermöglicht.

Medien Kim Dieterich vom SK8 Backnang hat unter seinem Label „Freeling Skateboards“ ein Buch zum Thema herausgebracht mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen: Skateboard-Bibel, die unter der ISBN 978-3-7108-6028-7 im Buchhandel erhältlich ist. Das Team hat einen Film vom Contest im Juze gemacht. Er ist bei Youtube zu sehen, Stichwort: SK8 Backnang Contest VLOG.

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Erstellt:
8. April 2024, 06:00 Uhr

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