Verteidigungsausgaben

Trump fordert – und Deutschland rechnet

Der kommende US-Präsident Donald Trump fordert von den Nato-Staaten ihre Verteidigungsausgaben mehr als zu verdoppeln. Damit verschärft er in Deutschland in eine bereits laufende Debatte.

Leopard-2-Panzer der Bundeswehr: 2024 erfüllte Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der Nato.

© Philipp Schulze/dpa/Philipp Schulze

Leopard-2-Panzer der Bundeswehr: 2024 erfüllte Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der Nato.

Von Tobias Heimbach

Schon seit einer ganzen Weile sorgt man sich in Berlin vor dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident. Die Befürchtungen dürften seit seinem Auftritt am Dienstag noch gewachsen sein. Bei einer Pressekonferenz forderte Trump einen Anschluss Kanadas an die Vereinigten Staaten und schloss auch den Einsatz des Militärs nicht aus, um Kontrolle über Grönland und den Panamakanal zu erlangen. Der wohl größte Schocker aus europäischer Perspektive: Trump forderte eine drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben aller Nato-Staaten – von derzeit zwei auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung. „Sie können es sich leisten“, sagte Trump. Damit erhält die Debatte um den deutschen Wehretat im Bundestagswahlkampf eine neue, brisante Wendung.

Zwar wird Trumps Forderung von fünf Prozent von allen Parteien als überhöht zurückgewiesen. Doch längst wird über eine Steigerung der Ausgaben diskutiert. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hatte im Interview mit dem „Spiegel“ bereits eine langfristige Erhöhung auf 3,5 Prozent gefordert. In der deutschen Politik ist das die derzeit höchste Forderung. Durchaus bemerkenswert für eine Partei, die ihre Wurzeln in der westdeutschen Friedensbewegung der hat.

Scholz weist Vorschlag von Habeck zurück

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Forderung seines aktuellen Vizekanzlers als „unausgegoren“ zurückgewiesen. „Den Wehretat von knapp 80 Milliarden Euro auf 140 Milliarden Euro nochmals fast zu verdoppeln, ohne zu sagen, wofür das Geld aufgewendet werden und woher es kommen soll“, sagte Scholz dem „Stern“ und fragte: „Wer zahlt die Zeche? Die Bürgerinnen und Bürger?“

Bei dieser „Zeche“ geht in der Tat um riesige Summen. Im abgelaufenen Jahr hatte Deutschland der Nato Verteidigungsausgaben von 90 Milliarden Euro gemeldet. Das entspricht rund 2,12 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Zahl liegt höher als der tatsächliche Verteidigungsetat und die aktuellen Ausgaben aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr. Denn in die Rechnung fließen etwa auch die Unterstützung für die Ukraine oder Kindergeldzahlungen an Soldaten ein. Der reguläre Verteidigungsetat lag 2024 bei 52 Milliarden Euro.

Unmittelbar an die Frage der Höhe der Verteidigungsausgaben schließt sich die Frage der Finanzierung an. Habeck will dafür etwa Kredite aufnehmen und die Schuldenbremse reformieren.

Würde Deutschland wie von Trump gefordert fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben, wären das mehr als 200 Milliarden Euro. Zum Vergleich: 2024 hatte der gesamte Bundeshaushalt ein Volumen von 476 Milliarden Euro.

Sind solche Zahlen realistisch? Immerhin geben auch die USA „nur“ rund 3,38 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung aus. „Trump hat willkürlich fünf Prozent genannt, um Druck zu machen und die in der NATO kursierenden drei Prozent als neues Ziel zu überbieten“, sagt Nico Lange, Sicherheitsexperte bei der Münchener Sicherheitskonferenz dieser Redaktion. Dennoch habe Trumps Aussage einen wahren Kern, aktuell würden nur etwas mehr als die Hälfte der Nato-Staaten das Ziel von zwei Prozent erreichen. Nicht darunter sind etwa Spanien oder Italien. Mit Blick auf die Europäer sagte Lange: „Wir tun nicht genug für unsere eigene Sicherheit und Trump wird diese offene Flanke nutzen, um uns unter Druck zu setzen. Wir haben uns das selbst eingebrockt.“

Merz für zwei Prozent als Untergrenze bei Verteidigungsausgaben

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) wollte sich am Mittwoch auf keine Prozent-Diskussionen einlassen. „Entscheidend ist, dass wir innerhalb der Nato alle Mitgliedsstaaten so ausstatten, dass sie ihren Verteidigungsnotwendigkeiten entsprechen können“, sagte er. Er betonte jedoch, dass zwei Prozent die Untergrenze seien.

Am Mittwochnachmittag reagierte Scholz auf Trumps Forderungen in einem Statement, auch wenn er den künftigen US-Präsidenten nicht direkt erwähnte. „Wir werden unsere Verteidigungsfähigkeiten stärken. Dafür gibt es in der Nato ein detailliertes Verfahren auf Grundlage einer Bedrohungsanalyse“, sagte Scholz. Wichtig sei es, dass man in dieser Frage geschlossen zusammenstehe.

Trump wird am 20. Januar als sein Amt antreten. Deutschland hat nun eine erste Ahnung davon, worauf es sich einstellen muss.

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Erstellt:
8. Januar 2025, 16:44 Uhr
Aktualisiert:
8. Januar 2025, 16:59 Uhr

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