Konzert in Hamburg
„Hab Sex mit mir!“ So war’s beim Tourauftakt von Zaho de Sagazan
Zaho de Sagazan, Frankreichs Popstar der Stunde, reist mit ihren sensationellen Elektro-Chansons durch Deutschland: Kritik und Setlist vom ausverkauften Tourauftakt in Hamburg.

© IMAGO/Votos-Roland Owsnitzki/IMAGO/Votos - Roland Owsnitzki
Zaho de Sagazan (hier bei einem Auftritt im Jahr 2024) hat in Hamburg ihre Deutschlandtour gestartet.
Von Gunther Reinhardt
So schön, so intensiv, so verstörend-betörend wie Zaho de Sagazan singt derzeit kaum jemand von der Liebe und den Abgründen, die sich für all jene auftun, die bereit sind ihre Herzen für einen anderen Menschen zu öffnen. Bevor die Französin aber am Montag beim Auftakt ihrer Deutschlandtournee „Mon inconnu“ spielt, eines dieser elektronisch aufgeladenen Chansons, in dem sich das Verzehren so echt anfühlt, dass es wehtut, verrät sie dem Publikum in der ausverkauften Georg-Elser-Halle in Hamburg ein Geheimnis: „All das, wovon ich in meinen Liebesliedern erzähle, ist nie passiert.“ Sie führe eigentlich ein ziemlich langweiliges Leben, behauptet sie in einem wunderbar gebrochenen Englisch. All die Liebesdramen, mit denen sie ihr Album „La symphonie des éclairs“ gefüllt hat, seien jedenfalls erfunden - oder beruhten zumindest auf Übertreibung.
Große Elektro-Chanson-Kunst
Aber genau das macht ja große Kunst aus. Und der atemberaubende Auftritt auf St. Pauli beweist, dass der Hype um Zaho de Sagazan, der gerade von Frankreich aus endlich auch nach Deutschland herüberschwappt, unbedingt berechtigt ist.
Die 25-Jährige hat das Chanson davor gerettet, nur noch als Relikt für nostalgische Babyboomer zu taugen, indem sie ihm elektronischen Beats beigebracht und es clubtauglich gemacht hat. Bei ihrem Konzert begleitet sie sich selbst zwar auch manchmal am Piano. Doch der Sound des knapp zweistündigen Auftritts ist geprägt von quäkenden Sequenzern, von zappeligen Synthies, von nervösen Grooves, die teils eine Drum Machine, teils ein echtes Schlagzeug beisteuern. Drei Männer stehen hinter Zaho de Sagazan auf der Bühne und erzeugen live den grandiosen Soundtrack, zu dem sie ihre Lieder über letzte Zigaretten, verpasste Chancen, schlimmschöne Träume und unrettbare Traurigkeit singt. „Tristesse! Tristesse! Tristesse!“, skandiert sie in einem ihrer Lieder.
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Als Zugabe „99 Luftballons“
Immer wieder verwandeln sich Songs, die man für klassische Chansons halten könnte, ganz selbstverständlich in Clubtracks. Selten nur nimmt sich die musikalische Inszenierung so sehr zurück wie in ihrem Hit „La symphonie des éclairs“, der eine Hymne auf die Überempfindlichkeit ist. Im Finale verwandelt sich die Show dann endgültig in eine wilde Elektro-Dance-Party. In den letzten beiden Stücken vor den Zugaben besteht der Text im Wesentlich nur noch aus den Aufforderungen „Dansez!“ und „Hab Sex mit mir!“, während de Sagazan wild über die Bühne tanzt und den Kontakt zum Publikum sucht.
Und dass diese vier deutschen Worte nicht das einzige ist, was von neun Jahren Deutschunterricht übrig geblieben ist, beweist sie in den Zugaben. Neben einem überdrehten Cover von David Bowies „Modern Love“, gibt es da nämlich auch eine ziemlich ulkige Version von Nenas „99 Luftballons“ zu hören. Und so rettet Zaho de Sagazan an diesem Abend nicht nur das Chanson sondern nebenbei auch noch die Neue Deutsche Welle davor, zum Staubfänger der Popkultur zu werden.
Zaho de Sagazan: Setlist vom Konzert in Hamburg
- La fontaine de sang
- Aspiration
- Le dernier des voyages
- Mon inconnu
- Les dormantes
- Dis‐moi que tu m’aimes
- Je rêve
- Tristesse
- Ô travers
- La symphonie des éclairs
- Old Friend
- Ne te regarde pas
- Hab Sex
- Dansez
- Zugaben
- 99 Luftballons
- Modern Love
Zaho de Sagazan: Termine und Tickets
Zaho de Sagazan gibt im Rahmen ihrer Europatournee noch am 6. März in Leipzig, am 11. März in München und am 19. März in Köln Konzerte. Restkarten gibt es nur noch für Köln. Außerdem tritt sie am 30. Mai im Rahmen des Maifeld Derbys in Mannheim auf. Tickets gibt es hier.