Teil eins der Stadtbrücke in Backnang wird eingehoben

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat das erste von drei Elementen der neuen Stadtbrücke den Backnanger Bahnhof erreicht. Das Remsecker Unternehmen Stahlbau Urfer wird das Brückenstück von der Seite Büttenenfeld in der Nacht auf Montag einheben.

Die Tiefbau- und Betonierarbeiten am Auflager wurden in den Vormonaten von einem Subunternehmen erbracht. Das erste von drei Brückenelementen ist in der Nacht auf Freitag angekommen und wartet nun darauf, eingehoben zu werden. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Tiefbau- und Betonierarbeiten am Auflager wurden in den Vormonaten von einem Subunternehmen erbracht. Das erste von drei Brückenelementen ist in der Nacht auf Freitag angekommen und wartet nun darauf, eingehoben zu werden. Fotos: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Backnang. Thomas Urfer hatte am Freitagmorgen alle Hände voll zu tun. Der Inhaber des Stahlbauunternehmens aus Remseck am Neckar stand, den blauen Sicherheitshelm ordnungsgemäß auf dem Kopf, unter dem ersten von drei Teilstücken der neuen Stadtbrücke und unterstützte seine Mitarbeiter bei der Montage des sogenannten Fahrdrahtschutzes. Dieser soll später verhindern, dass Passanten mit den unter der Brücke verlaufenden Oberleitungen in Berührung kommen.

In der Nacht von Sonntag auf Montag zwischen 0 und 5 Uhr wird das Brückenelement, das gerade noch in der Straße Büttenenfeld auf einem Lkw lagert, in seine finale Position eingehoben. Die beiden weiteren Teile folgen dann von der Seite Bahnhofstraße her voraussichtlich in den Nächten 20./21. August und 29./30. August. Die Termine gelten vorbehaltlich unvorhergesehener Umstände, die bei Projekten dieser Größenordnung immer auftreten können, aber für den ersten Schritt zeigt sich Thomas Urfer zuversichtlich: „Wir sind guter Dinge, dass wir die Brücke in der Nacht auf Montag planmäßig einheben können.“

Gelungener Transport des Brückenelements

Der Transport lief jedenfalls schon mal glatt: Am Donnerstagabend gegen 22 Uhr hatte das Brückenelement die Werkhalle in Remseck in Richtung Backnang verlassen. Um Mitternacht erreichte der Schwertransport Mundelsheim, von wo man mit Begleitung der Polizei schließlich gegen 1.30 Uhr am Backnanger Bahnhof angelangte. Für die letzten Meter zum Zielort musste eine kleine Abkürzung über den Parkplatz an der Stadthalle und eine dort angebrachte provisorische Rampe gewählt werden, da die Kurve auf der regulären Straßenführung schlicht zu eng gewesen wäre.

Erst hier konnte dann am Freitag der besagte Berührschutz angebracht werden, andernfalls hätte der Transport die gültigen Ausmaße gesprengt. Dasselbe galt für die Geländer, die zwar vormontiert waren, aber ebenfalls erst vor Ort aufgerichtet wurden. 24 Meter ist das erste Teilstück lang, mit dem Fahrdrahtschutz wiegt es 33 Tonnen – zu viel für den kleinen Kran, der im Zuge der Vorarbeiten eingesetzt wurde, weswegen dieser am Freitagnachmittag durch einen entsprechend größeren Kran zum Einheben des Brückenteils ersetzt wurde.

Ein knappes Zeitfenster

„Brutto haben wir für das Einheben fünfeinhalb Stunden Zeit“, erklärt Thomas Urfer. Hintergrund dafür ist der Umstand, dass die Brücke über die Bahngleise führt, weswegen seitens der Deutschen Bahn der Strom abgeschaltet werden muss. Aus Sicherheitsgründen wird außerdem zusätzlich geerdet, also eine Verbindung zwischen Fahrdraht und Schienen hergestellt. Weil auch diese Vorgänge etwas Zeit in Anspruch nehmen, rechnet Urfer mit einem Fenster von netto viereinhalb Stunden.

„Das ist schon knapp“, räumt er ein. „Wir hätten gerne mehr und würden natürlich auch lieber bei Tag arbeiten. Wir kommen aber damit klar und haben auch genügend Erfahrungswerte. Wenn alles funktioniert, reicht die Zeit locker.“ Für das Unternehmen ist es weder das erste Brückenbauprojekt, das über Schienen führt, noch der erste Beitrag zum Stadtbild Backnangs: Die Brücke zwischen dem Hallenbad und dem Freibad ist ebenso ein Urfer-Projekt wie die neue Aspacher Brücke.

Bei Sturm würde es Schwierigkeiten geben

Trotzdem können jederzeit Widrigkeiten auftreten, weiß Thomas Urfer. „Das macht die Montage ja erst interessant“, sagt er mit Augenzwinkern. Schon das Wetter sei ein Faktor, denn bei Sturm könne das Brückenteil beispielsweise nicht eingehoben werden. Sollte das Vorhaben in der Nacht auf Montag gar abgebrochen werden müssen, ist mit der Deutschen Bahn eine mögliche zweite Abschaltung des Stroms in der Folgenacht vereinbart.

Aber was genau passiert denn nun in der Nacht auf Montag? „Eigentlich nicht viel“, antwortet Urfer schmunzelnd. „Letztlich ist es nur ein Hub und dann noch eine Stütze, die vorab in ein vorbereitetes Gerüst auf dem Bahnsteig eingefädelt werden muss. Das Anheben und Schwenken der Brücke, was für Zuschauer so spektakulär aussieht, ist für uns nur ein Zustand, der vergleichsweise wenig Zeit in Anspruch nimmt“, erklärt der Stahlbauer. Dann gehe die Arbeit für ihn eigentlich erst los.

Thomas Urfer montiert mit seinen Mitarbeitern den sogenannten Fahrdrahtschutz.

© Alexander Becher

Thomas Urfer montiert mit seinen Mitarbeitern den sogenannten Fahrdrahtschutz.

„Diese Brücke mit ihrer Geometrie, mit ihrem schlanken Körper, hat ein sehr eigensinniges statisches Gesamtkonzept, was es aber auch interessant macht“, betont Urfer. Ein Vierteljahr wurde an den drei Brückenteilen und den Treppen gearbeitet. Natürlich wurden sie einmal komplett zusammengebaut, damit auch sicher alles passt. Dieses statische System mit dem Auflager auf dem Fundament und den Stützen auf den Bahnsteigen muss nun vor Ort wieder zusammengefügt werden. All das ist Zentimeter- und Millimeterarbeit, die aber insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn das zweite und das dritte Element montiert und verschweißt werden. Erst wenn die Brücke fertig und für den Fußgängerverkehr freigegeben ist, wird dann auch der alte Steg vollends abgebrochen.

63 Meter soll die fertige Brücke messen, mit Treppenabgängen gar über 70 Meter. Für Thomas Urfer ist es ein weiteres Bauwerk, in das viel Herzblut geflossen ist. Sein Unternehmen baut keine Massenware, das sei Sache der großen Stahlbauer. Bei ihm sei jede Brücke eine individuelle Arbeit, und jedes Projekt halte andere Herausforderungen bereit. „Wenn sie bezahlt sind, gehören sie mir natürlich nicht mehr, aber es ist trotzdem noch mein Brückle“, sagt der 52-Jährige und lacht.

Stahlbau Urfer

Geschichte Thomas Urfer führt das Unternehmen in dritter Generation. Sein Großvater hatte eine Schlosserei in Stuttgart, der Vater gründete das Unternehmen 1971 neu in Remseck am Neckar. Über die Jahre entwickelte sich die Firma schließlich von einer Schlosserei hin zum Ingenieurbau.

Portfolio Das Unternehmen ist heute auf Brücken spezialisiert, baut aber unter anderem auch Schachtgerüste für Aufzüge, Treppen und Treppentürme. Auch Beratung, Fertigung und Montage gehören zu den Leistungen von Stahlbau Urfer.

Frühere Projekte Schönbuchturm Herrenberg; frei tragende Stahltore, Stahlstelen und Stahlnetzkonstruktion am Elefantengehege in der Wilhelma; Geh- und Radwegbrücke über den Neckar bei Marbach; Campusbrücke Heilbronn.

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Erstellt:
5. August 2023, 06:00 Uhr

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