Tödliches Eifersuchtsdrama

Zweiter Verhandlungstag im Prozess gegen 31-Jährigen aus Weinstadt: Zeugen sagen aus – „Sie war sehr verliebt in ihn“

Archivfoto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

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Von Andrea Wüstholz

WEINSTADT. Sie liebte diesen Mann, wollte selbst seinen krudesten Lügen Glauben schenken und eine gemeinsame Zukunft mit ihm erzwingen: Dieses Bild zeichneten mehrere Zeuginnen von der 40-jährigen Slowakin, die im Sommer in Endersbach von ihrem zehn Jahre jüngeren Freund getötet worden ist (wir haben mehrfach berichtet). Der Angeklagte, ein 31-jähriger Vater eines Säuglings aus Weinstadt, hat bereits am ersten Verhandlungstag vor dem Stuttgarter Landgericht im Dezember gestanden, die Frau am frühen Morgen des 4. Juli 2019 gewürgt und ihren leblosen Körper in einem Gebüsch an der Rems bei Endersbach abgelegt zu haben. Dort fand die Polizei die Leiche Tage später.

Am Mittwoch sagten mehrere Kolleginnen, Freundinnen der Frau und Polizeibeamte als Zeugen aus. Demnach wollte die 40-Jährige unter allen Umständen erreichen, dass ihr Freund, der zeitweise auch ihr Chef war, seine Lebensgefährtin verlässt, bei dieser anderen Frau aus- und dann mit ihr zusammenzieht. Von einem gemeinsamen Kind träumte die Frau, berichtete eine Kollegin des Opfers.

Als die Slowakin via Facebook erfuhr, dass die andere Frau von ihrem Geliebten schwanger war, erlitt sie einen Zusammenbruch. Sie wollte nicht glauben, dass ihr Geliebter tatsächlich der Vater sei. Der Angeklagte tischte eine Geschichte auf von einem angeblichen Gentest, mit welchem er noch während der Schwangerschaft beweisen wolle, das Kind sei nicht von ihm. Inzwischen ist das Baby zur Welt gekommen.

„Sie war sehr verliebt in ihn“, sagte eine enge Freundin der 40-Jährigen im Zeugenstand. Ihrer Einschätzung nach handelte es sich keineswegs nur um eine Affäre. Alle Warnungen von Freundinnen und Kolleginnen, der Mann sei ein Lügner, schlug die Frau in den Wind. Sie ersann den Zeugenaussagen zufolge diverse Pläne, um den Mann für sich zu gewinnen. Sie werde ein Ultraschallbild aus dem Internet ziehen, es posten und behaupten, sie selbst sei schwanger von ihm, kündigte sie an. Ein Knutschfleck sollte helfen, die Nebenbuhlerin über ihre Beziehung mit dem damals 30-Jährigen aufzuklären und die andere auf diese Weise auszubooten. Ein Video werde sie aufnehmen beim Sex – vielleicht, um ihn zu erpressen. Mehrere Ultimaten habe sie ihm gesetzt, berichtete eine der Zeuginnen: Wenn du nicht bis zu diesem Termin bei der anderen ausgezogen bist, dann!

Viele Male verstrichen die Fristen. Der Mann blieb bei seiner Lebensgefährtin wohnen. Die Slowakin gab nicht auf, und offenbar wollte der Mann das auch gar nicht. Er erzählte Geschichten von einer Wohnung, die er für sie beide gekauft habe. Nur erinnere er sich grade nicht an die ganz genaue Adresse, und den Schlüssel habe er vergessen. Schließlich erzählte der Angeklagte, seine Mutter habe Selbstmord begangen, was keiner wissen dürfe; es ging um Geld. Er wolle mit ihr, der Slowakin, zur Beerdigung fahren. Man traf sich um kurz nach 4 Uhr früh am 4. Juli auf einem Parkplatz im Kalkofen-Gelände in Endersbach, um dann später zur Beerdigung zu fahren. Doch selbst diese Geschichte vom Tod der Mutter war erfunden. Als die 40-Jährige das bemerkte, wurde sie wütend, und es kam zu einem heftigen Streit.

„Und dann hat er zugedrückt“

Was dann geschah nahe der B-29-Unterführung in einem Maisfeld an der Rems, schilderte der Mann Tage später in seiner Vernehmung bei der Polizei, bei der er sich selbst gestellt hatte. Ein Kripobeamter gab im Zeugenstand am Mittwoch die Inhalte dieser Vernehmung wieder. Demnach hatte die Frau an jenem Julimorgen laut geschrien vor Wut, habe ihren Freund mit einem Stock angegriffen, ihn zu Boden geschubst, ihn gekratzt und geschlagen. Selbst als ihr Auge nach Schlägen von ihm blutete und anschwoll, hörte sie nicht auf, zu schreien – so hatte es der Angeklagte seinerzeit bei der Polizei geschildert – „und dann hat er zugedrückt“.

In diesem Verfahren dürfte die Frage noch eine wesentliche Rolle spielen, wann genau die Frau gestorben ist. Seinerzeit hatte der Mann bei der Polizei ausgesagt, die Frau habe noch gelebt, als er sie an der Rems abgelegt habe und dann weggefahren sei. Seiner Lebensgefährtin zu Hause erzählte er, er habe einen Fahrradunfall gehabt.

In der folgenden Nacht kehrte der Mann seiner damaligen Aussage zufolge zum Ort des Geschehens zurück. Die Frau lag nicht mehr an genau derselben Stelle, wo er sie abgelegt hatte – aber nun war sie tot. Der Mann bedeckte den Leichnam mit Gras, fuhr mit Vollgas zurück zur Nachtschicht und kehrte in den nächsten Tagen noch mehrmals an die Rems zurück, um zu prüfen, ob der Leichnam zu sehen sei.

Verschiedenen Personen im Umfeld der Frau erzählte er, die 40-Jährige liege im Krankenhaus; sie habe bei einem Autounfall Verletzungen erlitten. Als die Frau dann vermisst gemeldet wurde und die Polizei beim Arbeitgeber des Mannes auftauchte, floh er, schlief zwei Nächte irgendwo in den Weinbergen bei Esslingen – und stellte sich schließlich.

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Erstellt:
9. Januar 2020, 06:00 Uhr

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