Südwest-CDU: Strobl mit Rücktrittsforderung konfrontiert

dpa/lsw Donaueschingen/Lichtenstein. Im Bund dürfte bald die Ampel blinken, die CDU guckt in die Röhre. Dafür wird in Teilen der Partei auch der Landeschef und Bundesvize Strobl verantwortlich gemacht. Seine Wiederwahl steht infrage. Wie stabil ist dann noch die grün-schwarze Koalition im Südwesten?

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) spricht bei einer Landtagssitzung. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) spricht bei einer Landtagssitzung. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Drei Wochen vor dem CDU-Landesparteitag muss der Vorsitzende Thomas Strobl um seine Wiederwahl bangen. Bei zwei Bezirksparteitagen am Wochenende hagelte es angesichts der Abwahl im Bund und der Pleite bei der Landtagswahl heftige Kritik an der Führung der Partei. In Südbaden forderte eine Gruppe von Delegierten per Antrag den Rückzug Strobls, der auch Vize-Chef der Bundes-CDU ist.

Es kam jedoch bei dem Treffen in Donaueschingen nicht zum Showdown, weil der Antrag an den Bezirksvorstand verwiesen wurde. Bei der CDU Württemberg-Hohenzollern in Lichtenstein forderten einzelne Mitglieder den Landeschef auf, seine Verantwortung für den jüngsten Niedergang der Partei zu prüfen.

Nach den historisch schwachen Ergebnissen bei Landtags- und Bundestagswahl gibt es schon länger auch in der Südwest-CDU Rufe nach neuen Gesichtern an der Spitze der Landespartei. Der Bezirkschef der CDU Südbaden, Andreas Schwab, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Natürlich machen sich unsere Mitglieder ihre Gedanken über unser Spitzenpersonal und diese Gedanken haben ihre Berechtigung.“ Es sei aber besser, solche personelle Fragen intern zu diskutieren. Der Antrag kam von Delegierten aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis, dessen Vorsitzender der Unions-Fraktionsvize im Bundestag Thorsten Frei ist, der auch als denkbarer Gegenkandidat von Strobl gehandelt wird.

Zuletzt hatte Strobl Unterstützung aus dem Landeskabinett für eine erneute Bewerbung als Vorsitzender beim Parteitag am 13. November bekommen. Nach Peter Hauk (Agrar) und Nicole Hoffmeister-Kraut (Wirtschaft) warben nun auch Nicole Razavi (Bau) und Marion Gentges (Justiz) für Strobls Wiederwahl. Sie alle argumentierten, es brauche Stabilität in der Landes-CDU, damit die grün-schwarze Landesregierung ihre Arbeit mit Strobl als Innenminister und Vize-Ministerpräsident in Ruhe weiterführen könne.

Beim Bezirksparteitag der CDU Württemberg-Hohenzollern stärkte die frühere Sozial- und spätere Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner Strobls Rücken. Er habe die Partei 2011 in einer sehr schwierigen Zeit übernommen, sagte sie in Lichtenstein. „Ihm ist es dann gelungen, die CDU Baden-Württemberg zusammenzuführen und zusammenzuhalten.“ Es gehe zudem nicht um den Austausch von Personen. „Es geht darum, die ganze Breite der Gesellschaft dazustellen - vom Arbeiter bis zum Wirtschaftsboss, von der Angestellten bis zur Chefin.“ Damit müsse sich die CDU wieder mehr beschäftigen. „Und das kann unsere Südwest-CDU auch mit Thomas Strobl an der Spitze und seinem Einsatz für die Sache schaffen.“

Dahinter steht die Sorge, die Grünen um Ministerpräsident Winfried Kretschmann könnten auf eine Ampel mit SPD und FDP umschwenken, sollte Kretschmanns Vize Strobl in der CDU entmachtet werden. Schließlich regiere künftig im Bund voraussichtlich auch ein Ampel-Bündnis. Noch hat Strobl noch nicht offiziell erklärt, ob er wieder antreten will für den Landesvorsitz und den Vize-Posten im Bund.

Bei den Bezirksparteitagen erklärte der 61-Jährige, er habe schon nach der Landtagswahl die Erneuerung vorangebracht. Der neue CDU-Fraktionschef Manuel Hagel (33) sei der jüngste in Deutschland und mit Isabell Huber (34) sei eine junge Frau Generalsekretärin geworden. Das wird parteiintern als Zeichen gewertet, dass er wieder als Landeschef antreten will.

In Führungskreisen der Landes-CDU hieß es, es gebe große Vorbehalte gegenüber der Führung nach dem Scheitern des von vielen im Südwesten ungeliebten Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Strobl gerate aber erst ernsthaft in Gefahr, wenn sich ein Gegenkandidat aus der Deckung wage. Als denkbare Bewerber werden neben Thorsten Frei immer wieder der Bezirkschef und bisherige Verkehrs-Staatssekretär Steffen Bilger und der Unions-Fraktionsvize im Bundestag Andreas Jung genannt. Für den Posten des CDU-Bundesvize interessiert sich dem Vernehmen nach neben Jung auch der Vorsitzende der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Daniel Caspary aus Karlsruhe.

Beim Bezirksparteitag in Donaueschingen stellte am Samstag eine Gruppe von etwa 25 Delegierten einen Antrag, wonach die Südbaden-CDU Strobl auffordern solle, nicht mehr als Vorsitzender zu kandidieren. Der Antrag wurde an den Bezirksvorstand verwiesen, der nun vor dem Parteitag mit Landesvorstand und Strobl über eine personelle Erneuerung sprechen soll. Unter den Antragstellern seien auch Delegierte aus Tuttlingen gewesen, dort kommt auch der frühere Justizminister Guido Wolf her, der als Gegner von Strobl gilt.

Strobl steht seit zehn Jahren an der Spitze der Südwest-CDU und ist auch Innenminister und Vize-Regierungschef in der grün-schwarzen Koalition. Schwab wurde in Donaueschingen mit 80,5 Prozent der Stimmen wieder zum Bezirkschef in Südbaden gewählt. Thomas Bareiß, bisheriger Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, erhielt bei seiner Wiederwahl zum Chef des Bezirks Württemberg-Hohenzollern 74,4 Prozent der Stimmen.

© dpa-infocom, dpa:211023-99-709967/5

Zum Artikel

Erstellt:
23. Oktober 2021, 19:42 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen