„Sparen ist weiterhin angesagt“

Interview Ralph Walter ist der neue Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Waiblingen, voraussichtlich allerdings nur für ein Jahr. Im Interview spricht er über seinen unerwarteten Aufstieg, über Bankgeschäfte in der Pandemie und über Geldanlage in Null-Zins-Zeiten.

„Das Teuerste, was man tun kann, ist nichts tun.“ KSK-Chef Ralph Walter warnt vor dem Wertverlust der Ersparnisse auf Giro- und Festgeldkonten. Foto: Kreissparkasse Waiblingen

© © C) Gottfried Stoppel

„Das Teuerste, was man tun kann, ist nichts tun.“ KSK-Chef Ralph Walter warnt vor dem Wertverlust der Ersparnisse auf Giro- und Festgeldkonten. Foto: Kreissparkasse Waiblingen

Herr Walter, ein Jahr vor der Rente sind Sie zum Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Waiblingen aufgestiegen. Mit diesem späten Karrieresprung hatten Sie vermutlich selbst nicht mehr gerechnet, oder?

Nein, das war überhaupt nicht meine Lebensplanung. Nun hat es sich aber so ergeben, weil meine beiden Vorstandskollegen zeitgleich gegangen sind. Ich freue mich jetzt auf meine neue Aufgabe und die Zusammenarbeit mit Herrn Giuliano und Herrn Burkert.

Mit Uwe Burkert, der bis Mitte letzten Jahres Chefvolkswirt bei der LBBW war, steht Ihr designierter Nachfolger bereits fest. Wie soll die Stabübergabe ablaufen?

Herr Burkert ist momentan noch Generalbevollmächtigter. Sobald die Bafin grünes Licht gibt, wird er Mitglied des Vorstands der Kreissparkasse Waiblingen. Wir gehen davon aus, dass er die Zulassung noch in diesem Jahr erhält und dann 2023 die Leitung übernimmt. Bis dahin wird dann auch noch für meinen Fachbereich eine Nachfolge gesucht.

Das heißt, Ende des Jahres ist für Sie definitiv Schluss?

Das ist das Ziel. Nach über 46 Jahren habe ich mich entschieden aufzuhören.

Sie übernehmen die Führung mitten in der Pandemie. Wie stark beeinträchtigt Corona die Kreissparkasse?

Die persönlichen Kundenkontakte haben vor allem im Service abgenommen. Das Routinegeschäft hat sich in extrem dynamischer Weise auf online und Videochat umgestellt, da hat Corona als Beschleuniger gewirkt. Intern haben wir unsere Mitarbeiter für mobiles Arbeiten ausgestattet. Von 1200 Köpfen in unserem Unternehmen sind knapp 800 mit entsprechenden Gerätschaften ausgestattet. Die Hälfte davon ist in einem rollierenden System permanent im Homeoffice. Da hat sich das Arbeiten auch bei uns intern deutlich gewandelt.

Sie sagen, die persönlichen Kundenkontakte gehen zurück. Aber die Nähe zum Kunden mit einem großen Filialnetz ist doch das traditionelle Geschäftsmodell der Sparkasse. Ist das dann überhaupt noch zukunftsfähig?

Es ist auf alle Fälle ein zukunftsfähiges Konzept, vielleicht nicht für reine Servicetätigkeiten, da wird die Automatisierung weiter zunehmen. Im Beratungsgeschäft glaube ich aber, dass der Bedarf sogar noch zunimmt. Viele Kunden informieren sich heute natürlich online, aber zur Entscheidungsfindung und für das individuelle Angebot suchen sie dann doch den persönlichen Kontakt. Es gehört zur DNA einer Sparkasse, in der Fläche vertreten zu sein.

Die Kreissparkasse Waiblingen hat in den vergangenen Jahren aber auch schon einige kleinere Filialen geschlossen. Wird sich dieser Trend fortsetzen?

Natürlich muss sich das Ganze auch betriebswirtschaftlich irgendwie darstellen lassen. Wir können keine Filiale offen halten, in die keiner mehr kommt. Unser Filialnetz kommt deshalb jedes Jahr auf den Prüfstand. Das ist ein laufender Prozess, aber es sind aktuell keine wesentlichen Veränderungen geplant. Würden wir uns wie eine Direktbank verhalten, machten wir uns ja selber überflüssig. Die Sparkasse wird auch weiterhin für alle Bürgerinnen und Bürger im Rems-Murr-Kreis da sein, nicht nur für die Online-Affinen.

Für viele Selbstständige hatte Corona auch finanzielle Folgen. Wie konnten Sie als regionale Hausbank die Betriebe in dieser Zeit unterstützen?

Viele Firmen haben sehr entschlossen reagiert und auf ihre Wirtschaftlichkeit geschaut. Auch die staatlichen Zuschüsse haben viel geholfen. Und natürlich haben wir aus dem kompletten Sortiment der öffentlichen Kredit- und Förderprogramme unsere Kunden unterstützt, zum Teil auch nur vorsorglich. Bis heute stellen wir dadurch bei unseren gewerblichen Kunden und Selbstständigen keine erhöhte Risikolage fest.

Überrascht Sie das?

Jetzt nicht mehr. Zu Beginn der Pandemie hatten wir großes Unheil erwartet und deutlich höhere Budgets für Forderungsausfälle zur Seite gelegt. Die haben wir aber nicht gebraucht. Mit dem Geschäftsverlauf im Jahr 2021 sind wir insgesamt sehr zufrieden.

Die Kreissparkasse hat im vergangenen Jahr ein sogenanntes Verwahrentgelt eingeführt, man könnte auch Negativzinsen dazu sagen. Wie hoch ist diese Gebühr und wer muss sie bezahlen?

Die Höhe des Verwahrentgelts beträgt derzeit, im Einklang mit dem EZB-Einlagenzins, 0,5 Prozent. Wir haben zunächst im Firmenkundengeschäft begonnen: Dort betrifft es alle Kunden, die mehr als 250000 Euro auf ihren Konten haben. Im Privatkundengeschäft haben wir die Regelung, dass pro Person 100000 Euro auf Giro- und Festgeldkonten und 100000 Euro auf dem Sparkonto frei sind. Auf Sparkonten gilt sogar Bestandsschutz für Beträge, die darüberliegen. Mit diesen Freibeträgen sind wir relativ großzügig unterwegs, auch im Vergleich zu den Wettbewerbern.

Die Kreissparkasse trägt das Sparen sogar im Namen, inzwischen hat man aber fast den Eindruck, es wäre Ihnen lieber, wenn die Leute Ihre Ersparnisse woanders hinbringen.

Nein, überhaupt nicht. Es ist nur die Frage, auf welches Konto das Geld fließt. Sparen ist weiterhin angesagt, ich glaube sogar mehr denn je. Es ist aber vielleicht nicht mehr das klassische Sparen auf dem Festgeldkonto angesagt, sondern eher das strukturierte Sparen, zum Beispiel mit Wertpapieren und Altersvorsorgeprodukten. Und dafür braucht es die Beratung von der Sparkasse, um für jeden Kunden den richtigen Mix zusammenzustellen.

Bei einem Zins von null und einer Inflation von fünf Prozent, wie wir sie zurzeit haben, hat sich der Wert meiner Ersparnisse nach 15 Jahren halbiert. Welchen Ausweg gibt es?

Da gibt es keine pauschale Lösung für alle. Jemand, der sehr vermögend ist, kann natürlich eher auch mal auf lange Laufzeiten und höheres Risiko gehen als jemand, der sich das Geld fürs nächste Auto zusammenspart. Deswegen muss man sehr individuell auf die Situation des einzelnen Kunden schauen. Dort, wo es möglich ist, raten wir immer dazu, verschiedene Anlageformen zu mischen. Wir haben nun mal einen negativen Realzins. An Wertpapieren wie Aktien oder Fondsanlagen kommt man da nicht vorbei, wenn man Verluste vermeiden will. Das Teuerste, was man tun kann, ist nichts zu tun.

Die Deutschen sind bei Aktien traditionell zurückhaltend. Wie können Sie als Bank den Leuten diese Angst nehmen?

Es geht nicht darum, die Angst zu nehmen, sondern Risiken bewusst zu machen. Wenn ich weiß, dass Aktien auch mal fallen können, dann bin ich nicht so entsetzt, als wenn ich glaube, dass sie immer nur geradeaus laufen. Und wenn ich das Geld breit streue, kann ich einen Kursrückgang auch mal aussitzen. Wenn jemand allerdings sagt, er kann nachts nicht mehr ruhig schlafen, wenn sich die Kurse auch mal nach unten verändern, dann ist das eben nicht die richtige Anlage für ihn. Er muss sich dann nur bewusst sein, dass er es mit Zinspapieren im Moment nicht schafft, einen realen Verlust zu vermeiden.

Wie legen Sie persönlich Ihr Geld an?

So, wie ich es gerade geschildert habe: ein Drittel in Aktien, ein knappes Drittel in Immobilienfonds und dann habe ich auch noch liquide Mittel wie Unternehmensanleihen, wohl wissend, dass ich damit einen realen Verlust erleide.

Das Gespräch führte Kornelius Fritz.

Ralph Walter

Karriere Ralph Walter hat sein komplettes Berufsleben bei der Kreissparkasse Waiblingen verbracht. 1976 begann er seine Ausbildung zum Bankkaufmann, nach Tätigkeiten in mehreren Abteilungen und Filialen absolvierte er ein Studium zum Sparkassenbetriebswirt. Anschließend war er in verschiedenen Führungspositionen tätig, unter anderem als Filialdirektor in Murrhardt und als Marktbereichsleiter der Direktion Backnang. 2007 wurde Walter zum Vorstandsmitglied gewählt, seit Januar 2022 ist Ralph Walter der Vorsitzende des Vorstands.

Privatleben Der 62-Jährige ist in Welzheim geboren, wo er bis heute lebt. Er ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. In seiner Freizeit ist er oft mit dem Fahrrad im Schwäbischen Wald unterwegs, außerdem reist er gerne, am liebsten nach Italien.

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Erstellt:
7. Februar 2022, 06:00 Uhr

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