Überlebenswichtig für Obdachlose
Sozialverbände und Bundesbank wollen Bargeld erhalten
Bargeld verliert auch in Deutschland an Bedeutung – hat aber weiter viele Anhänger. Gegen einen Verzicht auf Bargeld-Zahlungen sprechen sich Sozialverbände und die Bundesbank aus.
Von red/KNA
Bargeld soll als Zahlungsmittel erhalten bleiben. Das fordern Sozialverbände und die Deutsche Bundesbank in einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Papier.
Bargeld erfülle in der Gesellschaft wichtige Funktionen, heißt es darin: „Es ist inklusiv und ermöglicht Menschen, die aufgrund ihrer finanziellen Situation nur eingeschränkten oder gar keinen Zugang zu unbaren Zahlungsmitteln haben, die Teilhabe am Zahlungsverkehr und Wirtschaftsleben.“ Außerdem eröffne es individuelle Freiheitspotenziale und unterstütze in vielen Fällen zwischenmenschliche Beziehungen. „Bargeld ist ein verlässliches Mittel zur Ausgabenkontrolle und hilft so dabei, Überschuldung zu vermeiden. Zudem dient es auch dazu, Kindern und Heranwachsenden den Umgang mit Geld beizubringen.“
Bargeld bleibt wichtig bei Flohmärkten und im Sozialkaufhaus
Nach Einschätzung der Vorstandsvorsitzenden des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, ist Bargeld für den sozialen Zusammenhalt wichtig: „Bei nicht-kommerziellen Angebote wie Flohmärkten, Sozialkaufhäusern oder Kuchenverkäufen bleibt Bargeld das bevorzugte Zahlungsmittel, da es unkompliziert und kostenfrei eingesetzt werden kann. Außerdem sind Bargeldspenden für obdachlose Menschen überlebensnotwendig.“
Auch Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch betonte, Bargeld habe nach wie vor eine wichtige Rolle für die soziale Teilhabe und das gesellschaftliche Zusammenleben. „Ob es darum geht, kurz vor Toresschluss auf dem Wochenmarkt noch günstig Obst und Gemüse zu ergattern, im Sozialkaufhaus eine passende Winterjacke zu finden oder mit einem Kuchenbasar in der Schule gemeinsam einen Beitrag zur Klassenfahrt aufzubringen - ohne Bargeld läuft oft nichts.“
Gleichzeitig müsse bei der weiteren Verbreitung bargeldloser Zahlungsmittel darauf geachtet werden, dass alle Menschen, die dies wünschen, auch Zugang erhalten, so Schuch. „Während es bei Banken ein Recht auf ein Konto gibt, gewähren viele der zahlreichen neuen E-Zahlungsdienstleister armutsbetroffenen Menschen keineswegs automatisch einen Zugang.“ Hier sei auch der Gesetzgeber gefragt. „Denn wenn man nach Amerika schaut, wo diese Entwicklung schon weiter fortgeschritten ist, sieht man, dass arme Menschen oft keinen Zugang haben oder mit überteuerten Konditionen und den höchsten Zinsen zusätzlich belastet werden“, so der Diakonie-Chef.
Hälfte aller Transaktionen mit Bargeld
Nach Informationen der Deutschen Bundesbank wurden im vergangenen Jahr gut die Hälfte aller Transaktionen in Deutschland mit Banknoten und Münzen gezahlt. Gleichzeitig stieg die Verbreitung von bargeldlosen Bezahlverfahren weiter. Gegenüber der letzten Erhebung aus 2021 sank der Anteil der Barzahlungen von 58 Prozent auf 51 Prozent, so die Deutsche Bundesbank.
Im europäischen Ausland ist die bargeldlose Zahlung fast überall verbreiteter als in Deutschland: Nach einer Studie der Boston Consulting Group liegt Deutschland bei elektronischen Zahlungen im hinteren Mittelfeld. Die Bundesbürger bezahlten 2022 im Schnitt 284 Mal digital, im Spitzenreiter-Land Norwegen waren es hingegen 708 digitale Transaktionen pro Jahr.