Sulzbach macht 125700 Euro Verlust mit dem Wald

Forstbetriebsplan 2020 für Kommunalwald vorgestellt – Waldkalkung und miserabler Holzpreis reißen großes Loch in die Kasse

Sulzbach macht 125700 Euro Verlust mit dem Wald

Von Ute Gruber


SULZBACH AN DER MURR. Gerne hätte Tobias Horwath dem Gemeinderat wie in den vergangenen Jahren eine frohe Botschaft mitgebracht. Aber natürlich blieb auch der Gemeindewald von den Folgen des Dürrejahres 2018 und des Hitzesommers 2019 nicht verschont. So muss der forsttechnische Betriebsleiter den Räten bei seinem Abschiedsbesuch – seit 1. Januar arbeitet er beim Staatsforst – sauren Wein einschenken: Das Defizit des Forstwirtschaftsjahres 2018 von über 17000 Euro wird sich laut Plan im Jahr 2020 noch erhöhen auf dann 125700 Euro Verlust. Grund ist der durch das Überangebot an Schadholz stark gefallene Holzpreis. Während dieser sich in den Vorjahren zwischen 70 und 80 Euro je von der Gemeinde verkauftem Festmeter bewegte, fiel er 2018 auf 68 Euro und liegt für 2019 durchschnittlich bei 48 Euro. Was durch den hohen Anteil an Langholz noch vergleichsweise hoch ist, wie Gemeindeförster Axel Kalmbach zu bedenken gibt, der das meiste Holz selbst vermarktet. Andernorts werde für Industrieholz seit dem Sommer gerade mal 25 Euro bezahlt. Kalmbach: „Das ist weniger als der Holzmacherlohn.“ Für 2020 kalkulieren die beiden Forstleute vorsichtig optimistisch mit durchschnittlich 54 Euro je Festmeter. „Wenn das aber wieder so eine Hitze gibt“, warnt Horwath, „dann haben wir sofort die Katastrophe.“ Die Bäume sind durch die vergangene Hitze schon stark geschädigt und die Schädlingspopulation ist jetzt schon hoch. Selbst wenn die Witterung im kommenden Jahr waldfreundlich werde – was leider bedeutet: nass und kalt –, werde es erfahrungsgemäß zwei bis drei Jahre dauern, bis die angefallenen Holzmassen verarbeitet seien und der Preis sich erholt habe.

Um den Wald widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen, hatte man erst unlängst beschlossen, 2020 die Möglichkeit einer staatlich geförderten Waldkalkung zu nutzen. Diese soll die immer noch spürbaren Folgen des sauren Regens aus den 70er-Jahren ausgleichen und durch die Ausbringung von Dolomit-Kalk Bodenstruktur und Bodenleben verbessern. Die Bäume bilden mehr Wurzeln und sollen dadurch robuster werden. 480 der knapp 700 Hektar Gemeindewald sind laut Bodenuntersuchungen kalkungswürdig, wobei sich bei 120 Hektar zur Verbesserung der Nährstoffversorgung zudem empfehle, zusätzlich Holzasche auszubringen.

Zwar werden von den rund 200000 Euro Kosten der Waldkalkung gut 150000 von EU und Land übernommen. Die verbleibenden knapp 45000 Euro reißen dennoch gerade in diesen mageren Zeiten ein großes Loch in die Forstkasse. Ob die Förderung in den kommenden Jahren allerdings noch gewährt würde, ist laut Revierleiter Axel Kalmbach fraglich, denn „die Mittel sind begrenzt“. Weitere Mehrkosten verursachen die umfangreiche Pflanzung und Jungbestandspflege. „Das tut weh, so ein Betriebsplan“, stellt betroffen Reinhold Haag fest, der selbst Waldbesitzer ist, „wir hatten schon bessere Jahre.“ Und auch Bürgermeister Dieter Zahn konstatiert, dass der Wald in der Vergangenheit neben seinen vielerlei Funktionen doch immer auch einen positiven Beitrag zu den Finanzen geleistet habe. Beide hoffen, dass durch die Bündelung der Verkaufsmengen in der geplanten, kreisübergreifenden Holzverkaufsgenossenschaft aus Privatleuten und Kommunen bald bessere Preise erzielt werden könnten. „200000 Festmeter jährlich statt 100000 wie 2019 im Rems-Murr-Kreis wird hoffentlich von der Sägeindustrie eher wahrgenommen.“

Die Hoffnung ruht auf höheren Preisen bei höheren Verkaufsmengen

Ein weiteres großes Fragezeichen steht über der Wahl der zu pflanzenden Baumarten. Fichte als zwar ertragreiche, aber ursprünglich alpine Baumart sei ja schon immer problematisch gewesen, erklärt Forstspezialist Horwath. „Aber dass unsere heimischen, angepassten Arten von der Dürre so stark betroffen sind, das war für uns alle ein Schock. Unser Hoffnungsträger – die Tanne. Und sogar die Buche.“ Schadensschwerpunkt sei gerade das Obere Murrtal. Nun pflanzt man verstärkt die wärmeliebende Eiche, was – inklusive obligatorischer Schutzhüllen – vom Land bezuschusst wird. 2300 Pflanzen will Kalmbach im kommenden Jahr auf Gemeindeboden setzen. Dazu einige Lärchen, Bergahorn und wenige Fichten. Auch die aus Nordamerika stammende Douglasie wird empfohlen, bedarf aber erfahrungsgemäß intensiver Schutz- und Pflegemaßnahmen. Keinerlei Erfahrung habe man hingegen mit anderen exotischen Arten wie Atlaszeder oder Baumhasel, gibt Horwath zu, welche aktuell als trockentolerant im Gespräch sind.

Ob man denn gar keine Tannen pflanze, will Katja Erkert wissen. Das sei normalerweise nicht nötig, erklärt Tobias Horwath, „da kommt genügend Anflug, der ist auch viel robuster“. Nur die Bejagung müsse stimmen: Die zarten, jungen Tannentriebe sind nämlich die Leibspeise des Rehwilds.

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Erstellt:
8. Januar 2020, 16:00 Uhr

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