Süwag werkelt an der Energiewende

Das Versorgungsunternehmen will den Anteil der regenerativen Energie steigern, scheut aber Konflikte mit Anwohnern.

Der Windpark im hessischen Mengerskirchen ist 2014 in Betrieb gegangen. Aktuell verfolgt die Süwag keine konkreten Pläne für weitere Windkraftanlagen. Foto: Süwag AG/Martin Leclaire

© Martin Leclaire Bochum

Der Windpark im hessischen Mengerskirchen ist 2014 in Betrieb gegangen. Aktuell verfolgt die Süwag keine konkreten Pläne für weitere Windkraftanlagen. Foto: Süwag AG/Martin Leclaire

Von Kornelius Fritz

FRANKFURT AM MAIN/BACKNANG. Die Coronakrise hat zahlreiche Branchen hart getroffen, die Energieversorger gehörten nicht dazu. „Wir sind bisher sehr gut durch die Pandemie gekommen“, stellte Mike Schuler, einer von zwei Vorstandsmitgliedern der Süwag Energie AG, bei einem Pressegespräch zufrieden fest. Das Unternehmen mit Sitz in Frankfurt beliefert rund 700000 Haushalte mit Strom und 100000 mit Gas, auch im Backnanger Raum hat die Süwag viele Kunden.

Organisatorisch stellte Corona zwar auch den Energieversorger vor Herausforderungen, schließlich lassen sich Kraftwerke und Netze nicht komplett aus dem Homeoffice betreiben, in der Bilanz hat die Pandemie jedoch kaum Spuren hinterlassen. Ihren Gewinn konnte die Süwag im vergangenen Jahr sogar leicht steigern, von 72,6 Millionen Euro im Jahr 2019 auf 74,8 Millionen Euro.

Dabei hat das Unternehmen 2020 deutlich weniger Strom und Gas verkauft als im Jahr zuvor. Der Absatz sank beim Strom um 11,3 Prozent, beim Gas sogar um 27,3 Prozent. Dahinter stecke allerdings eine unternehmerische Entscheidung, erklärte Schulers Vorstandskollege Markus Coenen. Denn die Süwag habe früher auch kleinere Energieversorger, zum Beispiel Stadtwerke, mit Strom und Gas beliefert. Diese Verträge lasse man nun aber auslaufen: „Die Marge ist für uns zu gering“, erklärte Coenen.

Dafür entwickle sich das Geschäft mit den Privatkunden positiv: Deren Zahl ist nach Angaben des Unternehmens um vier Prozent auf insgesamt 810000 Haushalte gestiegen. Mehr als 80 Prozent der Verträge werden laut Coenen mittlerweile online abgeschlossen, trotzdem betreibt die Süwag auch weiterhin zwölf Servicecenter, darunter eines in der Backnanger Marktstraße.

Die Strompreise der Süwag sind für Privatkunden im vergangenen Jahr um durchschnittlich vier Prozent gestiegen, obwohl das Statistische Bundesamt im zweiten Halbjahr 2020 deutschlandweit einen Preisrückgang registriert hat. Die Süwag begründet dies mit „höheren Netznutzungsentgelten und Umlagen“.

Verleih von E-Rollern auchein Thema für Backnang?

Die Energiewende und das angekündigte Aus für Kernenergie und Kohle sind natürlich auch bei der Süwag ein großes Thema. Bereits in den vergangenen Jahren hat das Unternehmen zwei neue Windparks und zwei größere Solarparks in Betrieb genommen. Gerne wolle man in diesem Bereich noch weiter aktiv sein, erklärte Mike Schuler. Neben der Wirtschaftlichkeit sei der Süwag als regionalem Unternehmen dabei aber auch die Akzeptanz in der Bevölkerung sehr wichtig. Gerade gegen Windräder regt sich aber häufig Widerstand, weshalb die Süwag zurzeit keine konkreten Pläne verfolgt. Dafür sei man aktiv auf der Suche nach weiteren Standorten für Fotovoltaikanlagen: „Da besteht noch Potenzial in der Region“, sagte Coenen.

Parallel dazu setzt die Süwag auch Energiekonzepte für einzelne Quartiere um. An 66 Standorten plant oder betreibt das Unternehmen bereits Blockheizkraftwerke. Auch hier spielen regenerative Energiequellen wie Holz, Biogas oder Solarenergie eine wichtige Rolle.

Zum Thema nachhaltige Mobilität hat die Süwag zwei Projekte gestartet. Zum einen bietet sie Kunden, die gerne ein E-Bike fahren, aber nicht selbst eines kaufen wollen, Räder zur Miete an. Das Angebot reicht vom Trekkingrad über Mountainbikes bis hin zu Lastenrädern. Rund 2300 Kunden aus ganz Deutschland nutzen dieses Angebot bereits.

Außerdem hat das Unternehmen in Frankfurt und fünf weiteren Städten ein Sharing-Modell mit Elektrorollern gestartet. Wobei mit Rollern in diesem Fall nicht die kleinen E-Scooter gemeint sind, sondern richtige Motorroller mit Sitzen für zwei Personen. Für Backnang gibt es im Moment zwar noch keine Pläne für ein solches Verleihsystem, die Süwag-Vorstände schließen aber nicht aus, dass das auch hier einmal Thema werden könnte. Schließlich ist Bad Homburg, wo seit November 25 E-Roller stehen, mit 54000 Einwohnern auch nur unwesentlich größer als Backnang.

Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ist die Süwag aktiv: „Wir forcieren dieses Thema und merken, dass die Nachfrage deutlich steigt“, berichtete Mike Schuler. Ein Problem sei allerdings die Beschaffung der Ladesäulen, weil die Hersteller mit der Produktion kaum noch hinterherkämen.

Strom- und Gaslieferant in vier Bundesländern

Die Süwag Energie AG ist im Jahr 2001 durch den Zusammenschluss von fünf regionalen Versorgungsunternehmen entstanden, darunter auch die Kraftwerk Altwürttemberg AG (KAWAG) mit Sitz in Ludwigsburg.

Hauptaktionär der Süwag ist der Energiekonzern Eon. Dieser hat im vergangenen Jahr die Mehrheitsbeteiligung von 77,6 Prozent von RWE übernommen. Außerdem sind mehrere Kommunen und Landkreise an dem Unternehmen beteiligt.

Zur Unternehmensgruppe gehören die Tochterfirmen Syna GmbH, die die Netze betreibt, die Süwag Vertriebs AG&Co KG und die Süwag Grüne Energien und Wasser AG&Co KG. Ende 2020 beschäftigten die Unternehmen der Süwag-Gruppe insgesamt 1780 Mitarbeiter.

Das Versorgungsgebiet der Süwag umfasst rund 5200 Quadratkilometer, die sich auf vier Bundesländer verteilen. Der Schwerpunkt liegt im Rhein-Main-Gebiet, Sitz des Unternehmens ist in Frankfurt am Main.

Die Süwag betreibt 16 Wasserkraftwerke, darunter auch das Neckarkraftwerk in Pleidelsheim. In den hessischen Gemeinden Heidenrod und Mengerskirchen hat das Unternehmen zwei Windparks mit insgesamt 15 Windrädern. Ebenfalls in Hessen wurden zwei größere Solarparks realisiert.

2019 stammten nach Angaben des Unternehmens etwa 65 Prozent des verkauften Stroms aus regenerativen Energiequellen, 25 Prozent aus Kohle, acht Prozent aus Kernenergie und etwa zwei Prozent aus Erdgas und anderen fossilen Energieträgern.

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Erstellt:
2. Juli 2021, 06:00 Uhr

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