Stadt schaltet Sicherheitsdienst ein

Untragbare Zustände auf dem Plattenwald-Spielplatz – Backnang spricht für Teilbereiche Alkohol- und Rauchverbot aus

Die immense Vermüllung und der beispiellose Vandalismus auf dem Backnanger Plattenwaldspielplatz sind für die Verwaltung nicht länger hinnehmbar. Sie reagiert mit einer eigens erstellten Benutzungssatzung für die beliebte Erholungsfläche und spricht für Teilbereiche ein Alkohol- und Rauchverbot aus. Künftig werden die Kontrollen nochmals verstärkt, Anzeigen erstellt, Platzverweise ausgesprochen und vorerst ein Sicherheitsdienst eingeschaltet.

Ein Anblick, der sich den Mitarbeitern des Bauhofs schon öfter geboten hat: Der vermüllte Plattenwaldspielplatz nach einer Partynacht. Foto: privat

© Bauhof Backnang

Ein Anblick, der sich den Mitarbeitern des Bauhofs schon öfter geboten hat: Der vermüllte Plattenwaldspielplatz nach einer Partynacht. Foto: privat

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Der Sicherheitsdienst soll vorerst bis zum Ende der Sommerferien auf dem Spielplatz nach dem Rechten schauen. Und zwar nicht nur zu den üblichen Arbeitszeiten, in denen heute schon der örtliche Ordnungsdienst kontrolliert, sondern auch nachts. Zudem wurde die Polizei sensibilisiert, öfter an dem Vandalismus-Brennpunkt vorbeizuschauen. Oberbürgermeister Frank Nopper an die Adresse der Schmutzfinken: „Mit uns ist immer zu rechnen, zu allen Zeiten.“

Alleine schon der Sicherheitsdienst kostet die Stadt bis Mitte September 8000 Euro. „Gut angelegtes Geld“, so Noppers Einschätzung in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse Technik und Umwelt sowie Verwaltung und Finanzen. Nopper erinnert daran, dass die Stadt im vergangenen Jahr von April bis September für die Reinigung des Platzes, für Abfallentsorgung und Instandhaltung nach Vandalismus fast 33000 Euro ausgegeben hat. Und in jüngster Zeit hätten sich die Zustände sogar noch verschlechtert. Der nächtliche Vandalismus habe ein Ausmaß angenommen, dem es durch verschärfte Regelungen und intensivere Kontrollen zu begegnen gilt. Langfristig hofft das Stadtoberhaupt, Kosten zu sparen. „Wir wollen weniger ausgeben, weil weniger Reinigungskosten anfallen.“

Auch Erster Bürgermeister Siegfried Janocha bezeichnete die Zustände als unerträglich. So würde etwa herumliegender Abfall Ratten anlocken. Und das, obwohl zwei Bauhofmitarbeiter zum Teil mehrmals täglich im Einsatz seien. Bauamtsleiter Hans Bruss ergänzte: „In diesem Jahr wurden die Dixi-Toiletten schon dreimal zerstört. Nun weigert sich der Lieferant, neue aufzustellen.“ Laut Bruss werde jetzt der Bau einer festen Toilette mit Chemiezusatz oder einem Biobehälter geprüft. Nopper dazu: „So weit ist es schon gekommen.“

Gisela Blumer, die Leiterin des Rechts- und Ordnungsamts, verwies auf die große Gefahr durch Scherben auf dem Spielplatz. Auch gelte es, schweren Vergiftungen vorzubeugen. Solche könnten Kinder erleiden, wenn sie mit achtlos weggeworfenen Zigarettenstummeln und Tabakresten spielen würden. Blumer erläuterte die Inhalte der neuen Satzung. Die Benutzung des Grill-, Spiel- und Bolzplatzes sowie der Calisthenics-Station ist demnach täglich ausschließlich von 8 bis 22 Uhr möglich, danach ausdrücklich untersagt. Mit Ausnahme des Grillplatzes sind Alkohol, Zigaretten und Glasflaschen verboten. Angetrunkene und Betrunkene dürfen sich in diesen Bereichen nicht aufhalten. Blumer warb für die Regelungen: „Der Plattenwald-Spielplatz erfreut sich großer Beliebtheit, die wollen wir auch nicht einschränken. Aber die Satzung ist notwendig, um eine Handhabe zu haben gegen all jene, die sich nicht an die normalen Regeln halten und asoziales Verhalten an den Tag legen.“ Selbstverständlich gehe es nicht darum das Bierchen beim Grillen zu verbieten. Weshalb Nopper ergänzte und klarstellte: „Wir wollen gegen Auswüchse und Exzesse vorgehen.“

Ute Ulfert (CDU) bezeichnete es als traurig, wenn es etwa beim Aufstellen einer Bank nicht mehr darum geht, wie man sie schön gestalten könnte, sondern einzig nur darum: „Wie machen wir sie sicher, dass sie nicht zerhackt wird?“ Mehrere Stadträte fragten sich, wie die Kontrolleure den Verursachern begegnen können. Blumer erklärte, der Sicherheitsdienst könne sich auf das Hausrecht beziehen, Platzverweise aussprechen, Verstöße anzeigen und Bußgelder verhängen. Und wenn die Angesprochenen sich nicht ausweisen würden oder die Kooperation verweigern würden, dann muss die Polizei gerufen werden.

Grundsätzlich aber setzt die Verwaltung auf Prävention. Blumer: „Wir wollen auf die Menschen zugehen und um Verständnis werben.“ Die Satzung ist laut Blumer notwendig, weil nur so auch Verbote ausgesprochen werden können. Über die bestehende Polizeiverordnung sei es jedoch nicht möglich, beispielsweise Alkohol und Zigaretten auf dem Spielplatz zu verbieten.

Oberbürgermeister Frank Nopper lehnt die Ausweitung der Verbote auf alle städtischen Spielplätze ab

Für eine Ausweitung der Satzung auf alle städtischen Spielplätze und Naherholungsanlagen warb Karl Scheib. Der BfB-Stadtrat ärgert sich auch über Hundebesitzer, die ihre Tiere trotz Verbots auf den Plätzen laufen lassen, auf denen auch Kleinkinder spielen. Er plädierte ferner dafür, auf den Hinweistafeln gleich zu vermerken, wie teuer ein jeweiliger Verstoß den Verursacher kommen wird. Die Ausweitung auf alle Spielplätze lehnte Nopper ab. „Auf anderen Plätzen haben wir diese Probleme nicht.“

Um die Rabauken überführen zu können, könnte sich Sabine Kutteroff (CDU) auch eine Videoüberwachung des Gebiets vorstellen. Sie gab auch zu bedenken, dass zumindest früher die Nutzer des Grillplatzes sich bei der Stadt anmelden mussten. Beide Überlegungen werden jedoch von der Stadt nicht weiterverfolgt. Blumer erinnerte an die Schwierigkeiten, die mit Videoaufzeichnungen verbunden sind. So sei es etwa bei Ordnungswidrigkeiten nicht erlaubt, mit den Aufnahmen öffentlich zu fahnden. Ohne die Veröffentlichung seien die Aufzeichnungen aber nahezu wertlos. „Da müssten wir die Personen zufällig selbst kennen.“ Auch würde es im Umkehrschluss einen großen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte aller bedeuten. Blumer: „Alle wären auf den Aufnahmen zu sehen. Auch die, die sich ordentlich verhalten, oder etwa alle Kinder.“ Und dass die Nutzer immer erst bei der Verwaltung einen Schlüssel abholen müssen, bevor sie den Grillplatz nutzen dürfen, auch das sei nicht realisierbar. Nopper: „Das gibt es in keiner Stadt unserer Größe.“ Die Ausschussmitglieder segneten die neue Benutzungssatzung einstimmig ab, nur Pia Täpsi-Kleinpeter enthielt sich.

„Satzung ist ein verzweifelter Versuch“ Selbstverständlich Zitate „Mehr Sauberkeit, mehr Sicherheit und langfristig weniger Kosten – das ist Sinn und Zweck der Übung.“ (Frank Nopper, Oberbürgermeister) „Und wir räumen am nächsten Tag treu und brav auf, so darf es nicht weitergehen.“ (Frank Nopper) „Ich finde die Idee gut, auf den Aushängen draufzuschreiben, wie teuer ein Verstoß kommt. Dann weiß der Verursacher gleich, wo der Hammer hängt.“ (Frank Nopper) Das Geld und die Personalressourcen, die wir für die Säuberung des Platzes aufbringen müssen, würden wir gerne in andere Aufgaben investieren.“ (Siegfried Janocha, Erster Bürgermeister) „Mir sind die Kosten in diesem Fall egal. Ich will, dass ein Zeichen gesetzt wird.“ (Gerhard Ketterer, CDU) „Die neue Benutzungssatzung ist ein verzweifelter Versuch. Aber die Botschaft nach außen ist wichtig.“ (Heinz Franke, SPD) „Die Kontrolleure brauchen auch die entsprechenden Befugnisse. Es wäre fatal, wenn wir große Ankündigungen machen, und dann passiert nichts. Dann wären wir als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.“ (Heinz Franke, SPD) „Ich glaube nicht, dass wir damit Kosten sparen. Aus juristischer Sicht ist die Satzung nicht wasserdicht. Ich werde ihr nicht zustimmen.“ (Pia Täpsi-Kleinpeter, SPD) Von Matthias Nothstein Die Verschärfung der Regeln ist auf der ganzen Linie unterstützenswert. Denn für jeden anständigen Zeitgenossen handelt es sich gar nicht um eine Einschränkung seiner Freiheit, sondern es sind vielmehr Verhaltens-Selbstverständlichkeiten. Keine Sitzbank zersägen, kein Dixi-Klo verwüsten, keine Glasflaschen auf dem Spielplatz zerschmettern, nicht sternhagelblau rumgrölen: Hallo? Darüber sollte man doch eigentlich keine Zeile verlieren müssen. Dass die Regelverschärfung trotzdem dringend notwendig ist, ist laut den Schilderungen der Verwaltung eindeutig und gleichzeitig traurig. Das größte Problem wird nun sein, wie die Verbote durchgesetzt werden. Die Vorstellung, dass zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdiensts morgens um 2 Uhr zwei Dutzend Betrunkene überzeugen, die Party zu beenden und gleichzeitig noch schnell klar Schiff zu machen, diese Vorstellung ist verwegen. Und ob eine hinzugerufene Streife letztendlich klären kann, wer für die Scherben im Sandkasten verantwortlich ist, darf auch bezweifelt werden. Aber diese Bedenken sollen kein Grund sein, es nicht zumindest zu probieren. Und die Strafen sollten gesalzen sein. Damit sie abschrecken und vielleicht so Nachahmer verhindern. m.nothstein@bkz.de Kommentar

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Erstellt:
20. Juni 2018, 06:00 Uhr

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