Tesat baut neues Gebäude in der Backnanger Innenstadt
Auf dem Firmengelände in der Backnanger Innenstadt entsteht zurzeit ein 24 Millionen teurer Neubau mit Reinräumen. Ab 2024 sollen dort Laserterminals für die Satellitenkommunikation im Weltall produziert und getestet werden.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Vor mehr als 15 Jahren hat die Backnanger Firma Tesat die ersten Laserterminals für die Kommunikation im Weltall auf den Markt gebracht. Mit dieser Technologie können große Datenmengen über Entfernungen von bis zu 80000 Kilometern in Lichtgeschwindigkeit zwischen verschiedenen Satelliten verschickt und empfangen werden. „Das ist wie ein Glasfasernetz im Weltall“, veranschaulicht es Tesat-Pressesprecherin Viktoria Kirstein.
Wurde die neue Technik von den Kunden in den Anfangsjahren noch recht zögerlich angenommen, ist die Nachfrage nach den Laserterminals inzwischen deutlich gestiegen. „Momentan bauen wir etwa vier Stück pro Woche, künftig rechnen wir mit Stückzahlen zwischen 20 und 40 pro Woche“, verdeutlicht Kirstein die Dimensionen. Das erfordert auch eine Umstellung der Produktionsprozesse: weg von der manuell geprägten Fertigung hin zu einer stark automatisierten Serienproduktion.
Im Testlabor wird der Einsatz im Weltall simuliert
Um diese Transformation zu schaffen, investiert das Unternehmen in Backnang in großem Stil: Für rund 24 Millionen Euro baut Tesat auf seinem Firmengelände an der Gerberstraße gerade ein dreistöckiges Gebäude. Im März wird Richtfest gefeiert, ab Anfang 2024 soll dort produziert werden.
Mit einer gewöhnlichen Gewerbehalle hat dieser Neubau wenig gemein, wie ein Baustellenrundgang mit Ulrich Bauer, dem Leiter der Tesat-Bauabteilung zeigt. Die optischen Komponenten für den Einsatz im All müssen nämlich unter Reinraumbedingungen produziert werden. Schon ein einziges Staubkorn auf der Linse kann die Datenübertragung per Laser beeinträchtigen. Auf drei Stockwerken entstehen deshalb 2000 Quadratmeter zusätzliche Reinraumfläche, davon 800 Quadratmeter nach der besonders strengen ISO-6-Norm. „Dagegen ist ein Operationssaal dreckig“, veranschaulicht es Bauer.
Fünf Meter hohe Decken im Neubau
Um diese Bedingungen zu schaffen – auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit müssen ganzjährig konstant sein –, wird das Gebäude vollgestopft mit Technik. Beim Rundgang durch den Rohbau fallen sofort die fünf Meter hohen Decken auf, die Räume selbst werden später aber nur knapp drei Meter hoch sein. Der Rest wird für die Filter- und Lüftungsanlagen benötigt, die hinter doppelten Böden und Decken versteckt werden. „Die gereinigte Luft wird von oben reingedrückt und unten wieder abgesaugt“, erklärt Architekt Bauer. Bis zu zehnmal pro Stunde werde die Raumluft so komplett erneuert.
Auch die Schächte für die Versorgungsleitungen sind viel größer dimensioniert als in normalen Gebäuden. Denn neben Strom, Wasser und Druckluft gibt es hier noch viele weitere Leitungen, etwa für Stickstoff und Argon. Diese Gase werden für die Tests gebraucht, die jedes einzelne Tesat-Bauteil bestehen muss, bevor es an den Kunden ausgeliefert wird. Um den Einsatz im All zu simulieren, werden die Produkte im Testlabor unter anderem besonders hohen und sehr niedrigen Temperaturen, Erschütterungen und einem Vakuum ausgesetzt. „Wenn unsere Produkte erst mal im Weltall sind, können wir sie ja nicht mehr reparieren“, macht Bauer klar. Deshalb würden sie vorher wochenlang getestet, oft unter Aufsicht des jeweiligen Kunden.
Beschäftigte schätzen denStandort in der Innenstadt
Die Baustelle mitten in der Backnanger Innenstadt stellt die Planer vor besondere Herausforderungen: „Wir haben hier wenig Abladeplatz und Stauraum“, sagt Ulrich Bauer. Deshalb müsse die Baustellenlogistik sehr genau geplant werden. Weil dort, wo jetzt gebaut wird, vorher ein Parkplatz war und die Stellplätze weiterhin gebraucht werden, musste das Gebäude zudem aufgeständert werden, damit unter den Reinräumen künftig wieder geparkt werden kann.
Ein Neubau auf der grünen Wiese, etwa im Industriegebiet Lerchenäcker, wäre da deutlich einfacher und günstiger gewesen. Darüber habe man intern auch diskutiert, verrät Bauer. Allerdings hätte Tesat dann die komplette Fertigung verlagern müssen, da ein Transport der hochsensiblen Teile zwischen zwei Werken zu aufwendig sei.
So entschied sich die Firmenleitung am Ende doch dafür, am alten Standort zu investieren, auch mit Rücksicht auf die Beschäftigten, die diesen, wie Viktoria Kirstein weiß, wegen seiner Nähe zur Innenstadt und zum Bahnhof sehr schätzen. Wie viele von ihnen später einmal in dem neuen Gebäudetrakt arbeiten werden, kann die Pressesprecherin noch nicht sagen. Aufgrund der guten Auftragslage rechnet sie aber mit steigenden Mitarbeiterzahlen. Schon heute ist Tesat mit rund 1100 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in Backnang.