Steinkauz feiert in Aspach erfolgreiches Comeback

Die Nabu-Gruppe Aspach engagiert sich seit zwei Jahrzehnten im Steinkauzprojekt Rems-Murr-Kreis. Im 20. Jahr hoffen die Mitglieder mit etwas Glück auf 20 erfolgreiche Bruten. Die Beringer und ihre Mitstreiter kontrollieren und betreuen ungefähr 90 Niströhren auf der Markung Aspach.

Die drei Beringer der Aspacher Nabu-Gruppe Anja Wiedmann, Daniel Vogel und Uwe Herzig, kümmern sich mit Herzblut um den Steinkauznachwuchs. Der erträgt sein Schicksal geduldig.

© Tobias Sellmaier

Die drei Beringer der Aspacher Nabu-Gruppe Anja Wiedmann, Daniel Vogel und Uwe Herzig, kümmern sich mit Herzblut um den Steinkauznachwuchs. Der erträgt sein Schicksal geduldig.

Von Matthias Nothstein

Aspach. Es regnet Bindfäden an diesem Samstagmorgen. Für die Mitglieder der Nabu-Gruppe Aspach ist das jedoch kein Grund, zu Hause zu bleiben. Sie haben sich vorgenommen, die Niströhren für Steinkäuze zu kontrollieren und die Jungtiere zu beringen. Die Röhren, die an diesem Tag überprüft werden sollen, hängen in einer Streuobstwiese in der Nähe des Kleinaspacher Eselswegs. Anja Wiedmann stellt zusammen mit Uwe Herzig eine Leiter unter der Brutröhre auf, klettert hoch und verschließt als Erstes die eigentliche Öffnung der Bruthilfe. Denn durch diese kann sie mögliche Jungtiere nicht erreichen, da zwei Bretter etwas versetzt voneinander den Zugang erschweren. Das hat einen triftigen Grund, so kann kein Marder das Gelege rauben. Die 28-Jährige öffnet dann die Röhre von der anderen Seite und greift beherzt hinein. Kurz darauf verstaut sie ein Kauzküken behutsam in einem Stoffbeutel. Und dann noch eines. Zum Abschluss kontrolliert sie mit der Taschenlampe, ob noch ein Geschwisterchen vor Ort ist. Aber es bleibt bei zwei Vögelchen. Üblich sind eher drei Küken, es waren auch schon einmal acht kleine Käuze, das war aber auch Rekord. Die Anzahl der Eier hängt immer auch mit dem Nahrungsangebot zusammen.

Daniel Vogel hat inzwischen auf der Wiese einen kleinen Tisch aufgebaut. Zusammen mit Wiedmann und Herzig beringt und wiegt er die Küken und misst die Länge einer speziellen Feder. Die Vogelexperten sind zufrieden. Die Küken sind etwa 15 Tage alt. Das erste Käuzchen bringt 115 Gramm auf die Waage. Ein beachtliches Gewicht, wenn man bedenkt, dass die Tiere ausgewachsen nur etwa 180 bis 200 Gramm schwer werden. Herzig erklärt: „Die Gewichtszunahme in den ersten Tagen ist enorm.“ Obwohl sie erst wenige Tage alt sind, können sie schon ganze Mäuse schlucken. „Wir haben schon Eintagsküken zugefüttert. Die können ihren Schnabel unwahrscheinlich weit aufmachen.“

Für Reinhard Buhl ist das Steinkauzprojekt eine Erfolgsgeschichte. Das Urgestein der Aspacher Nabu-Gruppe erklärt, dass es vor 20 Jahren keinen einzigen Kauz in der Aspacher Markung gab. Dann wurden 2002 die ersten Brutröhren aufgehängt, inzwischen sind es etwa 90 Röhren. Über die Jahre hinweg wurden immer mehr Niströhren von den Tieren angenommen, aktuell sind es laut Vogel etwa 17 bis 19 Röhren. Buhl hat die Hoffnung, dass die Zahl noch leicht steigt. „Ich hoffe, dass wir noch auf 20 kommen, weil das Projekt Steinkauz dieses Jahr seit 20 Jahren besteht.“ Buhl erinnert sich, dass der Nabu-Mitstreiter Herbert Keil im Kreis Ludwigsburg vor 30 Jahren mit den Nisthilfen begonnen hat und es dort über 900 Röhren sowie eine großartige Population gibt, die in die Fläche drängt. Die Aspacher Gruppe startete deshalb ihr Engagement in der Nähe des Frühmeßhofs an der Kreisgrenze zu Ludwigsburg. Und der Erfolg gibt den Akteuren recht. Inzwischen erstreckt sich die Hauptachse vom Großaspacher Gewerbegebiet Forstboden bis zum Größewald bei Strümpfelbach, allein dort brüten dieses Jahr sieben Paare. Es zeigt sich, dass die Streuobstwiesen das favorisierte Areal des Steinkauzes sind. So kommt der Vogel im Bereich der Steinbrüche von Rielingshausen und Zwingelhausen weniger vor. „Dort funkt uns der Uhu rein“, so Buhls Erklärung. „Wo der Uhu vorkommt, haben wir weiße Flecken. Der hat auch Hunger.“

Dafür hat sich der Kauz weiter im Raum Backnang ausgebreitet, dort zählt die örtliche Nabu-Gruppe inzwischen auch zehn oder zwölf Brutpaare. Vor allem aber im südlichen Bereich, weniger im nördlichen, wo der Schwäbische Wald angrenzt. Laut Buhl hängt das mit dem Waldkauz zusammen, den es dort vermehrt gibt. „Und der ist auch wieder der Stärkere.“ Richtung Sulzbach und das ganze Murrtal hinauf gibt es seiner Erkenntnis nach keine Steinkäuze.

Die Aktivitäten der Aspacher Gruppe ist ein Teil des Projekts Steinkauz im Rems-Murr-Kreis, in dem 13 Nabu-Gruppen engagiert sind. In der Projektgruppe gibt es insgesamt sechs Beringer, davon mit Wiedmann, Herzig und Vogel alleine drei aus Aspach, einer aus Backnang und zwei aus Winnenden. Die Beringer sind speziell geschult und müssen unter anderem zwei Jahre lang einen erfahrenen Kollegen begleiten, um zu lernen, auf was sie bei welchen Vogelarten besonders achten müssen. Während Vogel und Wiedmann auf Steinkäuze spezialisiert sind, darf Herzig alle Vogelarten beringen. Der 86-Jährige hat nicht nur zwei jeweils 14-tägige Schulungen bei der Vogelwarte Radolfzell gemacht, sondern zum Beispiel auch am Neusiedler See unzählige Vögel sämtlicher Arten beringt.

Die Arbeit geht der Aspacher Gruppe nicht aus. Die Mitglieder betreuen, reinigen und reparieren nicht nur die 90 Niströhren der Steinkäuze, sie kümmern sich auch ums Wohl von Rauch- und Mehlschwalben, Wasseramseln, Gebirgsstelzen, Fledermäusen und Kröten. Und weil die Obstwiesen ein extrem wichtiges Habitat sind, engagieren sich die Nabu-Akteure auch in der Mistelbekämpfung. Die Kapazitäten sind allerdings begrenzt. Deshalb suchen sie tatkräftige Mitstreiter für die verschiedenen Aktionen. Wer Interesse hat, kann sich unter artenschutz@magenta.de melden.

Anja Wiedmann hat ein Steinkauzküken aus der Nisthöhle auf einem alten Streuobstbaum geholt. Nun wird es vermessen. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Anja Wiedmann hat ein Steinkauzküken aus der Nisthöhle auf einem alten Streuobstbaum geholt. Nun wird es vermessen. Fotos: Tobias Sellmaier

Steinkauz feiert in Aspach erfolgreiches Comeback

© Tobias Sellmaier

Zum Artikel

Erstellt:
7. Juni 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen