Trauer um Stararchitekt Helmut Jahn
Der Kirchberger Riva-Senior-Chef Hermann Püttmer würdigt die Verdienste des brillanten Stadtplaners, der am Samstag bei einem Fahrradunfall ums Leben kam: „Der beste Architekt, den es den letzten 100 Jahren gegeben hat.“

© Pressefotografie Alexander Beche
Helmut Jahn (rechts) war ein Mann mit großen Visionen. Von daher passte er perfekt zu seinem gleichaltrigen Freund, Riva-Chef Hermann Püttmer (links), mit dem er einige Projekte verwirklichte. Vor vier Jahren entwarf der Stararchitekt noch einen Masterplan für das Backnanger Kaelble-Areal. Püttmers Sohn Marcus (Mitte) hat inzwischen die Riva-Leitung übernommen.Foto: A. Becher
Von Matthias Nothstein
BACKNANG. Der Unfall-Tod von Helmut Jahn sorgt auch in Backnang und Kirchberg an der Murr, insbesondere bei Hermann Püttmer, für große Trauer. Der Stararchitekt von Bauwerken wie dem Sony-Center in Berlin oder dem Messeturm in Frankfurt starb wie berichtet am Samstag bei einem Fahrradunfall in Campton Hills, einem Vorort unweit seines Wohnorts Chicago.
Mit der Kirchberger Unternehmerfamilie Püttmer verband Jahn ein ganz besonders Band. Nach zahlreichen gemeinsamen Projekten wie dem Sony-Center, für das Jahn die Fassade beim Familienunternehmen beauftragt hatte, ermutigte Jahn seinen Geschäftspartner Hermann Püttmer, sich mit 62 Jahren noch einmal selbstständig zu machen. Daraus entstanden ist die heutige Riva GmbH Engineering. „Helmut Jahns plötzlicher Tod hinterlässt nun eine schmerzhafte Lücke“, schreibt Marcus Püttmer, der Sohn des Firmengründers in einer Pressemitteilung. Die Familie Püttmer verdanke dem Wahl-Amerikaner, der seine fränkische Herkunft nie leugnete, viel. „Der Welt-Architekt wusste, auf wen er zählen konnte: Auf Menschen, die, wie er, im Herzen bodenständig sind.“
Seniorchef Hermann Püttmer, der sein Unternehmer vor einem Jahr auf seinen Sohn Marcus übertragen hat, schwärmte gestern in den höchsten Tönen von Helmut Jahn. Dieser sei seiner Ansicht nach „der beste Architekt gewesen, den es in vergangenen 100 Jahre gegeben hat“. Für Püttmer war Jahn „ein echter Freund, viel mehr als nur ein Geschäftspartner“. So rechnet der 82-Jährige es dem Stararchitekten hoch an, dass er ihm vor über 20 Jahren aus der Patsche geholfen hatte, als es Püttmers Unternehmen nicht gut ging. Mehr noch. Jahn habe sich dafür verkämpft, dass der Zuschlag für den Fassadenbau des Bonner Posttowers trotz schwieriger, finanzieller Begleitumstände an Püttmer ging. Und eben dieses Millionen-Projekt war der Startschuss für die Riva-Erfolgsgeschichte.
Helmut Jahn war laut Püttmer ein mutiger Mann, der immer Wort gehalten hat. Trotz seines Erfolges sei er – im Gegensatz zu vielen anderen – immer umgänglich und bescheiden geblieben. „Er war ein toller Bursche“, urteilt Püttmer, „und er war immer noch körperlich sehr fit und schlank.“
Als das Duo Jahn/Püttmer vor vier Jahren seinen Masterplan für das Backnanger Kaelble-Areal der Presse vorgestellt hat, sorgte dies in der Murr-Metropole und deren Verwaltung für hellen Aufruhr. Die je nach Sichtweise mutige oder übermütige Vision sah im Bereich des Kaelble-Areals ein völlig neues Stadtquartier vor. So sollte unter anderem ein Hochhaus entstehen, das nach Ansicht von Investor und Planer gerne auch 100 Meter hoch in den Himmel hätte ragen dürfen. Aber auch andere zum Teil gewagte Ideen sollten verwirklicht werden, so beispielsweise eine Wedding-Hall oder eine große Moschee. Letztendlich führte das Vorpreschen des Duos und die nicht abgestimmten Planideen beziehungsweise die fehlende Begeisterung der Verwaltung und der Kommunalpolitiker zu einem Zerwürfnis des Senior-Riva-Chefs mit der Stadtverwaltung. Und Jahn verzichtete auf eine Beteiligung an der Ausschreibung für das IBA-Projekt, dessen Schwerpunkt das Kaelble-Areal ist.
Die Liste der Projekte, bei denen Püttmer mit Jahn zusammen gearbeitet hat, ist lang. So schafften die beiden beim Berliner Kranzler-Eck ebenso zusammen wie beim Frankfurter Messeturm oder jüngst beim Grandtower. Jahn arbeitete an zahlreichen, internationalen Großprojekten, in den USA etwa an der Zentrale des FBI. Er wurde berühmt mit kühnen Hochhäusern und Bürotürmen, inspiriert von Bauhaus-Legende Mies van der Rohe.
Jahn wurde am 4. Januar 1940 in Nürnberg geboren. 1966 ging er zum Studieren nach Chicago. Mehr als 100 Hochhäuser, Flughäfen und Firmenzentralen hat der Deutsch-Amerikaner realisiert.