Neue Erkenntnisse zum Ringheiligtum Pömmelte
So lebten die Menschen vor 4400 Jahren im heutigen Deutschland
Wie haben die Menschen im heutigen Deutschland im dritten Jahrtausend vor Christus gelebt? Wie wohnten sie, was aßen sie? Archäologen haben neue Antworten am Ringheiligtum Pömmelte bei Magdeburg gefunden.
Von Markus Brauer/dpa
Archäologen haben bei Grabungen am Ringheiligtum in Pömmelte in Zackmünde, einem Ortsteil der Stadt Barby im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt, weitere Details zum Leben der Menschen vor rund 4400 Jahren aufgedeckt. „Insgesamt zwölf Gebäude verteilten sich auf rund 39 000 Quadratmetern in unmittelbarer Nähe des Heiligtums“, sagte Landesarchäologe Harald Meller am Mittwoch (19. Juni).
20 Meter lange, zigarrenförmige Langhäuser
„Die Menschen der Glockenbecher Kultur haben vor rund 4400 Jahren in diesen Häusern gelebt. Die Häuser sind 20 Meter lang und sehen etwas zigarrenförmig aus. Ihre maximale Breite beträgt knapp über sieben Meter“, erklärte Meller. Bislang sind aus Mitteldeutschland nur von sechs weiteren Fundorten vergleichbare Gebäude bekannt.
Pömmelte und Aunjetitzer Kultur
Dieser erst vor wenigen Jahren identifizierte Gebäudetyp gilt als Vorläufer der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Langhäuser. Am Ringheiligtum Pömmelte erstreckte sich auch die größte Aunjetitzer Siedlung in Mitteleuropa.
Getreidesilos für 780 Menschen
Zudem entdeckten die Archäologen in diesem Jahr Wirtschaftsbereiche der Schnurkeramikkultur mit 78 Getreidesilos. „Eine etwa einen Meter tief erhaltene Grube besitzt ein Fassungsvermögen von etwa einer Tonne Getreide“, erläuterte Projektleiterin und Archäologin Franziska Knoll vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Halle.
„Der Inhalt dieser Grubenbatterie konnte mühelos 780 Erwachsene ein Jahr lang ernähren.“ Die Analyse der Getreidekörner ergab, dass in den Silos vorwiegend Weizen, aber auch Gerste und Dinkel gelagert wurden. Das Tierknochenspektrum aus den Befunden am Ringheiligtum zeigt, das größtenteils Rinder gehalten und verzehrt wurden.
Fleischesser und Vegetarier in Pömmelte
„Die Analyse von Fettrückständen an Trinkgefäßen aus den über 4200 Jahre alten Glockenbecher-Gräbern in Pömmelte ergab ausschließlich Milchprodukte. Wir hätten nicht erwartet, dass Milch in der Ernährung oder im Bestattungsritus der Glockenbecher-Menschen eine derart zentrale Rolle spielt“, sagte Knoll. „Für die vor 4200 einsetzende Aunjetitzer Kultur sind die Fettrückstände variabler“.
Die aufgefundenen Tassen seien für verschiedenste Getränke und Speisen verwendet worden. Insbesondere tierische Fette seien identifiziert worden. „Interessant ist, dass bei den Aunjetitzer Bestattungen in Pömmelte auch drei Individuen fleischlose oder fleischarme Kost bevorzugt haben, wie erste Isotopenanalysen an den Knochen verraten.“
„Die Aufgabe der Archäologie ist es zu zeigen, wie die Menschen damals gelebt haben“, unterstrich Landesarchäologe Meller. „Dafür müssen alle Register der naturwissenschaftlichen Analytik gezogen werden. In Pömmelte gelingt es uns in Zusammenarbeit mit Kollegen zahlreicher Disziplinen, ein vollständiges Lebensbild der Menschen im 3. Jahrtausend vor Christus zu zeichnen.“
Von der Baalberger zur Aunjetitzer Kultur
Die intensive Nutzung des Platzes am Ringheiligtum begann mit der Baalberger Kultur vor gut 5700 Jahren und endete vor 3900 Jahren mit der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur, deren bedeutendster Fund die Himmelsscheibe von Nebra ist.
In Pömmelte wird noch bis Mitte Juli 2024 gegraben, was auch der Ausbildung von Grabungstechnikern dient. Die Ergebnisse werden ab Sommer 2025 in der Dauerausstellung des Landesmuseums für Vorgeschichte gezeigt.
Info: Steinzeit, Kupferzeit, Bronzezeit
Steinzeit Die früheste Epoche der Menschheitsgeschichte ist durch den Gebrauch von Steinwerkzeugen gekennzeichnet, die bereits von frühen Vertretern der Gattung „Homo“, dem „Homo habilis“ und „Homo erectus“ hergestellt wurden. Die Steinzeit begann vor 2,6 Millionen Jahren in Afrika und in Europa vor 1,1 Millionen Jahren und endete vor 2200 v. Chr.. Die Steinzeit wird in drei große Perioden unterteilt:
Altsteinzeit Die Altsteinzeit (Paläolithikum) beginnt mit dem Altpaläolithikum (vor 2,6 Millionen bis 300 000 Jahren), gefolgt vom Mittelpaläolithikum (vor 300 000 bis 40 000 Jahren) und endet mit dem Jungpaläolithikum (vor 40 000 bis 10 000 Jahren). Die Menschen waren Jäger und Sammler, zusammengesetzte Jagdwaffen aus Holz und Stein und das Feuer waren ihnen bekannt.
Mittel- und Jungsteinzeit Mit dem Ende der Eiszeit beginnt in Europa die Mittelsteinzeit (Mesolithikum, 9600-4500 v. Chr.). Der Übergang von der Jäger- und Sammlerkultur zu Ackerbau und Viehzucht markiert den Beginn der Jungsteinzeit (Neolithikum, deshalb auch Neolithische Revolution genannt). In Mitteleuropa beginnt sie um 5600 bis 4900 v. Chr. und endet um rund 2150 v. Chr..
Kupfer- und Bronzezeit Das Ende der Steinzeit wird eingeläutet durch den in Ägypten, Südosteuropa und Vorderasien aufkommenden Kupferbergbau und die ersten Techniken der Metallurgie (sogenannte Kupferzeit). Der bekannteste Mensch der Kupferzeit ist der als Kältemumie erhaltene Ötzi (um 3300 v. Chr.). Mit der Bronzezeit, in der Metallgegenstände vornehmlich aus Bronze (einer Legierung von Kupfer und Zinn) hergestellt werden, endet endgültig die Steinzeit.