Treffen junger Theater in Tournon

Mimen aus dem Rems-Murr-Kreis bei der 19. Ausgabe des Shakespeare-Festivals in Frankreich – Juliane Putzmann führt Regie

Juliane Putzmann, eine der Leiterinnen des Bandhaus-Theaters Backnang, inszenierte fürs „Festival Shakespeare“ in Tournon-sur-Rhône, das etwas mehr als 30 Kilometer von Backnangs Partnerstadt Annonay entfernt liegt, den „Sommernachtstraum“. Ausgangspunkt war eine Anfrage des Jugendhauses Fellbach, dessen französische Partnergruppe Théâtre du Sycomore das Festival 2018 zum 19. Mal veranstaltete.

Szene aus der deutschen Inszenierung des Shakespeare-Stücks „Ein Sommernachtstraum“ beim Festival in Tournon-sur-Rhône. Foto: privat

Szene aus der deutschen Inszenierung des Shakespeare-Stücks „Ein Sommernachtstraum“ beim Festival in Tournon-sur-Rhône. Foto: privat

Von Ingrid Knack

BACKNANG/FELLBACH/TOURNON. „Ich wurde vom Jugendhaus Fellbach gefragt, ob ich mit einer Gruppe junger Leute ein Shakespeare-Stück erarbeiten könnte, um damit zum ,Festival Shakespeare‘ nach Tournon-sur-Rhône in Frankreich zu fahren“, erzählt Juliane Putzmann. Tournon ist die Partnerstadt von Fellbach. Und das Fellbacher Theater im Polygon, das aus der theaterpädagogischen Arbeit des Jugendhauses Fellbach hervorging, pflegt einen regen Austausch mit dem Théâtre du Sycomore in Tournon-sur-Rhône.

„Witzigerweise habe ich zu diesem Zeitpunkt zufällig mit der Theater-AG des Bildungszentrums Weissacher Tal Shakespeares ,Ein Sommernachtstraum‘ geprobt. Und so war klar, dass wir das Stück auch bei dem Festival zeigen“, sagt Putzmann. Aber nicht nur deshalb passte alles. Die Produktionen des Polygons widmen sich insbesondere jugendrelevanten Themen, die auf Probleme und schwierige Situationen des Erwachsenwerdens eingehen. Es darf aber schon mal ein Klassiker sein, der auf die Bühne gebracht wird. Mit Shakespeares „Sommernachtstraum“ gibt es beides: Themen, die die Menschen schon immer bewegt haben und immer bewegen werden und sich in den unterschiedlichsten Variationen in allen Zeiten wiederholen – und einen echten Theaterklassiker. Da sind der Feenkönig Oberon und seine mit ihm im Zwist stehende Frau, da sind Liebesverwirrungen und -verirrungen und eine bevorstehende Hochzeit. Was um das Thema Liebe und Triebe passiert, ist reichlich schräg. Zauberei tut ihr Übriges, ein Handwerker wird in einen Esel verwandelt. Ein Spiel im Spiel macht die grandiose Komödie perfekt.

Mit einer Gruppe junger Theaterbegeisterter reiste Juliane Putzmann also nach Frankreich. Jeder bezahlte für die komplette Woche 50 Euro. Drei Autos waren am Start. Untergebracht waren die Festival-Teilnehmer aus Deutschland in einer „riesigen Boxhalle“.

„Da nicht alle Darsteller der Bize-AG Zeit hatten, mitzufahren, gab es einige Umbesetzungen und Proben vor Ort. Wir konnten einen Mitspieler der Bürgerbühne und zwei Darsteller der französischen Theatergruppe für unser Stück gewinnen und auch Jugendliche vom Jugendhaus Fellbach begeistern, einige der Rollen zu übernehmen.“ Ein glücklicher Zufall war, dass die Franzosen ebenfalls den „Sommernachtstraum“ einstudiert hatten. Das machte die Zusammenarbeit trotz Sprachbarrieren leichter. Schließlich wurde das Stück im Innenhof einer alten Schule gezeigt.

Besonders an dieser Kooperation zwischen Bandhaus-Theater, Bize und Jugendhaus Fellbach war nach den Worten Putzmanns, dass in ein und derselben Aufführung die deutschen Darsteller Deutsch sprachen, die Franzosen Französisch. „Was erstaunlicherweise wunderbar funktioniert hat und sogar einen ganz eigenen Reiz hatte. Das war eine der schönsten Erfahrungen.“

Eine weitere, fast unglaubliche Begebenheit bezieht sich auf die Kulisse. „Wir brauchten für unser Bühnenbild einen Baum auf der Bühne, und es war nicht klar, wo dieser herkommen sollte. Am zweiten Tag nach unserer Anreise saß ich gerade vor der Essenshalle, als Mitarbeiter der Stadt von einem bestimmt 15 Meter hohen Baum einen riesigen Ast absägten. So hatten wir plötzlich einen drei Meter hohen ,Baum‘ für unser Stück, der gewissermaßen vom Himmel gefallen war.“ Und Putzmann ergänzt lächelnd: „Der war noch schöner als der Baum, den wir in Backnang hatten.“ Dieser hatte freilich nicht bis nach Tournon transportiert werden können. Unwägbarkeiten wie diese oder auch Umbesetzungen bringen Juliane Putzmann nicht aus der Fassung: „Im Theater geht es um das kreative Lösen auftretender Probleme.“

„Wir haben viele moderne Elemente drin gehabt“, beschreibt Putzmann ihr Inszenierungskonzept. „Das Stück muss wie ein Knallbonbon sein. Wir haben die kitschigsten Popsongs ever reingebaut – ich mache es immer gerne, dass ich in meinen Stücken Musik einsetze.“ Auch die Bühne war außergewöhnlich: „Sie war wie ein riesiges Bett.“ Voll mit Kissen und Decken. Und in der Mitte besagter Baum.

Theatergruppen aus Spanien, Italien, Georgien und dem Iran

Im Rahmen des siebentägigen internationalen Festivals, das beispielsweise vom Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg und der „Dr. Karl und Elisabeth Eisele Stiftung“ gesponsert wird, gab es neben den Stücken von Theatergruppen aus Spanien, Italien, Georgien und dem Iran auch Workshops, Nachgespräche und Ausflüge. Von dem Theaterverein in Tournon und der Qualität der Theatergruppen im Ort zeigte sich Putzmann begeistert. Bei so mancher Szene dachte sie, da stünde jemand aus der vierten Schauspielschulklasse vor ihr. Und das will was heißen. Auch die noch sehr jungen Mimen seien überzeugend gewesen. Was daran liege, dass sie schon von klein auf Theater spielen.

Übrigens: Vom 27. November bis 2. Dezember veranstalten das Jugendhaus Fellbach, das Theater im Polygon und das THAG-Theater, unterstützt vom Förderverein Theater im Polygon und der französischen Partnergruppe Le Théâtre du Sycomore, die „Bunte Bühne“, das internationale Theaterfestival in Fellbach. Seit 1988 findet dieses Festival schon im Jugendhaus in Fellbach statt. Im Mittelpunkt steht junges Theater, dargeboten von Amateuren und professionellen Gruppen. „Vielleicht zeigen wir das Stück da auch noch“, überlegt Putzmann.

Besetzung und Auftritte Info Die Besetzung: Theseus, Herzog von Athen – Maximilian Idler. Hippolyta, verlobt mit Theseus – Sarah Thietje. Lysander, wird von Hermia geliebt – Oskar Bentele. Demetrius, liebt Hermia – Florian Heinrich. Hermia, verliebt in Lysander – Melisa Aras. Helena, verliebt in Demetrius – Julia Luchs. Oberon, König der Elfen – Tim Fiechtner. Titania, Königin der Elfen – Alicia Rieker. Elf in Titanias Dienst – Benjamin Adlung. Puck – Lilia Balsacq. Peter Squenz, Zimmermann – Roman Craeyeveld. Niklaus Zettel, ein Weber – Dogan Vernet. Franz Flaut – Jasmin Lehmann. Regie: Juliane Putzmann, die bereits im fünften Jahr die Theater-AG im Bize leitet. Regieassistenz: Alicia Rieker. Technik: David Morcher. Unter den Darstellern waren auch ehemalige Bize-Theater-AG-Mitglieder, die mittlerweile Abitur gemacht haben und zudem schon bei der jungen Bürgerbühne des Bandhaus-Theaters mitgewirkt haben, sowie ein Hauptdarsteller in der Bandhaus-Produktion „Die Dreigroschenoper“ (Benjamin Adlung). Putzmann: „Die Bürgerbühnenproduktionen schweißen zusammen.“ Auch im Bandhaus-Theater war der „Sommernachtstraum“ schon zu sehen: Am 13. und 14. Juli als Abendvorstellungen und am 20. Juli am Nachmittag bei den vierten Backnanger Schultheatertagen.

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Erstellt:
24. August 2018, 06:00 Uhr

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